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Zoll meldet gestiegene ZahlenKöln ist das Drehkreuz für Zigarettenschmuggler

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Zollsprecher Jens Ahland öffnet ein Paket mit sichergestellten Schmuggel-Zigaretten. (Archivbild)

Zollsprecher Jens Ahland öffnet ein Paket mit sichergestellten Schmuggel-Zigaretten. (Archivbild)

Die Ware wird in Paketsendungen zwischen Spielzeug und Fitnessgeräten versteckt.

Immer weniger Raucher, aber immer mehr geschmuggelte Zigaretten – so lässt sich zusammenfassen, was Tabakhersteller und Sicherheitsbehörden seit Jahren beobachten. Auch in Köln. Während die Zahl der Raucherinnen und Rauchern EU- aber auch weltweit tendenziell abnimmt, haben Einsatzkräfte von Zoll und Polizei im Vorjahr europaweit eine Rekordmenge an unversteuerten Zigaretten sichergestellt: 52,5 Milliarden Stück.

Insgesamt 3,8 Millionen hat der Zoll allein in Köln 2024 aus dem Verkehr gezogen. Das bedeutet eine Verdopplung im Vergleich zum Jahr 2023, berichtete Behördensprecher Jens Ahland jüngst bei der Vorstellung der Gesamtbilanz des Hauptzollamts Köln. Hinzu kamen 1,3 Tonnen überwiegend unversteuerter Wasserpfeifentabak und fast 1300 Liter unversteuerter Liquids, also Flüssigkeiten, die in E-Zigaretten verwendet werden.

Köln: Reisenden mit 45.000 Schmuggel-Zigaretten erwischt

Doch wie ist das zu erklären? Woher kommen die illegalen Zigaretten? Wer vertreibt sie? Und warum spielt Köln bei Zigarettenschmuggel in Europa eine zentrale Rolle?

Ein Tag Anfang Mai voriges Jahr, kurz nach Mitternacht am Flughafen Köln-Bonn. Ein 37-jähriger Belgier ist mit einer Maschine aus Istanbul eingereist. Mit zwei großen Koffern in der Hand will der Mann das Terminal durch den grünen Ausgang für anmeldefreie Waren verlassen. Ein Zollbeamter hält den Mann auf. Bauchgefühl. Routinekontrolle. Die Koffer werden geröntgt. „Nach ersten Auffälligkeiten auf den Bildern fanden meine Kolleginnen und Kollegen in dem Gepäck keinerlei Bekleidung oder persönliche Gegenstände, sondern ausschließlich diese enorme Menge unversteuerter Zigaretten verschiedener Hersteller“, berichtete Ahland. „Reiserückkehrer aus der Türkei mit zu vielen Zigaretten im Gepäck gehören für uns am Flughafen zum Alltagsgeschäft. Aber zwei große Koffer ausschließlich gefüllt mit fast 45.000 unversteuerten Zigaretten, sind schon außergewöhnlich.“

16.11.2022, Köln: Reportage Zigarettenschmuggel mit dem Zoll in Köln - Ein Kran transportiert Pakete mit geschmuggelten Zigaretten in der Müllverbrennungsanlage Weisweiler in Eschweiler. Foto: Thilo Schmülgen

In der Müllverbrennungsanlage Weisweiler in Eschweiler lässt das Hauptzollamt Köln regelmäßig Millionen geschmuggelter Zigaretten verbrennen. (Archivbild)

So wie die meisten illegalen Zigaretten in der Kölner Region, kamen auch diese am Flughafen Köln-Bonn an, einem Umschlagplatz des internationalen Warenschmuggels – wenngleich die meisten Zigaretten eher nicht in Reisekoffern transportiert werden, sondern versteckt in Paketsendungen, getarnt als legale Ware wie Kinderspielzeug, Fitnessgeräte oder Möbel. Von Köln aus sollen die Zigaretten in der Regel weiter transportiert werden in andere Länder in Europa oder auch außerhalb der EU. Bei der Überprüfung der Transportpapiere werden die Zollbeamten immer wieder misstrauisch und sehen sich die verdächtigen Sendungen dann näher an. Auch in Lastwagen auf dem Kölner Autobahnnetz und seltener in Zügen stellen Fahnder geschmuggelte Zigaretten sicher.

Immer mehr komplett gefälschte Zigaretten im Umlauf

Laut dem aktuellen KPMG Bericht, der über illegalen Zigarettenkonsum in der EU informiert und jährlich von Philip Morris International (PMI) in Auftrag gegeben wird, werden in Deutschland neben Belgien und der Tschechischen Republik die größten Mengen unversteuerter Zigaretten beschlagnahmt; die meisten in illegalen Fabriken. Dies seien oft Anlagen „industriellen Ausmaßes“, wie die Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Zoll mitteilt. „Wenn wir eine illegale Fabrik ausheben, bauen die Kriminellen rasch neue Kapazitäten auf. Es ist ein endloser Wettlauf gegen Windmühlen“, sagt der Vorsitzenderder GdP Zoll, Frank Buckenhofer.

Der Anteil komplett gefälschter unter den illegal verbreiteten Zigaretten wächst laut KPMG kontinuierlich und mache inzwischen den größten Teil des Konsums aus. „Rauchen an sich ist ja schon gefährlich“, sagt Zollsprecher Ahland, „aber nachgemachte Kippen sind sicher noch gefährlicher. Niemand weiß, was da genau drin ist.“ Aus diesem Grund lässt der Zoll sichergestellte Schmuggel-Zigaretten regelmäßig in der Müllverbrennungsanlage in Eschweiler vernichten.

Verkauft werden die illegalen Zigaretten nach Erkenntnissen der Fahnder auf Online-Plattformen, aber auch auf Märkten und in Kiosks unter der Ladentheke. Auf der Burgstraße in Kalk entdeckten Polizisten Anfang Juli bei einer Fahrzeugkontrolle illegale E-Zigaretten im Auto eines Kioskbetreibers. Ebenfalls in Kalk stellten Beamte Mitte Juli in einer Wohnung 1500 illegale E-Zigaretten sicher.

Die Gewinnspanne für die Täter ist extrem hoch. Eine Schachtel Zigaretten kostet hierzulande im legalen Handel zwischen 7 und 8 Euro, mindestens 5,60 Euro davon sind Steuern. Schmuggler bieten die Ware zu deutlich geringeren Preisen an. Der Steuerverlust allein in Deutschland betrug laut KPMG im Vorjahr 401 Millionen Euro, europaweit waren es knapp 20 Milliarden Euro in 38 Ländern. Negativer Spitzenreiter ist Frankreich, Deutschland belegt Platz 5.