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Mission „Stern-Rückeroberung“Das „Leu“ ist neu im Clostermanns Hof - Lohnt der Besuch?

4 min
Eingedeckter Tisch mit Blumen, stimmungsvoll beleuchtet von artischockenförmigen Pendelleuchten.

In sehr schönem Ambiente kommt nun „moderne europäische Kombinationsküche“ auf den Tisch, wie Leu-Küchenchef Thomas Gilles sagt.

Niederkassel ging mit dem „Le Gourmet“ ein Sternerestaurant verloren. Thomas Gilles blieb. Was er im Nachfolger „Leu“ jetzt auf den Tisch bringt.

Es war ein herber Schlag für das „Le Gourmet“ im Niederkasseler Clostermanns Hof, als man in diesem Juni nach sechs Jahren den Michelin-Stern verlor. Kurze Zeit später schloss das Restaurant. Aber das Team um Küchenchef Thomas Gilles steckte den Kopf nicht in den Sand, es erfand sich mutig neu. Ende Oktober eröffnete das „Leu“ – das Wort stammt aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet Löwe.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Das Bild eines solchen empfängt einen auch im Eingang des neu gestalteten Restaurants mit seinen 24 Plätzen (im Sommer auch draußen im Hof). Das Interieur ist nun weitaus schöner und moderner, man fühlt sich auf Anhieb so richtig wohl. Einzig an der Akustik darf gerne nachgebessert werden.

Thomas Gilles steht in Kochjacke im Restaurant und hält ein Glas Rotwein in der Hand. Er lächelt in die Kamera.

Will den Stern zurück: Leu-Chefkoch Thomas Gilles

Aber es hat sich viel mehr als die Optik geändert. Konzentration scheint das Thema zu sein, so hat das Restaurant nur noch an vier Abenden geöffnet, es gibt nur noch vier reguläre Gänge, und alle vier Monate ein komplett neues Menü, so dass man zum einen mehr Zeit zur Kreation der Gerichte hat und es zudem eine größere Geschlossenheit aufweisen soll. Offiziell gab man das Ziel aus: Der Stern wird zurückerobert!

Macaron mit Sellerie, Krapfen mit Taleggio-Käse

Es fängt gut und innovativ an mit ein paar Kleinigkeiten aus der Küche, darunter einem Macaron mit Haselnuss und Sellerie, Cashewnüssen mit rotem Langpfeffer, einem krossen Krapfen der Taleggio-Käse und Kirsche zusammenbringt, sowie hausgemachtem Fladenbrot, fermentierter Knoblauchcreme, gesalzener Butter und einem Sauerrahm mit Kräutern, der so hübsch ausschaut, dass man denken könnte es handele sich um ein Gericht.

Eine kleine weiße Sauerrahmrolle mit Kräutern bedeckt auf grünem Öl

„Nur“ eine Kleinigkeit vorweg, bevor das richtige Essen losgeht: Sauerrahm mit Kräutern zum Brot.

Richtig los geht es dann mit Fjord Forelle, die mit Röstzwiebel, Aal, Petersilienwurzel und geschmortem Apfel kombiniert wird. Als moderne europäische Kombinationsküche bezeichnet Thomas Gilles auch seinen neuen Stil, die Vermählung ungewohnter Aromen soll zu neuen Geschmackserlebnissen führen. Dem Gericht merkt man den Willen zur unbedingten Kreativität allerdings zu sehr an, der rauchintensive Aal dominiert die Forelle. Als Einzelgerichte hätten die beiden Fische mit ihren jeweiligen Begleitern besser funktioniert.

Aromatisch charmanter vegetarischer Zwischengang

Als nächstes wird es vegetarisch: geschmorter und gebratener Spitzkohl mit einem großen Schwarzbrot-Cracker sowie einer Olivenöl-Veloutée. Auch Avocado, Fenchel und Paprika spielen eine Rolle. Eine als Zwischengang sehr große Portion, recht hart am Salz, aber aromatisch charmant.

Als Hauptgang kommt der Star des Abends: Brust von der Challans-Ente, rosa gegart, Entenhaut als Crunch-Element, à part ein Confit von Entenkeule mit Spaghetti-Kürbis. Ein gelungener, herzhaft-konservativer Geschmacksakkord, dessen einziger Fehler in den fast schwarz gegarten Pom Pom Blanc Pilzen besteht. Im vegetarischen Menü wird stets die Fisch/Fleischkomponente ersetzt, was gute Ergebnisse erbringt, aber aromatisch nicht das Niveau des „normalen“ Menüs erreicht.

Tellergericht mit aufgeschnittenem, rosa gebratenem Entenfleisch.

Herzhaft-konservativer Geschmacksakkord bei der Challans-Ente zum Hauptgang

Chef-Patissier André Siebertz gilt als einer der besten seiner Zunft im Rheinland und er beweist es auch an diesem Abend. Die Süße ist bei ihm stets zurückhaltend, und mit Salz spielt er pointiert.

Steinpilz-Eis (köstlich!) mit Portwein-Creme, Umeboshi-Sauce und Schwarzbrot-Crumble leitet als Pré-Dessert äußerst klug über zum süßen Finale, bei dem Topinambur (als Chips und Eis) mit heller Schokolade, brauner Butter und Buddhas Hand (eine Zitronatzitrone) ein ebenso schlüssiges wie komplexes Ganzes bilden.

Klassisch-harmonische Weinbegleitung

Zu all dem bietet die Weinkarte vor allem aus Deutschland Schönes. Bemerkenswert und selten bei einem Restaurant dieser Klasse: Auch für unter 30 Euro gibt es empfehlenswerte Flaschen-Weine! Als Begleiter aus dem Wein-Menü zeigen ein fruchtintensiver Cabernet Franc der Domaine de la Chapelle (Loire) zur Ente und ein Süßwein mit exotischen Fruchtnoten aus Südwestfrankreich zum Dessert, dass man hier ebenso klassisch wie harmonisch kombiniert.

Eingedeckter Tisch mit Blumenarrangement und Weingläsern

Menü und Flaschenweine sind fair kalkuliert.

Auch das Menü ist im Vergleich fair kalkuliert, wobei man sagen muss, dass andernorts mehr traditionelle Edelzutaten zum Einsatz kommen. Restaurantleiter Sherif Asad ist ein herzlicher Gastgeber und auch der sehr sympathische Thomas Gilles lässt sich an den Tischen blicken, um seine Gerichte zu erläutern.

An der Wand gegenüber der Küche hängen die Michelin-Sterne der letzten Jahre. Ob 2026 ein neuer dazukommt? Unbedingt zwingend erscheint das noch nicht ganz, aber Gilles ist voller Elan, und das neue Menü im Februar wird den Leu sicher noch überzeugender brüllen lassen.

Fazit: Ein starker Neubeginn in Niederkassel!

Bewertung: 4 von 6

Restaurant Leu, Heerstrasse 2a, 53859 Niederkassel-Uckendorf, Tel. 02208 - 94800, Di-Fr 18.30 - 0 Uhr www.leurestaurant.de

Henns Auswahl

Vier Gänge // 110 Euro Fünf Gänge (inkl. Käse) 125 Euro

Weinbegleitung zu vier Gängen 45 EuroEinzeln je Glas 12 Euro