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Neues Waffenpaket für die UkraineDeutschland liefert Luftabwehr, Panzer und Drohnen im Milliardenwert

Lesezeit 4 Minuten
Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, spricht mit Medienvertretern während eines Treffens der Verteidigungsminister im Nato-Hauptquartier in Brüssel. .

Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, spricht mit Medienvertretern während eines Treffens der Verteidigungsminister im Nato-Hauptquartier in Brüssel. .

Deutschland sagt der Ukraine neue Waffen zu. Gleichzeitig gibt es Berichte über Mängel an deutschem Kriegsgerät – Pistorius zeigt sich überrascht.

Die Ukraine hat beim Ramstein-Treffen im Nato-Hauptquartier in Brüssel neue Militärhilfe in Milliardenhöhe zugesagt bekommen. Ein Großteil der Waffenlieferungen stammt aus Deutschland. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte zu Beginn des Treffens am Freitag, Kiew erhalte von Deutschland neben Waffen im Umfang von 7 Milliarden Euro in diesem Jahr weitere Militärhilfen im Umfang von zusätzlichen 8 Milliarden Euro bis 2029. Mit den Geldern sollen unter anderem Luftverteidigungsmittel für die Ukraine beschafft werden. „Es geht also weiter mit unserer zuverlässigen Unterstützung“, sicherte Pistorius Kiew zu.

Konkret sollen noch in diesem Jahr vier IRIS-T Luftverteidigungssysteme mit 300 Lenkflugkörpern, 300 Aufklärungsdrohnen, 120 MANPADS zur Luftverteidigung am Boden, 25 Schützenpanzer Marder, 15 Kampfpanzer Leopard 1A5, 14 Artilleriesysteme sowie 100 Bodenüberwachungsradare an die ukrainischen Streitkräfte übergeben werden. Aus Bundeswehrbeständen habe man in den letzten Tagen bereits 30 Lenkflugkörper für Patriot-Luftverteidigungssysteme an die Ukraine übergeben. Weitere IRIS-T-Systeme und Bodenüberwachungsradare sollen folgen.

Weitere Militärhilfen für die Ukraine

Auch viele weitere Länder sicherten der Ukraine neue Militärhilfe zu. Großbritannien und Norwegen kaufen für etwa 500 Millionen Euro Drohnen, Radarsysteme und Panzerabwehrminen für die Ukraine. Aus Estland werde die Ukraine unter anderem Aufklärungs- sowie Angriffsdrohnen erhalten. Der estnische Verteidigungsminister Henno Pevkur rief ebenfalls dazu auf, die Lieferungen zu beschleunigen. „Mai und Juni werden die entscheidenden Monate sein“, sagte er.

Der Sommer könnte sehr schwierig werden für die Ukraine
Litauens Verteidigungsministerin Dovilė Šakalienė

Der Kreml lege viel Wert auf bestimmte Daten, vor allem auf den 9. Mai, den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland im 2. Weltkrieg. „Russland wird bis dahin versuchen, einen Deal oder eine Art Feuerpause mit den USA auszuhandeln“, vermutet Pevkur. Auch Litauens Verteidigungsministerin Dovilė Šakalienė warnte: „Der Sommer könnte sehr schwierig werden für die Ukraine.“ Die Verbündete sollten daher die für später im Jahr geplante Unterstützung vorziehen.

Kommunikation in der Ukraine soll sichergestellt werden

Neu ist die Gründung einer weiteren sogenannten Fähigkeitskoalition „Elektromagnetischer Kampf“, wie das Verteidigungsministerium in Berlin mitteilte. Gemeinsam mit zehn Partnern unterstütze Deutschland die Ukraine unter anderem bei der Sicherstellung der eigenen Kommunikation, der Aufklärung und Störung gegnerischer Kommunikation und der Drohnenabwehr.

An dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe im Ramstein-Format nehmen rund 50 Länder teil. Der US-Verteidigungsminister Pete Hegseth und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj werden per Video zugeschaltet. Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow informierte über die Lage an der Front und sagte, welche Verteidigungsgüter seine Streitkräfte derzeit am dringendsten benötigen.

Deutschland hatte vor kurzem zusammen mit Großbritannien die Führung der Ukraine-Kontaktgruppe von den USA übernommen. Washington hatte sich nach der Amtsübernahme Donalds Trumps weitgehend zurückgezogen. Sie will Kiew und Moskau stattdessen möglichst schnell zum Abschluss einer Waffenstillstandsvereinbarung bewegen und hatte Kiew keine größeren Waffenpakete mehr zugesagt. Andere Länder befürchten, dass ein erzwungener Waffenstillstand zulasten der Ukraine gehen könnte.

Pistorius von Mängeln an deutschem Kriegsgerät überrascht

Pistorius äußerte sich am Rande des Treffens auch zu Medienberichten, wonach viele gelieferte deutsche Waffen untauglich für den Kriegseinsatz seien. Einem internen Bundeswehrpapier zufolge habe die ukrainische Armee große Probleme mit von Deutschland gelieferten Waffensystemen. Es handelt sich dabei um ein Dokument, das aus einem Vortrag des stellvertretenden Militärattachés der deutschen Botschaft in Kiew stammt. Demnach sei kaum ein deutsches Kriegsgerät uneingeschränkt kriegstauglich.

Die Panzerhaubitze 2000 soll eine hohe Fehleranfälligkeit und der Leopard-Kampfpanzer einen hohen Aufwand bei der Instandsetzung aufweisen. Eine Reparatur an der Front sei oft nicht möglich. „Diese Berichte habe ich mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, weil wir im regelmäßigen Austausch sind mit unseren ukrainischen Partnern“, so Pistorius. Beschwerden dieser Art seien ihm nicht bekannt. Einzelnes Gerät könne aber immer ausfallen oder nach dreijährigem Kampfeinsatz nicht mehr funktionieren. Er werde mit seinem ukrainischen Kollegen aber darüber sprechen, kündigte der Minister an.

In der Vergangenheit waren beim Kriegseinsatz in der Ukraine immer wieder Mängel an deutschen Waffen aufgefallen. Bei der Panzerhaubitze 2000 war es unter anderem zu Softwareproblemen gekommen und das Geschützrohr überhitzte oder musste früher als vorgesehen ausgetauscht werden. Experten verwiesen auf den Verschleiß durch den kriegsbedingten Dauereinsatz. Ein Problem für die Ukraine ist jedoch, dass es immer wieder einen Mangel an Ersatzteilen gibt, etwa an Erstatzrohren. Positiv äußerte sich der Militärattaché dagegen über den Flugabwehrpanzer Gepard und den Schützenpanzer Marder. Sie seien zuverlässig, effizient und beliebt in der Ukraine.