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Jens Spahn als Unions-Fraktionschef?„Merz begeht mit dieser Personalentscheidung einen großen Fehler“

Lesezeit 4 Minuten
Friedrich Merz (l.) im Gespräch mit Jens Spahn. Die CSU hat offenbar zugestimmt, dass Spahn neuer Fraktionschef der Union werden soll. (Archivbild)

Friedrich Merz (l.) im Gespräch mit Jens Spahn. Die CSU hat offenbar zugestimmt, dass Spahn neuer Fraktionschef der Union werden soll. (Archivbild)

Jens Spahn soll wohl neuer Fraktionschef der Union werden. Aus der SPD kommt scharfe Kritik – die Grünen warnen unterdessen Friedrich Merz. 

In der Union verdichten sich die Hinweise, dass der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn neuer Fraktionschef im Bundestag werden soll. Die CSU habe einem entsprechenden Plan von CDU-Chef Friedrich Merz zugestimmt, hieß es am Donnerstag aus dem Umfeld des CSU-Vorsitzenden Markus Söder. Zuvor hatte der „Münchner Merkur“ darüber berichtet. CDU und CSU bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft. Ein Sprecher der Unionsfraktion wies darauf hin, dass die Personalien in diesem Zusammenhang zeitnah entschieden würden.

Spekulationen, dass Spahn den Top-Posten bekommen könnte, gibt es schon seit einiger Zeit. Die „Bild“-Zeitung hatte vor einigen Tagen berichtet, dass dies der Wunsch von Merz sei, dass die Zustimmung Söders aber noch ausstehe. Aus Unionskreisen hieß es zu dem Bericht anfangs lediglich, Merz und Söder würden „zu gegebener Zeit“ einen Vorschlag machen. Dem müssen die 208 Abgeordneten von CDU und CSU dann noch mehrheitlich zustimmen.

Berichte: Jens Spahn wird neuer Unions-Fraktionschef

Derzeit wird die Unionsfraktion von Merz geleitet, der am 6. Mai vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden soll. Voraussetzung ist, dass ein kleiner Parteitag der CDU am 28. April und die Mitglieder der SPD bis zum 29. April dem Koalitionsvertrag zustimmen. Die CSU hat dies bereits getan. Spahn war bisher stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Jens Spahn (CDU) spricht im Deutschen Bundestag. (Archivbild)

Jens Spahn (CDU) spricht im Deutschen Bundestag. (Archivbild)

Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Spahn muss sich derweil scharfe Kritik vom Koalitionspartner von CDU und CSU gefallen lassen. Angesichts der jüngsten Umfragewerte für die AfD gab SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Union eine Mitverantwortung für die Zustimmung zu der vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextrem eingestuften Partei.

SPD-Fraktionsvize attackiert Jens Spahn und Julia Klöckner

„Dass die AfD nun noch einmal steigt in den Umfragen, liegt auch daran, dass Unionspolitiker unnötig die AfD in Interviews wieder in den Mittelpunkt von Debatten rücken oder deren Narrative auch gegenüber den Kirchen bedienen“, sagte Wiese den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagausgabe). „Damit macht man die radikalen Ränder selbst nur größer.“

Wiese spielte auf Äußerungen des CDU-Politikers Jens Spahn und von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) an. Spahn hatte einen neuen Umgang mit der AfD im Bundestag gefordert, „wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch“. Klöckner riet den Kirchen, sich auf seelsorgerische Aufgaben zu konzentrieren. Bei tagespolitischen Themen sollten sie sich aber zurückhalten. Die Kirchen drohen ansonsten „beliebig“ zu werden und als eine von vielen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zu erscheinen.

Union abgehängt: AfD mittlerweile stärkste Kraft in Umfragen

Die AfD hatte kürzlich bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa erstmals die Union überholt. Die Rechtsaußen-Partei kam in der am Dienstag bei RTL und ntv veröffentlichten Erhebung auf 26 Prozent – ein Plus von zwei Punkten im Vergleich zur Vorwoche. CDU und CSU blieben bei 25 Prozent und waren damit in dieser Umfrage nur noch zweitstärkste Kraft.

Die Grünen kritisierten die kolportierte Entscheidung für Spahn als Fraktionschef am Donnerstag unterdessen mit deutlichen Worten. „Merz begeht mit dieser Personalentscheidung einen großen Fehler“, schrieb Till Steffen, parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der Grünen, am Donnerstag auf der Plattform X.

„Spahn wartet nur darauf, dass Merz ins Straucheln gerät“

„Der Trump-Versteher Spahn, in dieser Lage – jemand, der so am rechten Rand polarisiert, ist völlig ungeeignet, um die Unionsfraktion für Merz' Vorhaben zu einigen“, fügte Steffen an. Merz schwäche somit seine Position, führte der Grünen-Politiker aus und warnte den vermutlich nächsten Bundeskanzler vor seinem Parteikollegen. „Spahn wartet nur darauf, dass Merz ins Straucheln gerät. Nun ist er in einer besseren Lage, eine Koalition mit der AfD vorzubereiten.“

Spahn hatte sich zuvor am Mittwoch erneut zur AfD geäußert. „Die gemeinsame Aufgabe von Union und SPD ist es, Probleme zu lösen und so die AfD zu halbieren“, sagte der CDU-Politiker den „Westfälischen Nachrichten“ am Donnerstag. „Die größte Sorge der AfD ist, dass Deutschland gut regiert wird“, sagte Spahn. Auf die nächsten vier Jahre komme es deswegen besonders an. „Das ist jetzt vielleicht der letzte Schuss der demokratischen Mitte.“

Zentrale Aufgabe der neuen Koalition sei es, schnell die illegale Migration zu beenden, für Wachstum zu sorgen, Jobs zu sichern und die innere Sicherheit zu stärken. „Ich wünsche mir, dass wir mit dieser neuen Koalition sehr schnell wieder zu Zuversicht kommen“, sagte Spahn weiter. (das/dpa/afp)