Die Baustellen bringen den Nahverkehr an seine Leistungsgrenze. Der Verkehrsverband go.Rheinland zieht Bilanz.
Pünktlichkeitswerte eingebrochenVerspätungsrekord im Rheinland bei Regionalzügen und S-Bahnen

Nicht mehr so pünktlich wie gewohnt: Bei der S-Bahn Rheinland machte sich 2024 der Fahrzeugmangel durch die Modernisierung vieler Züge negativ bemerkbar.
Copyright: Peter Berger
Immer mehr Bahnfahrer, viele Baustellen, reparaturbedingte Ausfälle bei den Zügen und Lokführermangel – diese Mischung führt dazu, dass die Regionalzüge und S-Bahnen im Rheinland einen neuen Rekord bei den Verspätungen eingefahren haben. Das sind die Ergebnisse des Qualitätsberichts für 2024. „Selbstverständlich sind wir mit den Qualitätswerten nicht zufrieden“, sagt Marcel Winter, Geschäftsführer des Verkehrsverbands go.Rheinland. Vor allem die vielen Baustellen machen hätten zu den miserablen Werten geführt. Und so sieht die Bilanz im Detail aus.
Immer mehr Verspätungen
Nach einer kleinen Atempause 2023 haben die Verspätungen 2024 einen negativen Höhepunkt erreicht. Die durchschnittliche bei allen Nahverkehrszügen beträgt 3:18 Minuten. Das ist ein Plus von 31 Sekunden gegenüber dem Vorjahr. Die höchsten Verspätungswerte wurden in den Monaten Oktober und November eingefahren. Im Dezember verbesserten sich die Werte untypischerweise wieder. Hauptgrund für die Zunahme sei die Überlastung der Schienenwege, so Winter. Die Baustellen seien immer komplexer, sodass es vor allem an den großen Bahnknoten wie Köln und Aachen immer wieder zu Verspätungen komme, die sich nicht mehr aufholen lassen. Die pünktlichsten Werte weisen weiterhin die S-Bahnen auf. Dennoch stieg auch hier die durchschnittliche Verspätung auf 2:25 Minuten (plus 18 Prozent). Die Regionalbahnen lagen bei 3:01 Minuten (plus 22 Prozent), die RE-Linien auf 4:46 Minuten (plus 21 Prozent).
Rekordwert bei den Zugausfällen
Der Trend zu immer mehr Zugausfällen hat sich verfestigt und 2024 zu einem Rekordwert geführt. Hauptgründe sind die Vielzahl an Baustellen, die für 50 Prozent der Ausfälle verantwortlich sind. Hinzu kommen der Personalmangel, der 2024 für jeden vierten Zugausfall ursächlich war. Das liegt vor allem an den zahlreichen Streiks der Lokführer-Gewerkschaft GDL im ersten Quartal. Von Januar bis März 2024 haben die Streiks mit 48 Prozent fast die Hälfte der Personal bedingten Ausfälle verursacht. Die durchschnittlichen Zugausfälle sind von 14,5 Prozent in 2023 auf 16,7 Prozent in 2024 angestiegen.
Viele S-Bahnen in der Werkstatt
Vor allem die Modernisierung der S-Bahnflotte hat im vergangenen Jahr dazu geführt, dass durchschnittlich 3,2 Prozent der Sitzplätze nicht zur Verfügung standen – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2023. Das waren es knapp 2,4 Prozent. Bei den S-Bahnen ist eine extreme Verschlechterung von durchschnittlich 1,7 Prozent in 2023 auf 4,1 Prozent im Jahr 2024 festzustellen. Das ist eine Zunahme von 145 Prozent. Bei den Regionalbahnen ist die Zahl der Kapazitätsausfälle leicht gefallen, bei den RE-Linien haben sich die Werte im Durchschnitt verschlechtert.
Mehr Menschen fahren Bahn
Fahrgastzahlen steigen seit 2022 kontinuierlich an
Das kontinuierliche Wachstum der Fahrgastzahlen aus den Vorjahren hat sich fortgesetzt. Die Zahl der täglichen Einsteiger an Werktagen (montags-freitags) stieg 2024 auf 367.000, ein Plus von zwei Prozent (361.000). Zu Coronazeiten waren 2022 durchschnittlich 314.000 Fahrgäste unterwegs. Im Vergleich zur Zeit vor Pandemie, also 2019, hat sich das Mobilitätsverhalten der Fahrgäste spürbar verändert. Der Trend zu mehr Wochenendverkehr ist deutlich erkennbar. Die Wachstumsrate im Vergleich zu 2023 beträgt an Samstagen elf Prozent und an Sonntagen zwölf Prozent.
Zustand der Fahrzeuge kann nicht verbessert werden
Seit 2022 erheben die von go.Rheinland beauftragten Profitester auch Daten zum Fahrzeugzustand. Da nicht auf allen Linien von den Bahnunternehmen Daten geliefert werden können, ergibt sich durch den Einsatz der Profitester ein vollständigeres Bild. Bei der Kategorie „Funktionalität der Toiletten“ gab es eine Verschlechterung um drei Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Bei der „Funktionalität der Außentüren“ und der „Verschmutzung mit Graffiti“ bleiben die Werte auf dem Vorjahresniveau.
Zahl der Fahrgastbeschwerden erneut gestiegen
Beim Kundendialog von go.Rheinland lassen immer mehr Bahnfahrer ihren Frust ab. Während es im Jahr 2023 insgesamt 1.605 Kundeneingaben gegeben hat, waren es im letzten Jahr 1.846 und damit 241 Eingaben mehr (plus 15 Prozent). Die beiden häufigsten Gründe für Beschwerden waren Ausfälle sowie Verspätungen.