Dass Donald Trump sich eine dritte Amtszeit ergaunern will, ist nun offiziell kein Scherz mehr. Die Empörung ist gerechtfertigt - und geht doch am Kern des Problems vorbei.
Kampf gegen US-VerfassungAmerikas Krise hängt nicht allein an Trump


Springtime for Washington: Im März warf sich US-Präsident Donald Trump in der Präsidentenloge des bislang renommierten „John F. Kennedy Center for the Performing Arts“ in seine schönste Diktatorenpose, nachdem er dort den gesamten Vorstand gefeuert hat, weil ihm das Programm des staatlich finanzierten Kulturhauses zu „woke“ war. Nun hat selbst einen Vorstand berufen - und sich zu dessen Chef gemacht.
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Es gibt eine Besessenheit mit Donald Trump. Bei den amerikanischen Medien, bei den deutschen Medien, bei uns allen. Das ist kein Wunder, denn Trump verdankt seinen Erfolg auch seinem intuitiven Talent, die Aufmerksamkeit immer wieder neu für sich zu nutzen.
Er hat verstanden, dass ihm dabei auch Empörung, Ablehnung, der Nachweis der Lüge und sogar rechtskräftige juristische und politische Urteile helfen. Schon deshalb kokettiert er seit Jahren damit, dass ihm zwei Wahlzeiten nicht genügen - obwohl die US-Verfassung eine dritte verbietet.
Neue rote Linie überschritten
Trotzdem hat Trump eine rote Linie überschritten, indem er in einem TV-Interview den Eindruck erweckte, das Weiße Haus prüfe bereits die Möglichkeiten für eine dritte Amtszeit - und dass das sein voller Ernst sei. Bisher hatten die Vernünftigeren seiner Parteisoldaten stets behauptet, der Präsident beliebe zu scherzen.
Pünktlich zum 1. April entfällt diese Ausrede seiner Schönredner. Das ist schon deshalb folgerichtig, weil im Kongress längst ein republikanischer Gesetzesantrag ganz offen dafür wirbt, die Verfassung einzig und allein Trump zuliebe genau so zu ändern.
Doch so gerechtfertigt die neue Aufregung ist: Sie lenkt vom Kern des Problems ab. Ja, die Horrorvorstellung, ein dann 82-jähriger Trump würde 2028 erneut antreten, illustriert dessen Narzissmus und die Mafia-Strukturen, die er in seiner Partei installiert hat. Doch die tiefe Krise Amerikas hängt nicht an seiner Person.
„Verfassungskrise“ ist gerade verniedlichend
Vielmehr zeigt sich das, was mit „Verfassungskrise“ derzeit noch geradezu verniedlicht wird, in Hitlergrüßen von Trump-Beratern, in der teils regelwidrigen Besetzung des Obersten Gerichtshofs mit Gesinnungsgenossen - die sich mit Gefälligkeitsurteilen revanchieren, und in der freiwilligen Unterwerfung weiter Teile des Parlaments, aber auch von Medien, Justiz und Universitäten unter die Wünsche der Trump‘schen Milliardärs-Clique, die nur ihren eigenen Vorteil sucht und ihre eigene Macht zementieren will.
Die Krise zeigt sich darin, dass die US-Medien nicht geschlossen protestieren, wenn einzelne von ihnen aus dem Weißen Haus geworfen werden, weil sie Trump widersprechen. Sie zeigt sich darin, dass die Regierung gegen Anwälte vorgeht, die sich Trump zum Feinde gemacht haben. Sie zeigt sich in der Abwicklung von Förderprogrammen für Vielfalt und Klimaschutz, und darin, dass die Unis dagegen nicht gemeinschaftlich Widerstand leisten. Sie zeigt sich in der Verfolgung von Menschen mit anderer Meinung und anderer Herkunft, und im Austausch von Staatsbeamten gegen Loyalisten.
All das zeigt das Ausmaß der Krise, weil eben nicht Trump allein dahintersteckt. Was da wirkt, ist ein System der Günstlinge, Ermöglicher und Profiteure, die schon jetzt, in den nächsten vier Jahren, die Demokratie beschädigen. Und die auch nach einem Präsidenten Trump an der Macht bleiben wollen - und dafür jetzt die Weichen stellen.