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100.000 auf der FluchtNeue Kämpfe an Grenze zwischen Thailand und Kambodscha

Lesezeit 3 Minuten
Die Situation war am Donnerstag eskaliert.

Die Situation war am Donnerstag eskaliert.

An der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha wird weiter gekämpft. 100.000 Menschenmussten bereits in Sicherheit gebracht werden. 

An der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha sind am Morgen erneut Feuergefechte entbrannt. „Warnung: Derzeit kommt es in mehreren Grenzgebieten zu Zusammenstößen“, teilte die thailändische Armee auf Facebook mit. Die Zeitung „Khaosod“ zitierte einen Militärsprecher mit den Worten, Kambodscha beschieße Thailand an verschiedenen Grenzorten seit 4.00 Uhr morgens mit Feldartillerie und BM-21-Raketen. Thailand reagiere „entsprechend“, hieß es. Menschen in der Region im Nordosten Thailands wurden aufgefordert, das Gebiet unbedingt zu meiden.

Der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen den beiden südostasiatischen Nachbarn war am Donnerstag gefährlich eskaliert. Nach Schusswechseln an der Grenze hatte das thailändische Militär eigenen Angaben zufolge Kampfjets gegen kambodschanische Stellungen eingesetzt. Kambodscha reagierte mit Artilleriefeuer, auch auf Wohngebiete.

100.000 Anwohner auf der Flucht

Der Regierung in Bangkok zufolge ist die Zahl der Todesopfer in Thailand mittlerweile auf 15 gestiegen - 14 Zivilisten und ein Soldat. 46 Menschen wurden verletzt, darunter 31 Zivilisten. 100.000 Anwohner aus vier Provinzen (Ubon Ratchathani, Si Sa Ket, Surin und Buriram) wurden laut Innenministerium in etwa 300 Evakuierungszentren in Sicherheit gebracht. 

Nach Berichten des thailändischen Militärs sollen mindestens 24 kambodschanische Soldaten getötet worden sein. Die Zeitung „Phnom Penh Post“ schrieb, dass zudem ein 70-jähriger Geistlicher bei der Bombardierung einer Pagode ums Leben gekommen sei.

Die Geflüchteten wurden in 300 Evakuierungszentren untergebracht.

Die Geflüchteten wurden in 300 Evakuierungszentren untergebracht.

Worum geht es?

Beide Länder trennt eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze, deren Verlauf noch in der Kolonialzeit festgelegt wurde. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung aber unterschiedlich. Im Zentrum des Streits steht der Tempel Prasat Preah Vihear (vermutlich aus dem 10. bis 12. Jahrhundert), der seit 2008 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört und von beiden Ländern beansprucht wird.

Der umstrittene Tempel soll durch die Kämpfe Schaden genommen haben: „Die Attacken, die sowohl Artilleriebeschuss als auch Luftangriffe umfassten, haben die heilige Stätte, die für das kambodschanische Volk von immenser kultureller, historischer und spiritueller Bedeutung ist, schwer beschädigt“, teilte das Kulturministerium in Kambodscha mit. 

Wer die Kämpfe gestartet hat, war derweil weiter unklar. Beide Seiten werfen sich vor, das Feuer eröffnet zu haben. Der kambodschanische Ministerpräsident Hun Manet hatte noch am Donnerstag den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, dringend eine Sitzung zu dem „unprovozierten, vorsätzlichen und gezielten Angriff auf Kambodscha“ einzuberufen. Das UN-Gremium will am Freitagabend (MESZ) zu dem Thema zusammenkommen.

USA und UN fordern Ende der Kämpfe

Die USA zeigten sich derweil „zutiefst besorgt“ über die Situation an der Grenze. „Besonders beunruhigt sind wir über Berichte über den Tod unschuldiger Zivilisten“, hieß es in einer Mitteilung, die von der US-Botschaft in Bangkok veröffentlicht wurde. „Wir fordern dringend die sofortige Einstellung der Angriffe, den Schutz der Zivilbevölkerung und eine friedliche Beilegung der Streitigkeiten.“

Die Kämpfe gingen am Freitagmorgen weiter.

Die Kämpfe gingen am Freitagmorgen weiter.

UN-Generalsekretär António Guterres forderte größtmögliche Zurückhaltung beider Seiten. Die Probleme müssten im Dialog und im Geiste guter Nachbarschaft gelöst werden. Auch der Ministerpräsident von Malaysia, dessen Land in diesem Jahr der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean vorsteht, forderte umgehende Verhandlungen. Beide Länder seien wichtige Mitglieder des Bundes. „Frieden ist die einzige Option“, sagte er.

Das Auswärtige Amt passte seine Sicherheitshinweise an. „Von Reisen in das Grenzgebiet zu Kambodscha wird dringend abgeraten“, heißt es auf der Webseite. Eine weitere Eskalation könne nicht ausgeschlossen werden. (dpa)