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Die Stadt als LeinwandAusstellung in der Kolbhalle zeigt „30 Jahre Graffitis in Köln“

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann schaut auf ein Graffiti auf einem Stromkasten.

Auch in der Nachbarschaft findet Helmut Nick Ausdrucksformen der Straßenkunst.

Helmut Nick dokumentiert in einer fotografischen Einzelausstellung die Entwicklung der lokalen Sprayer-Szene.

Ein erschöpfter, in Weiß gekleideter Amor schläft mit herunterhängenden Armen, noch gespanntem Bogen und rotem Liebespfeil auf dem Fenstersims eines Hauses. Hier braucht jemand eine Pause vom arbeitsreichen Tagwerk. Die Szenerie war oder ist irgendwo in Köln zu sehen, denn es handelt beziehungsweise handelte sich um ein Graffiti an einem Bauwerk. Festgehalten hat sie Helmut Nick mit seiner Kamera.

Der 63-Jährige ist seit mehr als drei Dekaden in den Straßen der Stadt unterwegs und sammelt Impressionen, die an Wänden, Stromkästen oder Unterführungen auf unbestimmte Zeit eine Ausstellung erfahren, die in keiner Kunstbroschüre vermerkt ist. In der Kolbhalle präsentiert der gelernte Konditor nun eine Auswahl seiner Fotos. Aus rund 12.000 Bildern stellt Nick 45 Analog- und Digitalaufnahmen vor, die ihn in besonderer Weise berühren.

Ein Mann hält einen Laptop, auf dem ein Graffiti zu sehen ist.

Fotograf Helmut Nick begibt sich seit mehr als drei Dekaden auf die Suche nach eindrücklichen Graffitis.

Graffiti: Vom politischen Protest zur anerkannten Kunstform

Obgleich er selbst nie als Sprayer aktiv war, lässt ihn die Kunst aus der Dose seit Jahrzehnten nicht mehr los. „Ich weiß selbst nicht, warum mich das so fasziniert. Vermutlich hat es damit zu tun, dass es eine sehr direkte Form des Ausdrucks ist, indem sowohl Geschriebenes als auch Bilder verankert sind“, erklärt der Rentner. In den 1980er Jahren sei er durch die unmittelbare Sprache an den Häuserwänden zunächst irritiert, dann aufgrund der darin enthaltenen Kritik an eine apathische Wohlstandsgesellschaft aufmerksam geworden.

Die künstlerische Qualität der Graffitis hat sich über die Jahre deutlich verbessert.
Helmut Nick

Seien es früher vor allem politische Botschaften aus dem linken Spektrum gewesen, die zum Widerstand gegen ausbeuterische Systeme aufriefen, habe es in den vergangenen Jahren eine Hinwendung zum Visuellen und generell zum Ästhetischen gegeben, so Nick.

„Die künstlerische Qualität der Graffitis hat sich über die Jahre deutlich verbessert. Heute sehen wir viele Werke, die zwei- oder dreidimensional angelegt sind. Auch die Vergabe von Auftragsarbeiten zur Aufwertung von tristen Flächen, etwa durch Hauseigentümer, ist mittlerweile üblich geworden. Damit wurde die Illegalität der Aktionen zum Teil überwunden“, informiert der gebürtige Kölner.

Zurzeit gebe es jedoch nicht viele städtische Areale, an denen die Sprayer ihrer Kunst nachgehen könnten. Ausnahmen seien der Mauenheimer Gürtel oder der Innenbereich des Helios-Geländes. Ein Werk des legendärsten Streetart-Artisten konnte Helmut Nick noch nicht ablichten. Der anonym agierende britische Künstler Banksy findet zwar weltweit immer wieder Nachahmer seiner Motive, doch ein Original lässt sich für Köln bis heute nicht verorten. Doch mit Bananensprayer Thomas Baumgärtel, dem Aachener Wandmaler Klaus Paier oder Harald Naegeli mit seinen Strichfiguren finden sich bekannte Vertreter im Portfolio des Sammlers.


„30 Jahre Graffiti in Köln“, Helmut Nick, 12. bis 27. April, Kolbhalle, Helmholzstraße 8, 50825 Köln, Öffnungszeiten: samstags und sonntags 14 bis 18 Uhr, montags bis freitags nach Vereinbarung, Kontakt: koelle11@netcologne.de