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„Friedensplan“
Europa muss Trumps Sprengsatz zurückwerfen

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Die Arbeitssitzung am zweiten Tag beim G20 Gipfeltreffen. Der G20-Gipfel findet erstmalig in Afrika statt. Die Staatschefs der Gruppe führender Volkswirtschaften China, Russland und der USA sind nicht gekommen.

Die Arbeitssitzung am zweiten Tag beim G20 Gipfeltreffen. Die Staatschefs von China, Russland und der USA sind nicht gekommen.

Kanzler Merz und Amtskollegen müssen Trumps 28-Punkte-Plan für ein Ende des russischen Krieges umschreiben. Sonst stürzt die Ukraine in den Abgrund und die EU ins Chaos.

Donald Trump hat mit seinem „Friedensplan“ für die von Russland überfallene Ukraine einen Sprengsatz nach Europa geworfen. Sollte das Papier mit der Handschrift Moskaus nicht fundamental geändert werden, stürzt die Ukraine in den Abgrund und die Europäische Union in Chaos und Bedeutungslosigkeit. Wenn Europa mit seinen 500 Millionen Bürgern in der Welt noch eine ernstzunehmende Stimme sein will, muss sie Trumps 28-Punkte-Plan jetzt ihrerseits sprengen, und zwar so, dass der US-Präsident sich trotzdem für den Besten hält.

Noch sendet der zur Freude des Kremlchefs dieses Signal aus: Wer seinen Nachbarn völkerrechtswidrig überfällt, wird belohnt. Die Ukraine soll nach Trumps Wünschen sogar Gebiete an Russland abtreten, die sie derzeit erfolgreich verteidigt. Sie soll ihre Armee um gut ein Viertel verkleinern und einem Nato-Beitritt abschwören. Die Nato soll ganz nebenbei keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen dürfen. Eine bessere Ausgangslage, die Ukraine aufs Neue zu überfallen, kann Putin gar nicht bekommen.

Die Sicherheitsgarantien, von denen die USA sprechen, kann sich die Ukraine in die Haare schmieren. Sie lesen sich wie bloße Absichtserklärungen. Ebenso, dass sich Moskau verpflichten soll, künftig auf weitere Angriffe zu verzichten. Trump hat offenbar keinen Schimmer, dass genau das schon 1994 im Budapester Memorandum vereinbart wurde, als die Ukraine ihre Atomwaffen abgab – unter der Zusicherung von Sicherheitsgarantien der USA und dem russischen Versprechen, sie nicht anzugreifen. Es hat sie nicht geschützt.

Trumps Signal: Wer seinen Nachbarn überfällt, wird belohnt

Nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 begnügte sich der Westen mit dem Rauswurf Russlands aus dem Bund der G8-Industriestaaten. Und Deutschland und Frankreich vermittelten zwischen Moskau und Kiew ein Friedensabkommen, das Putin mit seinem Überfall 2022 hinwegfegte. Und jetzt gehört zu Trumps „Friedensplan“ auch noch die Rückkehr Russlands zu G8. Damit wäre auch dieses Format eine Farce. Die Frage, ob Putin gegen Trump etwas in der Hand hat, das ihn erpressbar macht, drängt sich geradezu auf.

Dass ein US-Präsident einen G20-Gipfel – als einziger – boykottiert, stört zwar die regelbasierte Weltordnung. Doch die europäischen Partner sind in Johannesburg gegen die USA und für die Ukraine zusammengerückt und haben Trump einen Gegenvorschlag geschickt. Für Südafrika ist es bitter, dass erstmals ein G20-Gipfel auf dem afrikanischen Kontinent ausgerichtet wird und es wieder nicht um Afrikas Probleme geht: Armut, Klimawandel, Schuldenlast – und ebenfalls Gewalt und Krisen wie im Sudan.

Aber der Blick geht nun in die Schweiz, wo die Sicherheitsberater der Ukraine, Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens mit den USA versuchen wollen, aus Trumps kruden Ideen ein echtes Friedenspapier zu machen. Um die Ukraine zu retten. Und auch Europa.