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Deichbrand FestivalMacklemore wirft Israel erneut Völkermord vor

Lesezeit 4 Minuten
Der US-Rapper Macklemore während seines Auftritts auf dem Deichbrand Festival.

Der US-Rapper Macklemore während seines Auftritts auf dem Deichbrand Festival.

Vor dem Deichbrand-Festival 2025 dreht sich alles um Antisemitismus-Vorwürfe gegen Macklemore. Die Organisatoren geben sich beste Mühe zu deeskalieren – doch der US-Rapper hat während seines Auftritts andere Pläne.

Es ist 22.30 Uhr, als Macklemore die Hauptbühne des Deichbrand-Festivals betritt. Vor der Fire Stage feiern tausende Fans den 42-Jährigen, der mit bürgerlichem Namen Ben Haggerty heißt. Macklemore beginnt mit Hits wie „Chant“ und „Thrift Shop“. Die Stimmung ist ausgelassen; die Fans wippen begeistert zum letzten Act des Abends mit.

Trotz immenser Kritik ist der US-Rapper am Sonntagabend auf dem Musikfestival in Wanhöden bei Cuxhaven aufgetreten. Vor diesem hatte unter anderem der Antisemitismusbeauftragte des Landes Niedersachsen explizit gewarnt.

Der US-Rapper Macklemore während seines Auftritts auf dem Deichbrand-Festival 2025.

Der US-Rapper Macklemore während seines Auftritts auf dem Deichbrand-Festival 2025.

„Macklemore verbreitet nicht nur durch seine politischen Aktivitäten, sondern auch in seinen Songs und bei Auftritten immer wieder antisemitische Botschaften und inszeniert die Dämonisierung Israels als popkulturelles Gemeinschaftsevent“, erklärte Gerhard Wegner vor dem Beginn des Festivals.

Beobachtungsgruppe verfolgt Festival

Der Theologe hatte angekündigt, den Macklemore-Auftritt mit einer Beobachtungsgruppe verfolgen zu wollen. Antisemitische Vorfälle wollte er dokumentieren und sichtbar machen.

Und die Beobachtungsgruppe bekam nach rund einer halben Stunde ohne politische Aussagen viele Zeilen zum Mitschreiben. Minutenlang las Macklemore ein vorbereitetes Statement vor, in welchem er mehrfach von einem „Genozid“ Israels gegen die Palästinenser sprach.

„Sie haben mich und meine Performance gecancelt, aber ich bin immer noch hier und halte mein Mikrofon in der Hand. Ich bleibe kein Beobachter“, ergänzte er später.

Währenddessen wehten Palästina-Flaggen im Publikum. Einzelne Fans hielten „Free-Palestine“-Shirts in die Luft. Auf das Statement folgte der mehrfach kritisierte Song „Hind’s Hall“.

Bildungsstätte: Mehr als einseitige Positionierung

Auch die Bildungsstätte Anne Frank kritisierte Macklemores Positionen zum Israel-Palästina-Konflikt vor seinem Auftritt in Deutschland. „Sie gehen unserer Einschätzung nach über eine einseitige Positionierung für Palästinenser und Palästinenserinnen hinaus“, hieß es von dort auf Anfrage.

Macklemore habe besonders in den neuen Songs „Hind’s Hall“ und „Fucked Up“ Stereotypen und Narrative genutzt, deren Ursprünge sich klar auf antijudaistische und antisemitische Vorstellungen bezögen.

Festival hält bewusst an Auftritt fest

Das Deichbrand-Festival entschied sich auch nach heftiger Kritik gegen eine Absage des Auftritts. „Dabei ist uns bewusst, dass das Spannungsverhältnis zwischen Kunstfreiheit und den eigenen Werten schmerzhaft sein kann und immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen bietet“, erklärten die Organisatoren bereits im April. „Als Veranstalter mit klar definierten Werten begrüßen wir diese Diskussionen ganz ausdrücklich.“

Zudem erbat das Festival-Team bei der Bildungsstätte Anne Frank Unterstützung. „Ganz konkret haben unsere Bildungsreferenten zwei digitale Vorträge über Antisemitismus für das Deichbrand-Team gehalten“, berichtet die Bildungsstätte auf Anfrage.

Darin sei es um antisemitische Narrative und ihre gesellschaftliche und individuelle Funktion gegangen. Aber auch auf Macklemore und seine Texte sei explizit eingegangen worden.

Antisemitismusbeauftragter lobt Organisatoren

Die Bildungsstätte betont, dass sie die Anfrage als „ehrlichen Wunsch empfunden habe, sich mit Antisemitismus und besonders Macklemores israelbezogenen Äußerungsformen auseinanderzusetzen.“

Auch Wegner lobte vor dem Auftritt das Engagement des Festivals gegen Antisemitismus. „Die Festival-Leitung unternimmt bemerkenswerte Anstrengungen, um Antisemitismus und andere Formen der Diskriminierung zu unterbinden. Das gilt es ganz klar zu betonen!“.

Das sagen die Festival-Besucher

Die Meinungen der Besuchenden waren vor dem Auftritt des Rappers gespalten. „Ich würde mir keine Karte extra für ein Macklemore-Konzert kaufen. Wenn das Konzert abgesagt wäre, wäre ich auch fein damit“, sagte Hannah (23). Ihre Freundin ergänzt: „Ich habe davon gestern das erste Mal gehört. Ich war schon geschockt.“

„Die kritisierten Songs kenne ich nicht. Ich finde es schwierig direkt zu sagen, er sei Antisemit und er sollte nicht auftreten. Ich habe mein Ticket auch nicht aktiv seinetwegen gekauft, aber ich nehme seinen Auftritt gerne mit“, so Finja (23).

„Wir planen das Konzert nicht in der ersten Reihe zu verfolgen, sondern eher von weiter hinten“, sagte Sven (26).

Am Ende seines Auftritts brachte Macklemore seine Fans dazu mehrere Male „Peace“ zu rufen, um sich mit einem weiteren „Free Palestine“ und dem Song „I Feel Good“ von der Bühne zu verabschieden.

Wegner und seine Beobachtungsgruppe werden auch da noch einmal ganz genau aufgepasst haben. „Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass die Organisatoren Macklemore nicht hätten einladen sollen. Er missbraucht das Deichbrand Festival für seine Botschaften“, resümierte Wegner nach dem Auftritt. (RND)