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Kommentar

Olympia-Bewerbung
Was München kann, kann Köln auch – aber es geht um mehr

Ein Kommentar von
3 min
Visualisierung des Leichtathletikstadions mit umliegendem Olympischen Dorf für die Bewerbung NRWs.

Visualisierung des Leichtathletikstadions mit umliegendem Olympischen Dorf für die Bewerbung NRWs.

Jetzt muss sich Köln entscheiden: Nicht nur, ob für oder gegen Olympia – sondern auch, was es in Zukunft für eine Stadt sein will.

Das klare Ja zu Olympia in München strahlt weit über Bayern hinaus. Der Bürgerentscheid hat gezeigt: Großprojekte sind in unserer Republik noch gewünscht. Es ist das erste erfolgreiche Olympia-Referendum dieser Art in Deutschland, getragen von einer großen Mehrheit der Münchnerinnen und Münchner, die an die Stärke und Strahlkraft ihrer eigenen Stadt glauben. Genau dieses Selbstvertrauen fehlt Köln.

Die scheidende Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat es einmal treffend beschrieben: „Die Kölnerinnen und Kölner wissen nicht genau, ob sie Millionenstadt oder Veedelsdorf sein wollen.“ Dieser sympathische Widerspruch prägt die Stadt, aber er bremst sie auch. Denn keine andere Großstadt hadert so oft mit sich selbst. In München oder Hamburg stellt sich die Frage nach Größe und Bedeutung nicht. Dort herrscht Klarheit. „Mia san mia.“ Köln hingegen hadert – mit sich, seinen Möglichkeiten und letztlich auch mit seiner Zukunft.

„Das kriegt Köln eh nicht hin.“ Eine Einstellung, mit der sich die Stadt zur Hauptstadt der Mittelmäßigkeit macht und vor allem kleiner, als sie ist. War die Kölner Bürgerschaft nicht einmal das Gegenteil? Selbstbewusst, modern, mutig. Nach dem Krieg stand Köln für Aufbruch, Offenheit, für eine neue, lebensfrohe Republik. Es stand für Zukunft. Wofür steht Köln heute?

Nordrhein-Westfalen will sich um Spiele 2036, 2040 oder 2044 bewerben

Nordrhein-Westfalen will sich ebenfalls um die Spiele 2036, 2040 oder 2044 bewerben - als „Region Rhein-Ruhr“. Für Köln ist das eine historische Chance, sich und seine Zukunft in Teilen neu zu justieren. Denn: Ein Projekt dieser Größe braucht ein Gesicht. Eine Bewerbung, die unter einem diffusen geografischen Sammelnamen firmiert, wird international nicht verstanden. „Rhein-Ruhr“ kennt in der Welt niemand. Dieses Gesicht kann nur Köln sein, weil jede Bewerbung einen Leuchtturm braucht: Köln hat sogar zwei – die Türme des weltberühmten Doms.

Es liegt nun an der Landesregierung, Köln offiziell als sogenannte „Leadcity“ zu nominieren. Aber es liegt auch an Köln, diese Rolle anzunehmen. Mit dem neuen OB Torsten Burmester hat die Stadt ihren größten Olympia-Fan. Der Rat hat sich mit Mehrheit grundsätzlich hinter eine Bewerbung gestellt, 63 Prozent der Bürgerinnen und Bürger befürworten sie laut Umfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Voraussetzungen sind also da.

Wirtschaft, Hochschulen, Sport signalisieren längst Unterstützung. Bereits der Bewerbungsprozess brächte Köln in Bewegung, auch mit Hilfe von Bund und Land, was angesichts des desolaten Stadthaushalts eine seltene Gelegenheit wäre.

Köln könnte Vielfalt, Toleranz, Demokratie zeigen

Köln könnte Vielfalt, Toleranz, Demokratie zeigen. Werte, die diese Stadt im Innersten prägen und die Gewicht hätten. Denn während Autokratien Olympia als Machtdemonstration missbrauchen, könnte Köln beweisen, dass Weltoffenheit und Nachhaltigkeit keine Schwäche sind, sondern Stärke.

Natürlich gibt es Risiken: Kosten, Transparenz, Bürokratie. Doch das größere Risiko wäre, einfach weiterzuwursteln – im ewigen Klein-Klein, in der bequemen Ausrede, dass in Köln eben alles etwas anders läuft und schwieriger ist und die Stadt ohnehin so klamm sei, dass Zukunftsplanung nur unnötiger Luxus ist.

München hat gezeigt, dass Mut belohnt wird. Köln kann das auch. Am Ende geht es um mehr als um die Spiele. Es geht um das Selbstverständnis dieser Stadt. Ob eine Bewerbung wirklich überzeugt, entscheidet die Bürgerbefragung am 19. April. Ob Köln sich dann gegen seine deutschen Mitbewerber durchsetzt, entscheidet der DOSB im Herbst 2026. Über den finalen Ort entscheidet am Ende das IOC. Aber ob Köln endlich anfängt, wieder an sich zu glauben – das entscheidet Köln selbst. Ganz allein. Jetzt.