Im Rahmen des Weihnachtsmarkts im Waldbad Dünnwald veranstaltet der Förderverein jährlich ein Eisschwimmen. Unsere Autorin hat mitgemacht.
Eisschwimmen330 Menschen trotzen den Temperaturen im Waldbad Dünnwald

Unsere Autorin Rika Kulschewski schwimmt mit – eine Reportage.
Copyright: Martina Goyert
Ich atme einmal tief durch und gehe dann die Stufen gleichmäßig hinunter. Das Wasser umfasst mich. Die Kälte durchzieht mich. Mein Kopf ist leer. Erst als ich am Mittelsteg des Schwimmbeckens umkehre, nehme ich meinen Körper wieder wahr. Kontrolliere meinen Atem.
„Es passiert eine ganze Menge im Körper“, hat Allgemeinmediziner für Ernährungs- und Mind-Body-Medizin Christoph Geiger mir vorher erklärt, „Zunächst erfährt der Körper einen Kälteschock beim Eintauchen in Wasser, das 15 Grad Celsius und kälter ist“.
Das heißt, die Atmung wird unkontrolliert. Blutdruck und Herzfrequenz steigen an, um den Blutfluss zu erhöhen. Das Blut zieht aus Extremitäten ab, wird zum Körperkern umgeleitet. Das braune Fettgewebe im Stoffwechsel, das zitterfrei Wärme generiert, wird aktiviert.
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Köln-Dünnwald: 330 Menschen gehen Eisschwimmen
Das Wasser im Waldbad Dünnwald ist am Sonntagmittag 7,5 Grad Celsius kalt. „Leider etwas wärmer als sonst, ich hab deshalb noch ein paar Eiswürfel reingeworfen“, witzelt Organisator Sören Roth kurz bevor er das Schwimmbecken für alle Anwesenden eröffnet. 330 Menschen haben sich angemeldet, um an diesem 3. Advent Eisschwimmen zu gehen. Es ist das fünfte Mal, dass der Förderverein Dünnwalder Waldbad zu dem Event im Rahmen des Weihnachtsmarkts eingeladen hat.
Als ich mittags im Waldbad ankomme, ist die Schlange vor dem Schwimmbecken lang und die Stimmung ausgelassen. Ich lerne Petra aus Porz kennen. Sie geht aufgrund ihrer Rheumaerkrankung seit gut einem Jahr regelmäßig Eisbaden – normalerweise im See. Sie empfiehlt mir, einfach Spaß zu haben.

Mutig rein in das eiskalte Wasser
Copyright: Martina Goyert
Und so stehe ich wenige Minuten später in Badeanzug und Weihnachtsmütze am Beckenrand. Die Frau, die vor mir reingeht, schreit auf. Andere gehen ganz entspannt rein, als wäre nichts. Es dürfen immer nur sechs Leute gleichzeitig ins Wasser, damit die Rettungskräfte der DLRG alle im Blick haben.
Dann bin ich dran und gehe schnell ins Wasser, im Hinterkopf habe ich die Tipps von Christoph Geiger: „Es lohnt sich, schnell reinzugehen, es sollten nicht mehr als 5 Sekunden vergehen“. Und dann ginge es vor allem darum, im Körper präsent zu sein und nicht mit Gewalt gegen die physiologische Stressreaktion anzukämpfen, sondern sie einzufangen.
Ich versuche also ruhig zu atmen und ruhig weiterzuschwimmen. Das klappt ganz gut. Meine Hände und Füße fühlen sich abgefroren an, aber ansonsten habe ich das Gefühl, dass mein Körper sich an die Kälte gewöhnt hat.
Regelmäßiges Eisschwimmen hat viele positive Effekte
„Die Stressreaktion dauert circa 90 Sekunden, danach entspannt sich das Nervensystem“, sagt Geiger, Ich schwimme eine Runde in dem Becken. Mehr soll niemand schwimmen, damit alle 330 Teilnehmenden bis zum Sonnenuntergang durch sind. Mir geht es vor allem darum, zwei Minuten in dem kalten Wasser auszuhalten. Denn das empfiehlt Christoph Geiger: „So nimmt man den Zyklus von Stressaktivierung und Beruhigung gut mit und hat die meisten Benefits“.
Regelmäßiges Eisschwimmen habe vor allem positive Auswirkungen auf die mentale Gesundheit, erklärt Geiger. So wird das Nervensystem regulierter, die Stimmung verbessert und die Stressresilienz erhöht. Zudem führe es zu einer verbesserten Insulinsensibilität, niedrigeren Blutdruck und habe einen antioxidativen Effekt. Durch das einmalige Eisschwimmen wie in Dünnwald passiere vor allem eine Dopamin-Ausschüttung mit Energie-Boost.
Schlussendlich bin ich gut vier Minuten im Wasser. Beim Herausgehen wird mir erst richtig kalt und dann sehr warm. Meine Haut fühlt sich an, wie ein Eisbonbon schmeckt. Ich trockne mich nicht ab, wärme mich nicht auf, halte die Kälte aus. „Wenn ich aus dem Wasser komme, ist es noch nicht vorbei“, erklärt Geiger, „dann arbeitet der Körper weiter und es ist wichtig ihm die Zeit zu geben“. Ich soll zweimal so lange draußen stehen, wie ich im Wasser war.

Nach der Kälte: Entspannung im heißen Badefass
Copyright: Martina Goyert
„Wenn man direkt ins Warme geht, kann man einen Afterdrop-Effekt auslösen“, warnt Geiger, „die Gefäße gehen zu schnell auf, kaltes Blut fließt aus den Extremitäten in den Körperkern zurück, die Kerntemperatur sinkt. Das kann gefährlich sein“. Stattdessen lasse ich meinen Körper von alleine langsam warm werden. Ich treffe Petra wieder. Sie macht mit mir eine Atemübung. Wir stehen breitbeinig und stoßen immer wieder Luft zur Seite aus. „So bringen wir den Kreislauf in Gang, ohne den Körper zu überlasten“, sagt sie.
Und dann kommt der beste Teil: Ich gehe erst in die Sauna, dann ins heiße Badefass und lasse die Entspannung komplett meinen Körper übernehmen, bevor ich mit einem Heißgetränk über den Weihnachtsmarkt schlender.

