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Kommentar

Thema beherrscht USA
Trump und Epstein: Frisches Futter für Amerikas Verschwörungsfreunde

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Lesezeit 4 Minuten
US-Präsident Donald Trump hält im Oval Office des Weißen Hauses eine unterzeichnete Anordnung hoch, die darauf abzielt, die verbleibenden Bundesunterlagen über die Ermordung von Präsident John F. Kennedy, Senator Robert F. Kennedy und Martin Luther King Jr. freizugeben. (Archivbild)

US-Präsident Donald Trump hält im Oval Office des Weißen Hauses eine unterzeichnete Anordnung hoch, die darauf abzielt, die verbleibenden Bundesunterlagen über die Ermordung von Präsident John F. Kennedy, Senator Robert F. Kennedy und Martin Luther King Jr. freizugeben. (Archivbild)

Mit der Veröffentlichung historischer FBI-Ermittlungsakten versucht Donald Trump von seiner Verwicklung in den Epstein-Fall abzulenken.

Mehr als ein halbes Jahrhundert liegt die Ermordung von Martin Luther King zurück. Und seit achteinhalb Jahren sitzt Barack Obama nicht mehr im Weißen Haus. Doch für Donald Trump scheinen der tödliche Schuss auf den Bürgerrechtler und die Aktivitäten des Ex-Präsidenten aktuell allerhöchste Priorität zu genießen.

Am Montag ließ er 230.000 Seiten mit FBI-Ermittlungsakten zu dem historischen Attentat veröffentlichen. Wenig später erregte er sich über „das Verbrechen des Jahrhunderts“: Obama habe Berichte über Trumps Russland-Connection erfunden: „Eine große Bedrohung für unser Land!!!“

Donald Trump wütet auf „Truth Social“

Seit ein paar Tagen schon wütet der Präsident auf seinem Propagandakanal „Truth Social“ noch wilder als sonst: Erst forderte er, der demokratische Senator Adam Schiff müsse ins Gefängnis wandern – „wegen eines echten Verbrechens, nicht eines, das die Ankläger erfunden haben“.

Dann postete er ein KI-generiertes gefälschtes Video von der Festnahme Obamas wegen „hochverräterischer Verschwörung“ im Jahr 2016. Und schließlich verlangte er die Rück-Benennung des Football-Teams Washington Commanders in „Washington Redskins“ (Rothäute) – eine inzwischen als rassistisch geltende Bezeichnung für die indigene Bevölkerung.

Nur zu dem Thema, das derzeit die öffentliche Debatte in den USA beherrscht, äußert sich Trump derzeit nicht: seiner Verbindung zu dem Sexualstraftäter Jeffrey Epstein. Zwischen 1990 und 2004 hatten die beiden Milliardäre Kontakt, es gibt Fotos von gemeinsamen Partybesuchen in New York und Mar-a-Lago. Für eine Verwicklung Trumps in den kriminellen Mädchenhandel des 2019 in seiner Gefängniszelle verstorbenen Epstein gibt es keinerlei Beweise.

Aber in der vergangenen Woche berichtete das konservative „Wall Street Journal“ über einen anzüglichen Brief von Trump zu Epsteins 50. Geburtstag, in dem kryptisch von Gemeinsamkeiten der beiden Männer und einem „Geheimnis“ die Rede ist.

Aktivisten hängen ein Plakat, das US-Präsident Donald Trump und Jeffrey Epstein zeigt, an einer Bushaltestelle in der Nähe der US-Botschaft auf.

Aktivisten hängen ein Plakat, das US-Präsident Donald Trump und Jeffrey Epstein zeigt, an einer Bushaltestelle in der Nähe der US-Botschaft auf. (Archivbild)

Seither tut Trump alles, um von der Affäre abzulenken – mit freilich mäßigem Erfolg. Zunächst verklagte er das „Wall Street Journal“ und seinen Verleger Rupert Murdoch auf Schadenersatz in Höhe von 20 Milliarden Dollar. Doch über die Zulassung der Klage muss ein von Ex-Präsident Barack Obama ernannter Richter entscheiden. Es ist möglich, dass er das Begehren abweist.

Dann kündigte Trump die Veröffentlichung ausgewählter Unterlagen aus der Epstein-Anklage an. Doch auch das muss von einem Richter genehmigt werden und könnte Monate dauern. Außerdem ist absehbar, dass die wesentlich umfangreicheren FBI-Ermittlungsunterlagen zu Epsteins Finanzen und seinem Netzwerk in der High Society unter Verschluss blieben.

Löst er das Wahlkampf-Versprechen zu Sexhandel-Akten ein?

Im Wahlkampf aber hatten Trump und namhafte Mitglieder seiner Regierung ausdrücklich versprochen, sämtliche Epstein-Akten freizugeben. Seine rechte Basis besteht darauf, weil sie vermutet, dass prominente Vertreter der linksliberalen Elite in den monströsen Sexhandel mit Minderjährigen verwickelt waren. Deshalb versucht der Präsident nun, das verschwörungsideologische Interesse seiner Anhänger auf andere Themen wie die Ermordung Kings oder die angebliche Intrige Obamas zu lenken und sich gleichzeitig als Opfer der „Fake News“ darzustellen. Das hat eine gewisse Wirkung gezeigt. Offene Angriffe gegen Trump gibt es auch von den extremen Vertretern seiner Partei nicht.

Doch die Vernebelungsstrategie stößt an Grenzen. So ist der republikanisch dominierte Kongress durch den Epstein-Fall praktisch lahmgelegt. Zwar hat Mike Johnson, der Sprecher des Repräsentantenhauses, sein Plädoyer für eine Veröffentlichung der Akten inzwischen zurückgezogen und vertritt den Trump-Kurs. Doch einige Hardliner in seiner Fraktion bestehen darauf, über einen entsprechenden Antrag abzustimmen. Solange das nicht geschieht, blockieren sie die Gesetzgebungsarbeit.

Der Versuch des Weißen Hauses, ein Medium zu bestrafen, dessen Berichterstattung es nicht mag, ist höchst beunruhigend
White House Correspondents Association (WHCA)

Vor allem befeuert Trump selbst die Auseinandersetzung über das heikle Thema. Am Montag erklärte seine Sprecherin Karoline Leavitt, dass das „Wall Street Journal“ wegen seines „verleumderischen Verhaltens“ von der Teilnahme an der bevorstehenden Reise des Präsidenten nach Schottland ausgeschlossen werde. Das Vorgehen erinnert an die Verbannung der Nachrichtenagentur AP aus dem Oval Office, weil sich die renommierte Redaktion weigert, den Golf von Mexiko als „Golf von Amerika“ zu bezeichnen, wie es Trump verlangt.

Beobachter sehen in dem Ausschluss des „Wall Street Journals“ einen weiteren Schritt zur Einschüchterung und Zensur kritischer Medien. „Der Versuch des Weißen Hauses, ein Medium zu bestrafen, dessen Berichterstattung es nicht mag, ist höchst beunruhigend“, protestierte die White House Correspondents Association (WHCA), die Vertretung der Reporter, die bei der amerikanischen Regierungszentrale akkreditiert sind.