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Literarische SensationNeuer Roman von Thomas Pynchon angekündigt

Lesezeit 3 Minuten
Thomas Pynchon im Alter von 16 Jahren im Jahresbuch seiner Highschool in Oyster Bay, New York

Der Autor Thomas Pynchon im Jahr 1953 in seinem Highschool-Jahresbuch

Sein Verlag Penguin Random House gibt sich noch bedeckt, aber man kann Thomas Pynchons im Herbst erscheinendes Buch „Shadow Ticket“ bereits vorbestellen.

Am 7. Oktober 2025 erscheint ein neuer Roman des US-Autors Thomas Pynchon. Der Verlagskonzern Penguin Random House kündigt die Veröffentlichung von „Shadow Ticket“ in seinem Internetauftritt an, bislang allerdings eher versteckt unter der Autorenseite. Bei den großen Versandbuchhändlern kann man das mit 384 Seiten für Pynchons Verhältnisse eher schmale Buch bereits vorbestellen, nur ein Cover gibt es noch nicht. Es ist der erste Roman des Kultschriftstellers seit „Bleeding Edge“ aus dem Jahr 2013. Am 8. Mai feiert er seinen 88. Geburtstag.

Auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigt der Rowohlt Verlag die frohe Botschaft: Die deutsche Übersetzung des Romans von Dirk van Gunsteren und Nikolaus Stingl soll nur eine Woche nach der Originalausgabe, am 14. Oktober, erhältlich sein. „Nach zwölf Jahren des Wartens dürfen wir uns über einen neuen Roman von Thomas Pynchon freuen, dessen literarisches Werk stets die Grenzen unserer Wahrnehmung herausfordert“, sagt Rowohlt-Chefin Nicola Bartels. Mit „Shadow Ticket“, so die Verlegerin, zeige Pynchon erneut seinen unverkennbaren Stil und seine bemerkenswerte Fähigkeit, gesellschaftliche Themen mit einem scharfsichtigen, humorvollen und tiefgründigen Blick zu analysieren.

Der Rowohlt Verlag bestätigt die Nachricht

In „Bleeding Edge“ hatte Thomas Pynchon im Gewand einer Detektivgeschichte von der Geburt des 21. Jahrhundert aus der Dotcom-Blase und den 9/11-Anschlägen erzählt. Auch zwölf Jahre später bleibt der Autor im Schnüffler-Genre: Laut Verlag spielt „Shadow Ticket“ zur Zeit der Großen Depression in Milwaukee: Hicks McTaggart, ein ehemaliger Streikbrecher und begnadeter Lindy-Hop-Tänzer, wird als Privatdetektiv zu einem vermeintlichen Routinefall gerufen: „Er soll die Erbin eines Käsevermögens in Wisconsin ausfindig machen. Ehe er sich versieht, wird er auf ein transozeanisches Schiff verfrachtet und landet schließlich in Ungarn.“

Die weitere Synopsis verspricht das typische unzuverlässige, dabei jedoch äußerst unterhaltsame Personal einer Pynchon-Geschichte: „Nazis, sowjetische Agenten, britische Gegenspione, Swing-Musiker, Anhänger paranormaler Phänomene, gesetzlose Motorradfahrer“.

Seit „Die Enden der Parabel“ gilt Pynchon als Nobelpreis-Kandidat

Der Rest ist Spekulation: Könnte es sich bei dem tanzenden Detektiv um das „Kenosha Kid“ aus „Die Enden der Parabel“ handeln, von dem wir nur wissen, dass es aus Wisconsin stammt und von sich behauptet: „Ich hab' ‚ne Menge dieser Tänze gemacht! Ich hab‘ den Rochester Rag gemacht, und den Minneapolis Mope, und den Kansas City Kick auch!“ Oder ist sein Nachname eine Anspielung auf den idealistischen Philosophen J. M. E. McTaggart, der zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts recht schlüssig gegen die Realität der Zeit argumentierte. Im Oktober wissen wir mehr.

Bekannt wurde Pynchon in den 1960ern mit seinen Romanen „V.“ (1963) und „Die Versteigerung von No. 49“ (1969): wild mäandernde Geschichten, für deren Plots sich der Autor ausgiebig bei diversen Verschwörungserzählungen bediente. Spätestens nach seinem Hauptwerk „Die Enden der Parabel“ (1973) galt Pynchon – zusammen mit Don DeLillo – als bedeutendster Vertreter der literarischen Postmoderne und ewiger Kandidat für den Literaturnobelpreis.

Weil er legendär öffentlichkeitsscheu ist – das letzte offizielle Fotoporträt stammt aus dem Jahr 1955 – ranken sich auch um seine Person zahlreiche Verschwörungstheorien. Bei seinen bislang drei Gastauftritten in „Die Simpsons“ trägt Pynchons gelber Zeichentrick-Avatar eine braune Papiertüte auf dem Kopf. Angeblich soll er auch ein Cameo in Paul Thomas Andersons Verfilmung seines Romans „Inherent Vice“ („Natürliche Mängel“) abgeleistet haben, doch das bleibt bis heute unidentifiziert.

Andersons nächste Regiearbeit „One Battle After Another“, mit Leonardo DiCaprio in der Hauptrolle, ist eine Verfilmung von Pynchons Roman „Vineland“ (1990), sie soll Ende September in den amerikanischen Kinos anlaufen. Der Herbst bringt also eine unverhoffte Renaissance des mysteriösesten aller zeitgenössischen Autoren.