Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kommentar

Nach Streit mit Medwedew
Trumps atomare Überreaktion nützt Wladimir Putin

Ein Kommentar von
3 min
Das amerikanische U-Boote USS Tuscon (SSN 770) der Los-Angeles-Klasse beim Passieren der Ostsee 2010. .

Das amerikanische U-Boote USS Tuscon (SSN 770) der Los-Angeles-Klasse beim Passieren der Ostsee 2010. .

Nach einem Schlagabtausch mit Medwedew droht Trump mit der Verlegung atomwaffenfähiger U-Boote. Eine überflüssige Eskalation, die vom eigentlichen Problem ablenkt.

Als Reaktion auf die „törichten und aufwieglerischen Äußerungen“ des russischen Ex-Präsidenten Dimitri Medwedew drohte US-Präsident Donald Trump mit der Verlegung von zwei Atom-U-Booten in „geeignete Regionen“. Und man reibt sich verwundert die Augen: Während noch vor Monaten eine „autoritären Allianz“ beider Staaten drohte, fahren die beiden größten Atommächte der Welt jetzt ihre nuklearen Krallen aus – 80 Jahre nach Hiroshima.

Was ist eigentlich passiert? Hundebesitzer kennen das: Je kleiner der Vierbeiner, desto lauter das Gekläff. Der Lärm, das hat sich in der Natur so bewährt, kann überdecken, was Beißwerkzeuge oder Köpermaße nicht hergeben.

Putins „Kläffer“ Medwedew provoziert, wo er nur kann

Der Brückenschlag in die Menschheit sei hier ausnahmsweise erlaubt. Ein weitgehend macht- (also zahn-)loser Politiker wie Medwedew, sein heutiger Titel als Vizechef des russischen Sicherheitsrates wird zumeist hinter dem Label „Ex-Präsident“ versteckt, hat mal wieder heftig ausgeteilt.

Putins einstiger „Schoßhund“, der ihm den Präsidententhron warm hielt, als man sich noch an eine Verfassung gebunden fühlte, hat seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine einen neuen Job: als „Kläffer“.

Dabei war Medwedew bislang sehr aktiv, aber nur mäßig erfolgreich. Als er jüngst Friedrich Merz, Keir Starmer und Emmanuel Macron als „pedikulose (von Läusen befallene – d.Red.) Schweine“ bezeichnete, „die selig vor Vergnügen grunzen“, interessiert das nur westliche Medien. Die Politik ignorierte das Getöse aus dem Kreml stoisch gemäß dem arabischen Sprichwort „Der Hund bellt, die Karawane zieht weiter“. Weil da, wo zwischen Staaten ohnehin Funkstille ist, Worte an Bedeutung verlieren, selbst wenn sie besonders böse sind.

Trump lässt sich Schreiduell mit Medwedew ein

So war es, bis sich jüngst der mächtigste Mann der Welt auf ein Schreiduell mit dem Lautsprecher einließ – und ihm so eine Bedeutung verlieh, die Medwedew selbst überraschte. „Wenn schon einige Worte des ehemaligen russischen Präsidenten bei dem selbstherrlichen Präsidenten der USA eine derart nervöse Reaktion auslösen, dann macht Russland alles richtig“, frohlockte der.

Trump ging aufs Ganze - und möglicherweise Putin auf den Leim: Die atomare Kraftmeierei zwischen den Supermächten inszenierte einen Nebenkriegsschauplatz, der zwar die Welt in Atem hält, sich aber vermutlich als Theaterdonner entpuppt. Fest steht, dass die eigentliche Tragik dieses Krieges, der tägliche Luftterror, die Ermordung, Entführung, Folterung von Ukrainern, in den Hintergrund gerät.

Eine „Deeskalation“ nach Putins Drehbuch könnte wie folgt aussehen: Nach langem Schweigen im Atompoker empfiehlt sich der Kriegstreiber als „Stimme der Vernunft“, telefoniert mit Trump, verordnet seinem Lautsprecher eine längere Sendepause, während der US-Präsident die Atom-U-Boote zurück nach Norfolk beordert und sich als „Peace Maker“ feiert. Das Morden in der Ukraine? Geht derweil unbeeindruckt weiter.