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Ein halbes Jahr MietvertragRaum13 will im Otto-Langen-Quartier ab Sommer 2026 groß eröffnen

Lesezeit 4 Minuten
Anja Kolacek und Marc Leßle sind Geschäftsführer ihrer Initiative Raum13, mit der sie Teile des Otto-Langen-Quartiers wiederbeleben.

Anja Kolacek und Marc Leßle sind Geschäftsführer ihrer Initiative Raum13, mit der sie Teile des Otto-Langen-Quartiers wiederbeleben.

Im Innenhof der ehemaligen Verwaltung des Industrieunternehmens von Klöckner-Humboldt-Deutz soll eine neue Open-Air-Bühne für Köln entstehen. 

Die Vision ist groß: Einen „Weltort“ wollen Anja Kolacek und Marc Leßle, Geschäftsführer der Künstlerinitiative Raum13, sichtbar machen. Gemeint ist die erste Gasmotorenfabrik der Welt, sie steht zwischen Deutz und Mülheim. Und verfällt rapide. Seit einem halben Jahr haben sie die Schlüssel wieder und arbeiten daran, den Verfall zu stoppen und das Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste einziehen zu lassen.

Wer hier lang spaziert, kann noch nicht viel sehen – abgesehen von der denkmalgeschützten und an sich schon imposanten Fassade. Doch hinter ihr arbeiten Kolacek und Leßle daran, so schnell wie möglich ihre Türen öffnen zu können, den „Weltort“ mit Café, Ausstellung, Kunst, Theater und Leben zu füllen. Auch geplant: eine neue Open-Air-Fläche für Köln.

Neue Open-Air-Bühne für Köln

„Wir gehen davon aus, dass wir im Sommer 2026 richtig fett eröffnen werden“, sagt Kolacek. Sie steht in einem der drei Höfe der ehemaligen Hauptverwaltung des Maschinen-, Motoren- und Fahrzeugherstellers Klöckner-Humboldt-Deutz, heute Otto-Langen-Quartier genannt. Die alten Rohre auf dem Backsteingemäuer zeugen von der Industriegeschichte dieses Ortes.

Einer der drei Innenhöfe der ehemaligen KHD-Hauptverwaltung: Hier soll ein zweiter Eingang als Fluchtweg entstehen.

Einer der drei Innenhöfe der ehemaligen KHD-Hauptverwaltung.

Bis hier neue Geschichten geschrieben werden können, müssen Kolacek und Leßle aber noch eine lange Liste abarbeiten. Einen Meilenstein haben sie gerade erreicht, seit April ist der Bauantrag für die erste Phase des Wiederaufbaus eingereicht. Eine Million Euro kostet allein dieser Teil der Liste schon. Umbauten zum Brandschutz und Fluchtwege stehen darauf und zum Ende dieser Phase steht dann ein Durchbruch der Fassade zum mittleren Innenhof an. Spätestens dann soll hier niemand mehr vorbeigehen, sondern durch die Fassade hindurch mitten ins Deutzer Zentralwerk der schönen Künste gelangen können.

Kein Strom mehr im Otto-Langen-Quartier

Eine große Herausforderung ist zurzeit, dass im Otto-Langen-Quartier kein Strom mehr liegt. Vorigen Sommer baute der Netzbetreiber Rheinnetz das Trafohäuschen in der Straße ab. Vor einem halben Jahr hatten Kolacek und Leßle noch gehofft, diesen Sommer die Tore öffnen zu können. Aber ohne Power keine größere Veranstaltung. Sie behelfen sich kreativ, vorerst liefert eine mobile Solaranlage die zur Renovierung nötigste Energie. Auch Wasser gab es lange nicht, erst seit wenigen Wochen können sie den Hahn wieder aufdrehen.

Rundgang durch das Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste im historischen Industrieareal der Gasmotorenfabrik.

In diesem Hof soll eine Open-Air-Bühne entstehen.

Neben den Umbauten zum Brandschutz und für Fluchtwege erledigen die Künstler mit ihren Helfern viel Fleißarbeit in Eigenleistung. Sie haben schon die unzähligen kaputten Fensterscheiben ersetzt. Wie sie diese Reparatur angegangen sind, steht exemplarisch für ihre Herangehensweise, den Ort „aus der Geschichte heraus“ weiterzuentwickeln: Eingebaut sind jetzt wiederverwertete Plexiglasscheiben der städtischen Bühnen, die sie zum Infektionsschutz in der Coronazeit angeschafft haben.

Der Mietvertrag: Das Ergebnis von drei Jahren Verhandlung und ein Beispiel für die Umnutzung alter Industrieareale einer Stadt.

Der Mietvertrag: Das Ergebnis von drei Jahren Verhandlung und ein Beispiel für die Umnutzung alter Industrieareale einer Stadt.

Inmitten der Baustelle im Foyer steht derweil ihre vielleicht größte Errungenschaft, präsentiert unter eine Haube wie ein Juwel: Der Mietvertrag. Über drei Jahre handelten sie ihn mit der Stadt aus, um das Areal im Mülheimer Süden langfristig zu einem Quartier für Kultur, Gewerbe und Wohnen zu entwickeln. Kein neues Bestreben, das Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste war hier schon einmal beheimatet, elf Jahre lang, bis es 2021 vom damaligen Eigentümer vom Grundstück geworfen wurde. Die Stadt Köln hatte die Liegenschaft damals für rund 21 Millionen Euro gekauft, um sie an Raum13 zu vermieten.

Das Konzept würdigte diese Woche auch die Fachkonferenz „Stadtvisionen“ der Stadt Leipzig, das Raum13 als Best Practice bundesweit eingeladen hatte. Damit wird zumindest ein Teil des fünf Hektar großen Industrieareals erhalten und wieder genutzt. Der Großteil gehört dem Land NRW und ist deutlich weiter verfallen, weshalb auch der Auenweg auf der Rückseite des Areals aktuell gesperrt ist. Das Areal des Landes ist derzeit für Investoren ausgeschrieben, seine Zukunft also ungewiss.

Ein „Weltort“ mit Betriebsrat.

Ein „Weltort“ mit Betriebsrat.

Bis zur großen (Wieder-)Eröffnung des Deutzer Zentralwerks der Schönen Künste bietet Raum13 kleinere Führungen über die Baustelle und öffnet für eine begrenzte Personenzahl zu Aktionstagen. „Wir werden alles möglich machen, was möglich ist“, sagt Leßle. Zum Beispiel beleben sie mit einem Livestream am Freitag, 30. Mai, um 19:00 Uhr ihre performative Talkreihe „Sechs Hektar Stadt für die Stadt der Zukunft“ wieder, um die Vernetzung von Kulturinstitutionen und Akteuren aus Politik, Wissenschaft und Verwaltung voranzutreiben. Die nächste Führung findet am Sonntag, 22. Juni, um 15 Uhr unter dem Titel „Eine Reise durch die Zeit“ statt. Kosten: 16 Euro (ermäßigt 8), Anmeldung unter info@raum13.com.