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Zum Tod von Brigitte BardotDie Umweltschützerin, die eine Göttin war

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Die französische Schauspielerin Brigitte Bardot posiert mit einem riesigen Sombrero, den sie aus Mexiko mitgebracht hat, als sie am 27. Mai 1965 am Flughafen Orly in Paris, Frankreich, ankommt.

Brigitte Bardot 1965 am Flughafen Orly in Paris.

Brigitte Bardot, Frankreichs erotisches Filmidol der 50er und 60er Jahre, ist gestorben. Über eine öffentliche Frau, die sich radikalisierte.

Eine Filmkarriere kann sich, mehr als über ganze Filmwerke, vor allem über Einzelszenen definieren. Womit wurde Brigitte Bardot berühmt, was stabilisierte ihren knapp zwei Jahrzehnte währenden Filmruhm? Natürlich fällt als Erstes das extrem gute Aussehen ins Auge, die lasziv aufgeworfenen Lippen, der burschikose Charme, die animalische und doch stets kontrollierte Erotik, mit der sie ihren straffen, im klassischen Ballett gestählten Körper für gierige Männerblicke ausstellt und genau damit die Männer zu ihrer Beute macht.

Mit diesen Attributen steigt sie ab 1955 zur französischen Sexgöttin auf, die vorhandene Konkurrenz (Martine Carol) und Trittbrettfahrerinnen (Marina Vlady) mühelos überstrahlt. Ihre Initialen leisten dem Mythos des Begehrens auf ihre Weise Vorschub. Amerika hat Marilyn Monroe, Italien Claudia Cardinale und Frankreichs Exportgut Nr. 1 für den europäischen Filmmarkt heißt BB – Brigitte Bardot.

1961 spielt sie einen dem öffentlichen Interesse ausgelieferten Filmstar

Schaut man heute zurück auf jene Filme, die Bardots Karriere forcierten, stößt man vor allem auf schlüpfrige deutsche Titel, in denen es nur um das Versprechen geht, Bardot werde nicht mit ihren Reizen geizen: „Das Gänseblümchen wird entblättert“, „Die Pariserin“, „Ein Weib wie der Satan“, „In ihren Augen ist immer Nacht“ und vor allem „Und Gott schuf das Weib“, mit dem sie 1956 ebenso wie ihr Mitspieler Jean-Louis Trintignant, Regisseur Roger Vadim und der kleine Fischerort Saint-Tropez zu Weltruhm gelangte. In dem schwitzigen Melodram tanzt Bardot einen Mambo, wird dabei vom Auge der Kamera begrabscht und mit Blicken ausgezogen. Roger Vadim, der Bardot 1954 kurz nach ihrer Volljährigkeit heiratete, funktioniert die Ehefrau zur Muse und im nächsten Schritt zum Objekt voyeuristischer Begierden um.

1957 zerbricht die Ehe. Bardot offenbart künstlerische Ambitionen und findet Regisseure, die nicht nur ihre Schönheit, sondern auch ihr Talent zu schätzen wissen. In „Mit den Waffen einer Frau“ spielt sie 1958 eine Gossengöre, die mit kalter Berechnung einen vom virilen Jean Gabin gespielten Anwalt zu ihren Zwecken einwickelt. Henri-Georges Clouzot besetzt sie in ähnlicher Rolle 1960 in „Die Wahrheit“ und führt sie zu einer beeindruckend nuancierten Darstellung.

Für Louis Malle spielt sie 1961 in „Privatleben“ quasi sich selbst, einen dem öffentlichen Interesse ausgelieferten Filmstar. Für Jean-Luc Godard schließlich agiert sie – in schwarzer Kurzhaarperücke - als unnahbar schöner Star, der zur Stilikone erstarrt ist. Parallel dazu widmet sie sich einer Karriere als Chansonette, lässt mit kessem Timbre Pariser Lebensart (oder was sich damit verkaufen lässt) aufblitzen. In jene Zeit fällt die drei Jahre währende Ehe mit dem deutschen Jet-Set-Löwen Gunter Sachs, der ihr Dasein als eine der meistfotografierten Persönlichkeiten der Welt noch einmal potenziert, auch um sich selbst in diesem Ruhm zu sonnen.

Die französische Schauspielerin und Tierschützerin Brigitte Bardot hält eine Rede während einer Debatte gegen die Robbenjagd im Europäischen Rat in Straßburg, Ostfrankreich, am 23. Januar 1978.

Brigitte Bardot als Tierschutzaktivistin 1978 während einer Debatte gegen die Robbenjagd im Europäischen Rat in Straßburg,

Interessant hingegen ist die künstlerische Liaison mit Serge Gainsbourg, dem nächsten Erotomanen in ihrem Leben, der mit ihr clever ziselierte, auch im Duett vorgetragene Songs („Bonnie and Clyde“, „Harley Davidson“, „Comic Strip“) einspielt, in denen lasziv gehauchter Pop-Art-Gesang in LSD-Verzerrung über lässigen Tanzbeats schwebt. Einen Tabubruch sondergleichen markiert die Aufnahme „Je t’aime… mois non plus“, mit unverhohlen ausgelebten Schlafzimmergeräuschen, doch Bardot spricht sich kurz vor knapp gegen die Veröffentlichung der Platte aus, was zum Bruch mit Gainsbourg führt, der sich einer anderen, jüngeren Mitspielerin versichert.

Dann noch mal Louis Malle, der Bardot mit Jeanne Moreau zusammenbringt in einem Western, in dem die Erotik in komödiantischer Ironie abgefedert ist. Es ist Brigitte Bardots letzter glamouröser Auftritt, nun geprägt von den erotischen Attributen der 60er Jahre, falsche Wimpern und drumherum überdosiert Eyeliner und Smokey Eyes. Bardot ist gerade mal 30 und wirkt schon aus der Zeit gefallen, weil den Filmemachern ab 1966 nichts mehr einfällt, außer ihre Reize auszustellen. Der Tiefpunkt ist 1972 der Western „Petroleum-Miezen“, in dem sie und Claudia Cardinale eine obszön dekolletierte Rauferei austragen.

Sie nutzt ihre Bekanntheit, um gegen brutale Robbenjäger zu protestieren

1973, mit 39 Jahren, beendet Brigitte Bardot ihre Filmkarriere. Der Mythos BB, geprägt durch nylonbestrumpfte Beine, rot geschminkte Lippen, blond gefärbte Haarpracht und das Versprechen einer unersättlichen Erotik, ist in kluger Selbstgewissheit der Auseinandersetzung mit neuen Attraktionen aus dem Weg gegangen. Die gedanklichen Weichen für den folgenden neuen Lebensabschnitt wurden von ihr schon weit früher gestellt.

Bereits 1961 lässt Brigitte Bardot sich in einem Interview vernehmen, wie wichtig ihr der Schutz und die Pflege geschundener Tiere sind, dass sie die Modernisierung der Schlachtmethoden in Frankreich einfordert. In den Nachkriegsjahren, als die Menschen wieder zu etwas Wohlstand kommen und sich etwas gönnen wollen, mutet diese Einstellung exotisch an. Aber Bardot hatte in jungen Jahren Georges Franjus Kurzdokumentation „Das Blut der Tiere“ (1949) über die Schlachthöfe von Paris gesehen, was sie ihr Leben wohl auf immer geprägt hat.

War der Star zuvor als Glam-Girl für die Titelseiten der Illustrierten von Interesse gewesen, so gingen nun Fotos um die Welt, in denen sie etwa mit putzigen Heulern gegen das brutale Vorgehen von Robbenjägern protestierte. Bardot hatte ihre Berufung gefunden. Sie versteigerte fast den gesamten Privatbesitz und gründete 1986 eine Stiftung, mit deren Spendeneinnahmen sie nahe Saint-Tropez eine erste Farm zum Schutz geschundener Tiere einrichtete. Schrittweise radikalisierte sie dabei ihre Ansichten, verbrannte Pelzmoden in der Öffentlichkeit, schoss scharf gegen islamische Einwanderung und damit einhergehende rituelle Schlachtmethoden und nahm dafür mitunter saftige Geldstrafen in Kauf.

Über ihren vierten Ehemann, den Industriellen Bernard d’Ormale kam sie ab 1992 in Kontakt mit der Politikerfamilie Le Pen. Zwar blieb sie parteipolitisch neutral, verstieg sich aber bisweilen in nationalistische Behauptungen, etwa, dass Frankreichs Männer wegen schlechter Ernährung verweichlichten. Sie unterstützte die Umweltorganisation „Sea Shepherd“, solidarisierte sich mit der Gelbwestenbewegung und legte sich in hohem Alter mit Emmanuel Macron an, dem sie in offenen Briefen falsche Versprechen und Tatenlosigkeit im Blick auf Natur- und Tierschutz vorwarf.

Für schillernde Schlagzeilen war sie zumindest in Frankreich immer gut. Dann mehrten sich auch durchs hohe Alter bedingt gesundheitliche Probleme. Am 28. Dezember verstarb die Pariserin Brigitte Bardot im Alter von 91 Jahren nach kurzer Krankheit in ihren kleinen Anwesen in Saint-Tropez.