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Nach Schüssen in DüsseldorfPolizist wegen versuchten Totschlags vor Gericht

Lesezeit 2 Minuten
Der Schriftzug "Polizei" auf der Kühlerhaube eines Autos

Lag keine Bedrohungssituation vor, als der junge Polizeibeamte im August auf einen flüchtenden Mann schoss?

Drei Schüsse hatte ein Polizeibeamter auf einen flüchtigen Tatverdächtigen nahe dem Düsseldorfer Hauptbahnhof abgegeben. Ein Projektil traf diesen am 10. August 2024 in den Rücken. Nur durch das schnelle Eingreifen der Sanitäter und einer Notoperation überlebte der 32-jährige Angeschossene.

Zunächst hatte die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft beim Schöffengericht wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat inzwischen das Düsseldorfer Schwurgericht den Fall übernommen. „Der Vorsitzende hat einen Hinweis gegeben, dass auch eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags in Betracht kommt“, berichtete Vera Drees, Sprecherin des Düsseldorfer Landgerichts auf Anfrage. Mitte Mai soll der Prozess beginnen, vier Verhandlungstage sind angesetzt. Sollte der 27-jährige Beamte wegen versuchten Totschlags verurteilt werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Allerdings könnte das Urteil angesichts mildernder Umstände auch geringer ausfallen.

Schlüsselbund für Messer gehalten

Der Anklage zufolge lief der Polizeieinsatz in der August-Nacht im WGZ Bank Park hinter dem Bahnhof aus dem Ruder. Bei der Polizei war ein Notruf eingegangen, wonach ein Mann mehrere Personen mit einem Messer bedrohe. Eine Streife machte sich auf den Weg. Im Park stellten die zwei Beamten einen Tatverdächtigen. Offenbar hielten die Polizistin und ihr Kollege den Schlüsselbund in der Hand des Mannes für ein Messer.

Die Einsatzkräfte sollen den 32-Jährigen aufgefordert haben, sich auf den Boden zu legen. Als dieser nicht reagierte, streckte man den Mann wohl mittels Taser nieder, um ihn zu fixieren. Dieser aber stand wieder auf und flüchtete. Die Beamten nahmen die Verfolgung auf.

Der 27-jährige Polizeikommissar griff zur Pistole und feuerte auf den Fliehenden. Michael Emde, Verteidiger des Polizisten, wollte auf Anfrage keinen Kommentar zu den Vorwürfen abgeben.

Nach Recherchen dieser Zeitung scheint der Schusseinsatz nicht gerechtfertigt gewesen zu sein. Der angeschossene Mann soll laut den Ermittlungen unbewaffnet gewesen sein. Ein Messer fand sich nicht. Eine Bedrohungslage für die Beamten soll nicht vorgelegen haben. Sollte der Schütze im Prozess zu einem Jahr oder mehr verurteilt werden, muss er seinen Dienst quittieren.