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frank&frei: Ach, Amerika!Trumps jüngste Auswüchse an Größenwahn

Lesezeit 4 Minuten
In seiner ersten Amtszeit waren US-Präsident Donald Trump und seine Frau Melania im Jahr 2017 Gäste der Militärparade in Paris zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli. Etwas Ähnliches schwebt Trump nun zu seinem Geburtstag vor.

In seiner ersten Amtszeit waren US-Präsident Donald Trump und seine Frau Melania im Jahr 2017 Gäste der Militärparade in Paris zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli. Etwas Ähnliches schwebt Trump nun zu seinem Geburtstag vor. 

USA-Korrespondent Karl Doemens ist live zu Gast in der KStA-Talkreihe „frank&frei“. Er diskutiert mit weiteren Fachleuten über 100 Tage Trump und die Folgen.

Morgens die hundertste Wendung im täglichen Zoll-Drama, mittags eine frische Attacke auf die Elite-Universität Harvard und abends abwechselnd Schmeicheleien oder Drohgebärden in Richtung Kreml: Donald Trump versteht es, die Welt in Atem zu halten. Nicht nur verstopft er mit dem Dauer-Tsunami seiner Online-Posts und verbalen Endlos-Ergüsse im Oval Office weltweit die Nachrichtenkanäle. Der gelernte Reality-TV-Mann inszeniert seine Politik auch immer fernsehgerecht.

Ein besonders monumentales Beispiel steht am 14. Juni bevor. Da wird die US-Armee 250 Jahre alt. Noch wichtiger aber: An diesem Tag feiert der Mann, der nach eigener Auffassung Amerika wieder „great“ gemacht hat, seinen 79. Geburtstag. Das geht nicht mit ein paar Freunden bei einem guten Essen. Da muss es schon richtig knallen. Also werden an dem Tag 25 Abrams-Panzer und 100 weitere Kampffahrzeuge über die ohnehin schlaglochdurchsiebten Washingtoner Straßen donnern. Dazu marschieren mehr als 6000 Soldaten, und 50 Hubschrauber kreisen am Himmel. Neidisch hat Trump seit langem die jährliche Militärparade in Paris (und heimlich mutmaßlich auch die in Moskau) beobachtet: Eine derartige öffentliche Demonstration von Macht und Loyalität ist ganz nach dem Geschmack des US-Potentaten.

Trumps Show soll zwischen 25 und 45 Millionen Dollar kosten

Schon 2018 wollte Trump erstmals eine solche in den USA unübliche Parade veranstalten. Damals verhinderte die Washingtoner Bürgermeisterin Muriel Bowser das Spektakel noch mit dem Hinweis auf die gewaltigen Kosten für die Straßenreparatur nach der Durchfahrt der 60 Tonnen schweren Panzer. Doch in Trumps zweiter Amtszeit gibt es solchen Widerstand nicht mehr. Außerdem hat die Armee versprochen, die Fahrbahnen durch riesige Metallplatten zu schützen. Zwischen 25 und 45 Millionen Dollar soll die Show kosten, die mit einem Feuerwerk endet. „Brot und Spiele“ war schon die Devise der römischen Kaiser, um das Volk bei Laune zu halten. Bei Trumps Militärparade kommt wenigstens niemand zu Schaden, zumindest nicht, wenn sie nach Plan liefe.

Bei der zynischen modernen Fortentwicklung des historischen Konzepts, die nun von Heimatschutzministerin Kristi Noem diskutiert wird, könnte das anders sein: Die Politikerin erwägt nach Medienberichten, Migranten vor laufenden Kameras darum kämpfen zu lassen, ob sie in den USA bleiben dürfen oder abgeschoben werden. Das Konzept für die bizarre Reality-TV-Show stammt von dem Produzenten Rob Worsoff, der sich mit elf Staffeln der Serie „Duck Dynasty“ über eine Millionärsfamilie einen Namen machte: Zwölf Migranten sollen auf der Einwandererinsel Ellis Island von einem Boot klettern und einen Zug besteigen. In den folgenden Wochen müssen sie dann auf einer Reise durch das „Land der Freien“ beweisen, wie amerikanisch sie sind.

Prämie: eine echte Einwanderungsurkunde

In San Francisco wird nach Gold geschürft, in Wisconsin muss man sich auf einem Baumstamm im Fluss halten, in Detroit das Chassis eines Ford-Automobils zusammenschrauben - alles vor einem Millionenpublikum. Wer sich am besten schlägt, wird am Ende auf den Stufen des Kapitols mit einer echten Einwanderungsurkunde belohnt.

Noem, die einst ihren Hund erschoss, weil sein Bellen sie störte, und die sich schon martialisch vor abgeschobenen Migranten in käfigähnlichen Zellen fotografieren ließ, hat einen Sinn für öffentlichkeitswirksame Inszenierungen. Ihre Sprecherin betont zwar, noch sei nichts entschieden. Sie lobt den Plot der Reality-TV-Show aber schon einmal über den grünen Klee: Der Vorschlag verdeutliche, „welches Privileg es ist, ein Amerikaner zu sein“.

Im Trump-Reich, wo wohlhabende Ausländer für schlappe fünf Millionen Dollar einen US-Pass kaufen können, während unbescholtene Migranten in einen Folterknast in El Salvador abgeschoben werden, ist eben nichts mehr unmöglich.


frank&frei: Ach, Amerika!

Unser USA-Korrespondent Karl Doemens, live aus Washington zugeschaltet, spricht in der KStA-Talkreihe „frank&frei“ nach gut 100 Tagen Trump über seine Erfahrungen mit der neuen Regierung. Zusammen mit der Kulturhistorikerin Anke Ortlepp von der Universität zu Köln und Andrew B. Denison, Direktor von „Transatlantic Networks“, diskutiert er über die US-Politik mit ihren Folgen und über das Leben mit und unter Trump. Moderation: KStA-Chefkorrespondent Joachim Frank.

Mittwoch, 4. Juni, um 19 Uhr in der Karl-Rahner-Akademie, Jabachstr. 4-8, 50676 Köln.

Eintritt: 12 Euro (mit KStA-ABOCARD 9 Euro, ermäßigt 6 Euro). Anmeldung: Telefon 0221/801078-0 oder hier per Mail.