Die Künstlerbuchungen für die Session 2026/27 wurden entgegen der Absprachen in den Juli vorverlegt. Das hat einige komplett überrumpelt.
„Wir können uns nicht vierteilen“So reagieren Kölner Bands und Vereine auf den Karnevalseklat

Die kurze Session 2026/27 ist für die Künstler des Kölner Karnevals eine zeitliche Herausforderung (Archivbild).
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Die Vorverlegung der Künstler-Buchungen für die Session 2026/27 hat unter Kölner Karnevalisten für Bestürzen und Irritation gesorgt (wir berichteten). Literatin Monika Brandenburg der KG Fidelen Kaufleute etwa lag am Strand, als sie davon erfuhr, und sorgt sich nun um das Programm ihrer KG.
Höhner-Frontmann Patrick Lück kann die Enttäuschung bei den kleineren Karnevalsgesellschaften verstehen. Gerade jene, die die Session nur mithilfe von Ehrenamtlern stemmen, hätten es ohnehin schon schwer, ein Sitzungsprogramm auf die Beine zu stellen. Das aktuelle Geschehen setze nochmal einen drauf. Gleichzeitig sagt der Sänger der Höhner: „Wir versuchen nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln und so viele Anfragen zu berücksichtigen wie möglich.“
Statt wie im Literatenstammtisch ursprünglich vereinbart, die Buchungen der Top-Acts wie Brings, Bläck Fööss, Kasalla, Cat Ballou und anderen Mitte September durchzuführen, fanden sie ungewohnt früh bereits am 7. und 9. Juli statt. Verkündet wurde das auf der Jahreshauptversammlung der Literaten von traditionsreichen und mittelgroßen Karnevalsgesellschaften am 26. Juni, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr.
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Manager gibt die Schuld dem Vorsitzenden des Literatenstammtischs

Frontmann Patrick Lück ist seit der Session 2020/21 Bandmitglied der Höhner.
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Lück von den Höhnern sagt, die Buchungen erledige das bandeigene Management, man sei in der Organisation der Routen und der Abläufe nicht involviert. „Wir haben am Tag sechs, sieben Auftritte, an Weiberfastnacht und am 11.11. auch zehn bis elf: Da können wir nicht allen gerecht werden. Teil unserer Philosophie ist es dennoch, auch kleinere Sitzungen mitzuberücksichtigen, oder auf Charity-Veranstaltungen zu gehen, um das Brauchtum zu pflegen.“
Lück hält eine zentrale Absprache zusammen mit Bands, Literaten, Agenturen und Management in Präsenz wie früher für nicht umsetzbar. Ein Bandmanager, der namentlich nicht zitiert werden möchte, habe in seiner über 20-jährigen Tätigkeit diese Absprachen in Präsenz auch nicht erlebt. Er glaubt, dass es durch die gestiegene Anzahl der Bands, „nicht darstellbar ist, mit Literaten und Bands drei Tage in Klausur zu gehen.“ Die Verantwortung für den Eklat sieht er beim Vorsitzenden des Literatenstammtischs, Michael Ströter, der bereits seinen Rücktritt angekündigt hat. Dieser wiederum hatte dieser Zeitung gesagt, dass der Wunsch, früher zu buchen, aus den Reihen der Künstler selber gekommen sei.
„Ich kann nur sagen: An diesem Junitag sind wir alle aus den Wolken gefallen, weil alles aus der Literaten-Mafia heraus entschieden wurde. Wir sind überrumpelt worden“, so der Manager. Für seine Band erhalte er pro Session etwa 700 Anfragen. „Wenn ich sieben Wochenenden habe, kann ich nur 240 Auftritte zusagen. Ich muss immer noch mehreren Hundert absagen. Für 2027 habe ich nur vier bis fünf Wochenenden. Ich verfolge die Buchungspolitik, dass wir auch den kleineren Vereinen, denen wir viel verdanken, einen Auftritt ermöglichen.“
Auch ein Literat einer mittelgroßen Gesellschaft, der sich nicht namentlich äußern will, macht auf das Problem der Knappheit in der besonders kurzen Session 2026/27 aufmerksam. Allein am Sonntag, 17. Januar 2027, würden in ganz Köln 80 Herrensitzungen stattfinden. „Bekomm da mal einen Redner“, so der Literat.
Kasalla und Bläck Fööss möchten die Debatte nicht kommentieren
Sie hätten sich die Vorverlegung der Buchungen nicht gewünscht, sagt Bassist Max Eumann der Band Miljö, deren Buchungen eine Agentur übernimmt. „Wir können uns nicht vierteilen, und die Redner auch nicht.“ Wer bis zu acht Auftritte bewerkstelligen muss, könne nicht am selben Tag von Refrath nach Bornheim und dann nach Overath fahren. Miljö hat sich anders als Kasalla oder die Höhner für eine Terminabsprache in Präsenz ausgesprochen. „Unsere Agentur hätte das sinnvoll gefunden. In den letzten Jahren kam es vor, dass Bands bereits viel vorher gebucht hatten. Das ist für die kleineren Bands dann auch nicht gut.“ Wenn manche nicht die abgesprochenen Termine respektierten, sei es nicht einfach, als Band an der ursprünglichen Absprache festzuhalten und dadurch Nachteile zu erfahren, so Eumann.
Basti Kampmann von Kasalla wollte sich aus seinem Urlaub heraus nicht äußern. Es ein sehr komplexes Thema sei, so der Frontmann. Auch Mirko Bäumer von den Bläck Fööss wollte die Debatte auf Anfrage nicht kommentieren. Andere sagen, die Abläufe rund um die Buchungen seien ein in sich geschlossener Mechanismus, bei dem man manchmal nicht nachvollziehen könne, wer eigentlich welche Interessen verfolgt. Manch ein Karnevalist arbeitet in einer Agentur, ist Vorstandsmitglied einer KG und zugleich Literat.
Einige Karnevalisten versuchen, die kurze Session trotz Buchungschaos auch positiv zu sehen: Als Chance für Bands und Redner, die sonst mehr darum kämpfen müssen, gebucht zu werden; als Möglichkeit, mehr inhaltliche Vielfalt ins Programm zu bringen. Michael Gerhold, der unter anderem auch Präsident der Nippeser Bürgerwehr ist, sagt als Chef der Künstleragentur Ahrens: „Eine kurze Session ist auch eine absolute Chance für den Nachwuchs, sich zu präsentieren.“ Für Literaten dürfte das nur ein schwacher Trost sein, mit großen Namen lassen sich schließlich einfacher Tickets verkaufen.