Putin kommentiert den „Friedensplan“ und Russlands Krieg gegen die Ukraine. Andere Statements aus Moskau fallen noch drastischer aus.
Kremlchef nennt BedingungPutin bekräftigt Kriegskurs – und sorgt mit Fehler für Aufsehen

Kremlchef Wladimir Putin im Gespräch mit Reportern in Bishkek am Donnerstag.
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Kremlchef Wladimir Putin hat die Aussichten auf einen schnellen Frieden in der Ukraine deutlich gedämpft – und den Rückzug der Ukraine aus den von Moskau beanspruchten Gebieten zur Bedingung für eine Einstellung der Kämpfe gemacht. Andernfalls werde Russland den Rückzug durch „militärische Mittel“ erzwingen, sagte der Kremlchef am Donnerstag bei einem Besuch in Kirgisistan.
Die russischen Truppen könnten praktisch nicht aufgehalten werden, behauptete Putin, dessen Armee zuletzt Landgewinne in der Ostukraine meldete, insgesamt jedoch nur geringe Fortschritte in dem seit Februar 2022 andauernden Krieg gemacht hat. Von den von Russland zum eigenen Staatsgebiet erklärten und zuvor illegal besetzten ukrainischen Regionen kontrolliert die russische Armee keinen vollständig.
Wladimir Putin nennt ukrainischen Abzug als Bedingung
Aus welchen Regionen genau sich die ukrainischen Truppen zurückziehen sollten, sagte Putin nicht. Russland fordert jedoch die vollständige Abtretung der vier Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja. In den beiden Donbass-Regionen hat Russland zwar große Teile der Gebiete unter seine Kontrolle gebracht, in Saporischschja und Cherson sieht die Lage allerdings deutlich anders aus. Ein Rückzug der ukrainischen Truppen käme somit einer Kapitulation gleich.
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Den US-Plan für die Ukraine, der seit der Veröffentlichung einer Urfassung in der letzten Woche zunächst für harsche Kritik im Westen gesorgt hatte und seitdem überarbeitet wurde, bezeichnete Putin bei seinem Auftritt in Kirgistan unterdessen als mögliche „Grundlage für zukünftige Vereinbarungen“. Die Abtretung von Donezk und Luhansk war Teil des ursprünglichen, von den USA vorgelegten 28-Punkte-Plans zur Beendigung des Ukraine-Kriegs.
US-Plan kann laut Putin eine „Grundlage“ sein
Putin liegt nach eigenen Angaben nun dieser neue, laut Verhandlungskreisen auf rund 20 Punkte reduzierte Plan vor. „Insgesamt stimmen wir zu, dass dieser die Grundlage für künftige Vereinbarungen sein kann“, sagte Putin in Bischkek. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte die Verhandlungen am Mittwoch als „ernsthaft“ bezeichnet.
Die Inhalte des überarbeiteten Plans sind bisher nicht öffentlich bekannt geworden. Die Ukraine hatte die offizielle Aufgabe eigener Territorien jedoch in der Vergangenheit stets ebenso als „rote Linie“ bezeichnet wie Einschränkungen ihrer Souveränität, etwa durch Beschränkungen für die Streitkräfte.
Putins Malheur: Russland erobert Stadt, die es nicht gibt
Bei seinen überschwänglichen Lobeshymnen auf die angeblich so großen Erfolge der russischen Armee an der Front unterlief dem Kremlchef am Donnerstag unterdessen ein peinliches Malheur. Bei einer Aufzählung von Ortschaften und Städten, in denen die russische Armee angeblich erfolgreich vorrücke, nannte Putin mit Komsomolsk auch eine Stadt, die es im Aktionsradius der russischen Armee gar nicht gibt.

Kremlchef Wladimir Putin. (Archivbild)
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„Wenn Sie sich die Karte ansehen, richten Sie Ihren Blick nach Osten, Nordosten, dort ist weiter entfernt Komsomolsk, und nördlich von Komsomolsk liegen Kupjansk, Slawjansk und etwas weiter nordöstlich Sewersk“ Dort, „innerhalb der Stadt“, dauern die Kämpfe an, behauptete Putin weiter. Eine beträchtliche Anzahl von Gebäuden sei bereits von „befreit“ worden, hieß es weiter vom Kremlchef. Eine Stadt mit diesem Namen ist jedoch nahe der Front nicht aufzufinden.
Radikale Töne in den Moskauer TV-Studios
„Die nächstgelegene Stadt, die einst den Namen Komsomolsk trug, liegt in der Region Poltawa – weit entfernt von der Frontlinie“, kommentierte das Medienprojekt Nexta, das aus dem Exil in Polen heraus über Belarus und Osteuropa berichtet. Putin könnte, so die Vermutung, Kostjantyniwka in der Region Donezk gemeint und die Namen der Städte verwechselt haben, hieß es weiter.
Dass Russland angesichts der diplomatischen Bemühungen der USA nicht zeitnah von seinem Kriegskurs ablassen wird, hatten vor Putins Wortmeldung unterdessen bereits die Äußerungen anderer russischer Politiker und von Experten in den Moskauer TV-Studios nahegelegt.
„Sie werden auf die Knie fallen und sich bei uns entschuldigen müssen“
Die USA würden eine diplomatische Lösung nur forcieren, weil sie keinen Ausweg hätten, befand etwa der Duma-Abgeordnete Andrej Kartapalow in einer Talkshow in dieser Woche. Auch dass es Russland um mehr als nur die nun beanspruchten Regionen geht, ließ Kartapalow dabei durchscheinen.
„Jetzt befinden sich die Amerikaner in einer ziemlich schwierigen Lage, weil sie vermitteln müssen, dass es nicht nur für Selenskyj, sondern für alle europäischen Brüder keinen Ausweg gibt“, sagte Kartapalow. „Auch sie können nirgendwo hin, weil die Europäer wie das Feuer fürchten, dass Russland gewinnen und die westlichen Grenzen der Ukraine erreichen könnte“, führte der Politiker aus und prophezeite, was Europa in diesem Fall drohe. „Was werden sie tun, die Armen? Sie werden auf die Knie fallen und sich bei uns entschuldigen müssen“, erklärte Kartapalow spöttisch.
„Das ist unser Land, unser Blut wurde dafür vergossen“
Alexej Kondratjew, Mitglied des russischen Föderationsrates, untermauerte ebenfalls den russischen Anspruch auf die gesamte Ukraine. Seit 34 Jahren versuche der Westen das „Zugehörigkeitsgefühl der russischen Bevölkerung zu einem russischen Land, zur russischen Welt, auszurotten“, behauptete der Studiogast in einer populären Talksendung. „Das ist unser Land, unser Blut wurde dafür vergossen.“
Ähnlich radikale Töne gab es von Politikwissenschaftler Sergej Michejew in der gleichen Sendung zu hören. Die Identität der Ukrainer beruhe auf „Schurkerei, Diebstahl, Prinzipienlosigkeit und wilder Grausamkeit“, behauptete Michejew. „Die Erhaltung der ukrainischen Staatlichkeit in jeglicher Form wird für uns immer ein Problem darstellen“, stellte der Politikwissenschaftler klar.
„Rechnen Sie mit Oreschhnik zwischen 4 und 7 Uhr morgens“
Moderator Wladimir Solowjow, der für seine radikalen Aussagen bekannt ist und zu den glühendsten Kriegsunterstützern in Moskau gehört, drohte unterdessen erneut in Richtung Europa. „Alle sollten sich darüber im Klaren sein, dass Russland bereit ist, seine Überlegenheit auf dem Schlachtfeld weiterhin unter Beweis zu stellen, nicht nur gegenüber den ukrainischen Nazis, sondern gegenüber allen europäischen Nazi-Drecksäcken“, erklärte Solowjow.
In einer weiteren Sendung in dieser Woche schlug der Moderator schließlich noch radikalere Töne an – und diskutierte mit seinen Gästen angesichts der EU-Pläne, russische Vermögenswerte zu konfiszieren, mal wieder über russische Raketenangriffe auf europäische Städte.
Wenn Europa diesen Schritt tatsächlich vollziehe, sollte Russland im Gegenzug so viel europäische Infrastruktur zerstören, bis die konfiszierte Summe ausgeglichen sei, forderte Solowjow – und drohte schließlich mit dem Einsatz von russischen Mittelstreckenraketen. „In Rotterdam gibt es, soweit ich weiß, Ölterminals und all das. Rechnen Sie mit Oreschnik zwischen 4 und 7 Uhr morgens.“ (mit afp)

