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Stadtrat und Entwickler uneinigNeue Wohnungen für Studierende am Bahnhof West vor dem Aus

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Eckgrundstück am Bahnhof West sollte ein Studierendenwohnheim gebaut werden.

Auf dem Eckgrundstück am Bahnhof West sollte ein Studierendenwohnheim gebaut werden.

Köln-Projekt will auf einem der wenigen noch freien Grundstücke der Innenstadt nur noch 60 statt wie geplant 120 Studierendenwohnungen bauen – der Stadtrat gibt nicht nach.

Mögliche neue Studierendenwohnungen am Bahnhof West stehen seit Monaten auf der Kippe. Der Stadtrat hat am Dienstag entschieden, dem Projektentwickler nicht entgegenzukommen und riskiert damit, dass auf absehbare Zeit auf dem Grundstück keine neuen Wohnungen entstehen. 

Die Verhandlungen mit dem Projektentwickler Köln-Projekt laufen seit fast zehn Jahren. Zuletzt hatte Köln-Projekt nach Informationen der Redaktion wie berichtet allerdings die Konditionen geändert: Nur noch 60 statt 120 günstigere Studierendenwohnungen, wollte der Entwickler bauen, die anderen 60 zu marktüblichen Preisen vermitteln. Der Rat besteht nun unter Enthaltung der SPD auf den gesamten 120 Studierendenwohnungen – was Köln-Projekt dazu bringen könnte, abzuspringen.

Rund 600 Meter vom Friesenplatz entfernt, an der Ecke von Venloer und Ludolf-Camphausen-Straße, ist noch eines der wenigen unbebauten Grundstücke in Innenstadtlage in Köln zu finden. Die rund 1200 Quadratmeter große Fläche liegt bis heute brach. Sie gehört der Stadt Köln, deshalb entscheiden die Ratsmitglieder über ihren möglichen Verkauf. Und das taten sie 2021 in einer Form, die bis heute Bestand hat: Statt wie üblich im Erbbaurecht sollte Köln-Projekt das Grundstück kaufen dürfen – wenn ausschließlich Studierendenwohnungen auf ihm entstünden. Das Kölner Studierendenwerk sollte sie später nutzen. Die preislichen Konditionen für den Entwickler seien dem Vernehmen nach „sehr gut“ gewesen, auch nach diversen Komplikationen mit dem Grundstück.

Schon vor Jahren musste „Köln-Projekt“ die ursprünglichen Pläne eines Rundbaus abschreiben. Wegen der prominenten Lage hatte die Stadt einen Architektenwettbewerb gefordert, aus dem stattdessen ein Entwurf mit zwei Häusern hervorging. Auch die Entdeckung von Resten eines preußischen Forts sorgte für Verzögerung und Planänderungen.

Im November vorigen Jahres kam es zu einem neuen Anlauf, das Vorhaben endlich umzusetzen, nur wollte Köln-Projekt dann nur noch zu 50 Prozent Studierendenwohnungen bauen. Im zuständigen Liegenschaftsausschuss fühlte man sich vor den Kopf gestoßen. Der Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung, trotzdem den 60 Studierendenwohnungen zuzustimmen, wurde ein halbes Jahr geschoben. Im nicht-öffentlichen Teil der Stadtratssitzung am Dienstagabend kam es dann zur Abstimmung, das Ergebnis: Die Stadt soll weiter an den 120 Studierendenwohnungen festzuhalten.

Kölner Projektentwickler droht abzuspringen

Nach Informationen der Redaktion soll Köln-Projekt nun eine „angemessene Frist“ gesetzt werden, doch zu bestätigen, die 120 Studierendenwohnungen zu bauen. Weiter heißt es: „Sollte Köln-Projekt die Realisierung des Projektes aufgeben, so wird die Verwaltung beauftragt, das Grundstück mit dem Ziel der Einrichtung eines 100 Prozent öffentlich geförderten Studierendenwohnheims an einen geeigneten Bestandshalter zu vergeben.“ Gegebenenfalls sollen die bisherigen Planungsleistungen Köln-Projekt abgekauft werden.

Eva-Marie Schneider-Robl, Geschäftsführerin von Köln-Projekt, sagte der Redaktion am Mittwoch: „Wir werden die Anforderungen prüfen.“  Möglich ist aber, dass Köln-Projekt nun abspringt. Dem Vernehmen nach war es überhaupt dazu gekommen, dass der Entwickler nur noch zur Hälfte günstigeren Wohnraum schaffen will, weil Köln-Projekt das Vorhaben sonst nicht mehr als rentabel erachtet.

Das Land NRW gibt Projektentwicklern Darlehen, damit diese geförderte Wohnungen bauen. Der Vorteil: Sie müssen in Köln 35 Prozent des Geldes nicht zurückzahlen. Der Nachteil: Die Miete ist im Gegenzug festgesetzt. Das gilt in der privaten Immobilienwirtschaft häufig als unbeliebt, weil die Mieten unter dem möglichen Niveau des Standorts liegen.

Grundstück am Bahnhof West könnte neu ausgeschrieben werden

Zieht sich Köln-Projekt zurück, würde eine neue Ausschreibung gestartet. Ob sich noch andere Entwickler für Grundstück direkt an der Bahnlinie interessieren, ist bislang öffentlich nicht bekannt. Die Sorge besteht deshalb, dass auf absehbare Zeit somit gar keine Wohnung an dieser Stelle gebaut werden.

Die SPD enthielt sich am Dienstag als einzige Fraktion. Pascal Pütz, liegenschafts- und wohnungspolitischer Sprecher der SPD, sagte auf Anfrage: „Wir wollen das Projekt schnellstmöglich umgesetzt sehen.“ Andere Fraktionen wollten hingegen ihren vorherigen Beschluss aus 2021 nicht aufheben, auch um keinen Präzedenzfall für die Verhandlung über andere Grundstücke mit Investoren zu schaffen. Sabine Pakulat, Sprecherin für Liegenschaften der Grünen, sagte: „Wir Grünen halten an dem Ziel fest, an der Ludolf-Camphausen-Straße 100 Prozent gefördertes Studierendenwohnen hinzubringen, da dieses wirklich dringend benötigt wird.“ Auf etwa 80.000 sozialbeitragspflichtige Studierende an Kölner Hochschulen kommen weniger als 5000 Wohnheimplätze des Studierendenwerks. „Städtische Grundstücke sind rar und sollen nicht für hochpreisiges Micro-Wohnen vergeben werden“, sagte Pakulat.