Der Jahresbericht der Frauenberatungsstelle Euskirchen geht auf die schwierigen Prozesse ein, die Betroffene von häuslicher Gewalt durchlaufen.
JahresberichtFrauenberatungsstelle Euskirchen spricht von hohem Gewaltrisiko bei Trennung

Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, haben oft große Schwierigkeiten, aus der Beziehung auszubrechen.
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Als eine Zeit des Wandels, der Herausforderungen und der bemerkenswerten Erfolge bezeichnen die Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle das Jahr 2024 in ihrem Jahresbericht. Diesen widmet das Team der Frage: „Warum gehen Frauen, die von Gewalt betroffen sind, nicht einfach?“
Gründe hierfür seien oftmals ein stark gemindertes Selbstwertgefühl, soziale Isolation durch die Täter, die meist sehr kontrollierend sind, und finanzielle Abhängigkeit: „Durch die Einschränkung von Kontakten und Abgrenzung von Freunden und Familie wird das soziale Netzwerk der betroffenen Frau systematisch geschwächt“, heißt es im Bericht der Beratungsstelle, deren Träger der Verein Frauen helfen Frauen ist. Hinzu komme die Verantwortungsverschiebung: Täter geben den Frauen oftmals die Schuld an der Gewalt. Sie behaupten, diese hätten durch ihr Verhalten provoziert, die Schuld liege deshalb nicht beim Täter.
Ein komplexes Netz an Barrieren
Das alles könne ein „komplexes Netz an Barrieren“ schaffen, das die Frauen daran hindert, die gewalttätige Beziehung zu verlassen. Dazu kommen noch finanzielle Abhängigkeiten, die Sorge um das Wohlergehen der Kinder, Auswirkungen von Rassismus bei Frauen mit Migrationsgeschichte sowie gesellschaftliche Stigmatisierung und Scham.
„Naturkatastrophen, wie die Flut im Kreis Euskirchen, hatten tiefgreifende Auswirkungen auf soziale Strukturen und Unterstützungsnetzwerke“, heißt es im Jahresbericht, und die seien von großer Bedeutung beim Ausstieg aus Gewaltbeziehungen. „Diese Mechanismen zu verstehen ist maßgeblich, um betroffenen Frauen die notwendige Unterstützung anzubieten, um aus diesen gewaltvollen Beziehungen auszubrechen“, schildert das Team in seinem Jahresbericht.
Die Flut im Kreis Euskirchen hatte tiefgreifende Auswirkungen auf soziale Strukturen und Unterstützungsnetzwerke.
Es gibt darüber hinaus noch einen weiteren Grund: die Furcht vor der Eskalation der Gewalt nach einer Trennung. Dass diese Sorge berechtigt ist, zeigt die aktuelle Statistik: „Fast jeden Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem aktuellen oder früheren Partner getötet. Mehr als einmal pro Stunde wird eine Frau durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt“, liest man im Jahresbericht. Und: „In der Trennungsphase besteht ein besonders hohes Risiko, schwere Formen von Gewalt zu erleben.“
2024 wurden 327 Frauen in 973 Einzelberatungen vom Team der Frauenberatungsstelle beraten. Die meisten Ratsuchenden kamen aus Euskirchen, gefolgt von Mechernich, Weilerswist, Zülpich, Bad Münstereifel und den restlichen Kreiskommunen.
Schwerpunktthemen in diesen Beratungen waren Trennung, Scheidung und Beziehungsprobleme (164), häusliche Gewalt (139) und sexualisierte Gewalt (119), rechtliche Probleme (128), Sozialberatung (100), Kinder und Erziehungsfragen (58), Migration (44), Selbstwertprobleme (30), soziale Isolation und Trauer (24), berufliche Probleme (24), Sucht (17) und Stalking (16).
In der Präventionsarbeit hatten die Mitarbeiterinnen der Frauenberatungsstelle im vergangenen Jahr 400 Kontakte zu Schülerinnen und Schülern im Kreis Euskirchen. Außerdem wurden 110 Fachkräfte von dem Team fortgebildet.