Nachdem das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium 2022 getrennt wurden, muss nun auch das Landesumweltamt (LANUV) dran glauben. Schäfer Simon Darscheid kämpft nun mit Doppelstrukturen.
Mehr BürokratieLässt Schwarz-Grün NRWs Schafhalter im Stich?

Schafhalter Simon Darscheid aus Hennef-Söven klagt, für die Schafhalter sei seit der Regierungsbildung nichts besser und vieles schlimmer geworden.
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Simon Darscheid ist so schnell nicht aus der Ruhe zu bringen. Er ist Schafhalter in Hennef, kümmert sich derzeit um 200 Muttertiere und ihre Lämmer. Tag für Tag baut er mobile Elektrozäune auf, um die weiterziehende Herde vor Wölfen zu schützen. Die Größe der Weidefläche, Uhrzeit und die Art der Stromversorgung muss er in einem „Weidezauntagebuch“ dokumentieren. „Ein bürokratischer Irrsinn“, ärgert sich Darscheid. „Der Aufwand wird immer größer.“
Darscheid ist kein Freund der Wölfe, aber er akzeptiert, dass es in der Natur der Tiere liegt, Beute zu reißen. Der Aufwand, den die schwarz-grüne Landesregierung den Schafhaltern aufzwingt, werde allerdings von der Politik verursacht. „Die Trennung des Umweltbereichs von der Landschaft ist ein Ergebnis des Postenpokers zwischen CDU und Grünen bei der Regierungsbildung“, sagt der Schafhalter. „Dadurch ist jetzt beim Schutz der Schafe eine doppelte Verantwortlichkeit entstanden.“ Rechtliche Rahmenbedingungen und Anforderungen an den Herdenschutz definiert der Umweltsektor, die Umsetzung liegt bei der Landwirtschaftskammer.
Opposition spricht von „Symbolpolitik auf Steuerzahlerkosten“
Die Aufspaltung des Umweltressorts wurde 2022 von CDU und Grünen vereinbart. Um den Grünen Oliver Krischer, bis dahin Staatssekretär im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck in Berlin, nach NRW zu locken, bot Spitzenfrau Mona Neubaur dem Politiker aus Düren ein „Superministerium“ an, zu dem die Bereiche Umwelt und Verkehr gehören. Gleichzeitig wurde die Landwirtschaft für die CDU abgeknapst. Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen „ist der Schlagbaum in der Koalition, der allzu viel Umweltschutz im Sinne der eigenen Klientel ausbremsen soll“, sagt René Schneider, umweltpolitischer Sprecher der SPD im Landtag. Dietmar Brockes, Umwelt-Experte der FDP, spricht von einer „Symbolpolitik auf Steuerzahlerkosten“.

Oliver Krischer (Grüne) ist seit 2022 Minister für Umwelt und Verkehr in NRW.
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Seit der Regierungsbildung, so klagt Darscheid, sei für die Schafhalter nichts besser, aber vieles schlimmer geworden. Es ist aufwendiger, Anträge zu stellen, die Auswertung von Genetik-Proben bei Schafsrissen dauerten oft bis zu sechs Wochen. Bislang war mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz nur eine nachgelagerte Behörde für das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium (LANUV) zuständig. Aber seit Anfang April hat jeder Minister offiziell seine Behörde. Das LANUV wurde aufgespalten - in das „Landesamt für Natur, Umwelt und Klima“ und das „Landesamt für Verbraucherschutz und Ernährung“.
Keine gute Idee, findet Darscheid. Statt – wie versprochen - die Verwaltung zu modernisieren, wird sie hier durch die Doppelstruktur künstlich aufgebläht. „Mehr Behörden verursache doch immer mehr Bürokratie und mehr Kosten. Für die Betroffenen bringt das keinen Mehrwert.“ Doppelstrukturen entstünden, Ansprechpartner seien für Betroffene unklar.

NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU, links) informiert sich über ein Umweltprojekt im Kottenforst bei Bonn. Für die CDU wurde die Landwirtschaft vom Ministerium Umwelt und Verkehr abgeknapst.
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Der Bund der Steuerzahler kalkuliert allein für das erste Jahr Mehrkosten von 1,35 Millionen Euro. Die Landesregierung habe jede Kritik daran „in den Wind geschlagen und die Trennung von Umwelt- und Landwirtschaftsressort auf lange Zeit manifestiert“ ärgert sich SPD-Politiker Schneider: „Für Weidetierhalter heißt das ,Willkommen im verrückten Labyrinth‘. Bei so einem Murks ist es mehr als verständlich, dass die Menschen den Eindruck haben, dass NRW nicht mehr funktioniert.“
Darscheids Schafe werden von dem „Leuscheider Rudel“ bedroht. Früher reichte ein Zaun von 90 Zentimeter Höhe, um die Herde zu schützen, mittlerweile sind die Zäune 1,20 Meter hoch. „Ich finde regelmäßig an den Absperrungen Kotspuren der Wölfe. Ohne meine beiden Herdenschutzhunde hätte ich sicher schon Verluste zu beklagen“, ist sich Darscheid sicher. Auf die Pyrenäenberghunde ist Verlass. „Immerhin“, sagt der Halter.
Das NRW-Umweltministerium ließ konkrete Fragen zu dem Vorgang unbeantwortet. Die „zentralen Aufgaben und Fachfragen des Naturschutzes“ würden durch die Umstrukturierung auf Landesebene „in einem Hause zusammengeführt und bearbeitet“. Für das Wolfsmanagement seien mit der Neuorganisation keine Änderungen verbunden.