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Kommentar

Synchronsprecher
Spricht bald eine KI, wenn Brad Pitt den Mund öffnet?

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Lesezeit 2 Minuten
25.03.2021, Berlin: Schauspielerin Ulrike Johannson (l.) und Cutterin Heike Zeumer bei Tonaufnahmen im Tonstudio der Arena Synchron. Synchronisierte Fassungen haben im deutschen Fernsehen eine lange Tradition.

Schauspielerin Ulrike Johannson (l.) und Cutterin Heike Zeumer bei Tonaufnahmen im Tonstudio der Arena Synchron. 

Deutsche Synchronsprecher wenden sich an die Öffentlichkeit. Sie fürchten, von Robotern ersetzt zu werden. Das ist leider nicht unwahrscheinlich. 

Deutschland, geht der alte Witz, sei das einzige Land, in dem sogar Pornos synchronisiert werden. So lästert der Cineast, der Filme selbstredend nur in der Originalversion guckt. Dass es hierzulande eine lange Tradition lippensynchronen Übersetzens gibt, hat freilich zu hoher Qualität geführt.

Synchronsprechen ist eine angesehene Tätigkeit und ein wichtiger Beitrag zur Barrierefreiheit von Kunst und Unterhaltung. Weshalb man korrekter von „synchronschauspielern“ sprechen sollte: Im doppelten Wortsinn stellen die mehr als 2000 Menschen, die in der Branche hauptberuflich vor den Mikrofonen arbeiten, etwas dar. Sie sind uns als „Stimme von ...“ nicht weniger vertraut als die Gesichter von Scarlett Johansson oder Tom Cruise. 

Der Verband Deutscher Sprecher:innen fürchtet, eine aussterbende Tätigkeit zu vertreten

Doch der Verband Deutscher Sprecher:innen (vds) fürchtet, eine demnächst aussterbende Tätigkeit zu vertreten, weshalb er jüngst ein Video veröffentlichte, in dem die Menschen hinter den prominenten Stimmen vor ihrer klammheimlichen Abwicklung warnen: „Wir alle sollen bald eine Computerstimme bekommen. Und dann müsst ihr euch Filme ansehen, mit künstlichen Stimmen von Robotern“, warnen die deutschen Sprecher und Sprecherinnen von Angelina Jolie, Jason Momoa und SpongeBob Schwammkopf. „Und diese Roboter wurden mit unseren Stimmen trainiert, ohne unsere Zustimmung, auf illegale Weise.“

Denn längst erproben Streamingdienste und Filmstudios KI-basierte Synchronisationen. Auch wenn die Ergebnisse bislang noch wenig überzeugend ausfallen, es ist nur eine Frage der Zeit – und wir reden hier eher von Monaten als von Jahren – bis Brad Pitt auf Knopfdruck in 50 verschiedenen Zungen spricht.

Dass die Algorithmen mithilfe eben der Menschen trainiert werden, die sie dann ersetzen sollen, gehört zum Wesen der Künstlichen Intelligenz, die im Grunde ja nichts anderes ist als die Automatisierung des Plagiats im ganz großen Stil. Nicht nur die Stimmen, auch die schauspielerischen Leistungen der Synchronsprechenden werden kopiert, ihre Urheber und Urheberinnen anschließend ins Abseits gestellt.

Ja, der technische Fortschritt hat schon immer Berufe ausgelöscht und dafür neue geschaffen, vom Wagner zum Mechatroniker. Aber Diebstahl ist nicht dasselbe wie Fortschritt und gegen Diebstahl muss es Gesetze geben. Und wir als Publikum? Wir sollten ganz genau wissen wollen, wer da spricht.