Ludwig Sebus wird am 5. September 100 Jahre alt. In einer Serie schauen wir auf das Leben des bekannten Kölner Sängers.
Der Jahrhundert-KölnerWas wir von Ludwig Sebus lernen können

Ludwig Sebus wird am 5. September 100 Jahre alt.
Copyright: Martina Goyert
Es gibt nur wenig Menschen, die so beliebt sind wie er. Gäbe es ein Sympathie-Barometer für Kölner – Ludwig Sebus wäre ein Spitzenplatz sicher. Diesen hat er sich allerdings nicht im Laufe der Jahre „erarbeitet“ – der Grandseigneur des Karnevals ist einfach, wie er ist. Ludwig Sebus verkörpert seit jeher Werte und Tugenden, die gerade in der heutigen Zeit vorbildlich sind. Was den Jahrhundert-Kölner so auszeichnet – und was wir von ihm lernen können:
Freundlichkeit: Eine Begegnung mit Ludwig Sebus vergisst man so schnell nicht. Es ist im wahrsten Sinne eine Freude, ihn zu treffen, denn der 99-Jährige gibt sich immer gut gelaunt. Sein herzliches Lachen ist stets dabei, wenn er öffentlich auftritt – auch, wenn es ihm vielleicht gar nicht so gut geht. Aber jedem Menschen begegnet er offen, interessiert und ohne Vorurteile, egal welches Alters, welcher Herkunft oder Gesinnung. Der tief im Glauben verwurzelte Katholik praktiziert genau das, was vielen anderen Menschen heutzutage abgeht.
Ludwig Sebus: Seine Werte und Tugenden
Respekt: Natürlich gibt es auch Menschen, die er weniger mag oder mit denen er nicht viel zu tun haben möchte. Da ist Ludwig Sebus nicht anders als andere. Aber: Dies kommuniziert er nur mit engsten Vertrauten – und selbst das in wohl gewählten Worten, die niemals verletzend sind. Auch Leuten, die bei ihm nicht oben auf der Beliebtheitsskala stehen, begegnet er stets respektvoll. Verbunden mit einer Höflichkeit, die ihresgleichen sucht.
Ehrlichkeit: Als der Krieg vorbei war, gehörte Sebus nicht zu der schweigenden Mehrheit der Deutschen. Er nannte die Verbrechen der Nazis beim Namen. Bis heute erzählt er eindringlich von den Schrecken des Krieges. Seine Zuhörer werden ruhig, wenn Sebus von verbrannten Leichen redet, dem Gestank, Elend – und Hunger in russischer Kriegsgefangenschaft. Besonders bewegend war sein Auftritt 2022 in der Lanxess-Arena anlässlich von 30 Jahren „Arsch huh“: Als Zeitzeuge erzählte Sebus aus seiner Kindheit. Er habe keine Jugend gehabt, die habe ihm ein Mann namens Adolf Hitler „versaut“. Als 18-Jähriger musste Sebus 1943 an die Ostfront. Nicht nur für den Satz: „Es gibt nichts Wichtigeres als die Freiheit, es gibt nichts Schöneres, als in einer Demokratie zu leben!“, erhielt der damals 97-Jährige stehende Ovationen.
Einsatz: Die Erfahrungen seiner Jugend haben ihn geprägt. Wenn es gegen Fremdenhass und Extremismus geht, ist Ludwig Sebus stets dabei. Er habe in seiner Kindheit und Jugend selbst erlebt, „wie anfällig die Demokratie ist, wenn man sie nicht pflegt!“ So unterstützte er etwa die Kampagne „Kein Veedel für Rassismus“. Auch an seinem Haus in Ossendorf war die bekannte Fahne zu sehen. Zudem engagiert sich Sebus seit Jahren für das soziale Köln. Mehr als 30 Jahre war er Präsident der Seniorensitzung bei den Sozial-Betrieben Kölns. Mit dem „Ludwig-Sebus-Fanclub“ organisiert er weiter Veranstaltungen und Aktionen für die dortigen Bewohnerinnen und Bewohner.

Zu seinem 99. Geburtstag wurde Ludwig Sebus von Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Rathaus empfangen, wo er sich ins Gästebuch der Stadt eintrug.
Copyright: Thilo Schmülgen
Bescheidenheit: Die Zahl der Urkunden und Auszeichnungen kann und will Ludwig Sebus gar nicht zählen. Zwar freut er sich über jede einzelne, unter anderem über das Bundesverdienstkreuz. „Aber ich trage das nicht“, sagt Sebus. „Nur um anderen zu zeigen, dass sie die Auszeichnung nicht haben? Nein, das möchte ich nicht.“ Der Sänger engagiert sich lieber im Hintergrund.
Fleiß: Durch seine Radio-Hits wurde Sebus in den 50er Jahren auch außerhalb Kölns zum beliebten Interpreten. Doch Sebus blieb wie viele andere Stars in der Bütt seinem erlernten Beruf treu, arbeitete weiter als Industriekaufmann. „Insofern spielte es nicht so sehr eine Rolle, wie viel Geld man im Karneval verdiente“, blickt Sebus zurück. „Das unterscheidet uns alten Künstler sicher von einigen heutigen Akteuren.“
Glaube: Schon als Kind war Sebus bei der katholischen Jungschar aktiv. Der Glaube half ihm vor allem im Krieg. Von 1944 bis 1950 war Sebus in russischer Gefangenschaft. „Das war eine sehr schwere Zeit. Wer damals einen Glauben hatte, hatte es leichter.“ Der Kölner ist überzeugt, dass „da oben“ jemand schützend seine Hand über ihn gehalten hat. Als Funker stand er eines Tages auf verlorenem Posten, wollte vor den russischen Soldaten fliehen und rannte einen alten Weinberg hoch: „Sie kamen auf Sichtweite ran und haben auf mich geschossen – mit allem, was sie hatten. Zig Splitter flogen um mich herum. Aber es ist mir nichts passiert.“ Während der Gefangenschaft hatte Sebus noch einmal großes Glück. Er wurde mit 120 Zwangsarbeitern in einem Bergwerk verschüttet. Sebus und ein weiterer Gefangener wurden als einzige gerettet.
Humor: Sind Sie Ludwig Sebus schon einmal begegnet? Dann kennen Sie sein herzliches Lachen. Der Mann ist nie schlecht gelaunt – zumindest, wenn er in der Öffentlichkeit ist. Ludwig Sebus’ Lebensfreude kann man sich nicht entziehen. Sie steckt an.