Darf ich auf dem Fahrrad ganz kurz den Gehweg benutzen? Oder gegen die Fahrtrichtung in eine Einbahnstraße abbiegen? Es gibt Verkehrsregeln für Radler, die kaum einer kennt.
Vorschriften im Straßenverkehr10 Regeln und Gesetze fürs Rad, die kaum jemand kennt

Wer beim Radfahren gegen Verkehrsregeln verstößt, muss möglicherweise sogar seinen Führerschein abgeben.
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Am Stau vorbeiradeln, kurz die Abkürzung über den Gehweg nehmen oder zu zweit auf der Straße nebeneinander fahren – dürfen Radfahrerinnen und -fahrer das eigentlich?
Fest steht: Wer auf dem Fahrrad gegen Verkehrsregeln verstößt, kann seinen Führerschein verlieren oder muss mit Verwarn- und Bußgeldern rechnen. Hier sind zehn wenig bekannte Regeln für eine sichere Fahrt.
Darf ich auf dem Fahrrad ...
... auf der Straße fahren, wenn dort der Belag besser ist?
Auf der Straße zu fahren, ist laut Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) nicht untersagt. Wenn aber ein Radweg vorhanden und als benutzungspflichtig ausgeschildert ist (blaues Schild und weiße Zweirad-Silhouette), müssen Radfahrerinnen und -fahrern diese benutzen. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn der Weg nicht benutzbar ist. Zum Beispiel, weil Autos darauf parken, Schlaglöcher eine Gefahr darstellen oder eine Baustelle ihn blockiert. Ein holpriger Belag reicht nicht aus.
... neben anderen auf der Straße fahren?
Was viele nicht wissen: Nebeneinander fahren ist auf der Straße erlaubt. Zumindest, wenn dadurch keine anderen Verkehrsteilnehmer behindert werden. In zwei Ausnahmen ist es immer erlaubt: Auf Fahrradstraßen und, wenn mindestens 16 Personen als Gruppe auf Fahrrädern unterwegs sind.
... rote Ampeln ignorieren?
Nein, natürlich nicht. Oder? Es gibt eine Sonderregelung, die nur echte Radfahr-Nerds kennen. Auch hier ist die magische Zahl „16″. Denn sobald so viele Personen gemeinsam radeln, zählen sie als Verband. Dieser Verband darf geschlossen über die Straße fahren. Wenn eine grüne Ampel also auf Rot umschaltet, obwohl ein Teil des Verbands noch nicht über die Straße gefahren ist, dürfen diese Personen trotzdem mit der Gruppe gemeinsam weiterfahren. Diese Regel kommt zum Beispiel bei der regelmäßigen Fahrraddemo „Critical Mass“ in verschiedenen deutschen Städten zum Einsatz.
... Musik über Kopfhörer hören?
Meistens schon. Das Handy in die Hand nehmen ist Tabu, das kostet 55 Euro. Ebenso verboten ist es, sich von einem Smartphone ablenken zu lassen, das in einer Halterung am Rad montiert ist. Musikhören ist dagegen in Ordnung, solange diese nicht so laut ist, dass man Signale von Polizei oder Krankenwagen ausblendet. Dafür gibt es ebenfalls ein Verwarngeld: 15 Euro.
... kurz den Gehweg mit benutzen?
Nein, wenn nicht anders ausgeschildert. Der Gehweg ist nur für Personen, die zu Fuß unterwegs sind. Wer hier auf dem Rad von der Polizei erwischt wird, muss mit 55 Euro Bußgeld rechnen. Wenn andere dabei gefährdet werden, steigt die Strafe auf 80 Euro und wer Schaden verursacht, muss 100 Euro löhnen. Eine Ausnahme: Kinder (jünger als elf Jahre) dürfen allein und gemeinsam mit einer Begleitperson (älter als 16 Jahre) auf dem Gehweg radeln. Bis zum achten Geburtstag müssen sie das sogar, oder auf bauliche abgetrennten Radwegen – ein Streifen auf der Straße reicht nicht.
... an wartenden Autos vor einer Ampel rechts vorbeifahren?
Ja, Radfahrende dürfen in dieser Situation ausnahmsweise rechts überholen. Aber nur, wenn sie zwischen Autos und Bordstein vorbeifahren. Die Personen im Auto müssen aber nicht genügend Platz dafür freilassen. Zwischen zwei Schlangen an Fahrzeugen hindurchzufahren, ist nicht erlaubt.
... ein Schild mit der Aufschrift „Radfahrer absteigen“ ignorieren?
Ja. Dieses Schild zählt laut Verkehrszeichenkatalog als Zusatzschild und ist in der StVO nicht als amtliches Verkehrszeichen geführt. Steht es allein, darf es ignoriert werden. Häufig kommt es in Verbindung mit anderen Schildern vor, und kann deren Wirkung verändern. Die Empfehlung „Radfahrer absteigen“ kann außerdem als Warnung interpretiert werden, und in der StVO ist ausdrücklich geregelt, dass Verkehrsteilnehmer aufeinander Rücksicht nehmen müssen. Wer hier als Radfahrerin in einen Unfall verwickelt wird, könnte vor Gericht schlechter dastehen.
... freihändig fahren?
Tatsächlich nicht. Mindestens eine Hand muss stets den Lenker berühren. Sonst drohen fünf Euro Bußgeld.
... gegen die Fahrtrichtung in Einbahnstraßen radeln?
Nein. Einbahnstraßen gelten für alle Verkehrsteilnehmer, Radfahrerinnen sind hier nicht ausgenommen. Manchmal zeigt ein Zusatzschild aber „Radfahrer frei“, oder die Abbildung eines Fahrrads mit zwei Pfeilen in entgegengesetzten Richtungen an. Dann herrscht freie Fahrt in beide Richtungen. Das kommt nur bei Einbahnstraßen vor, in der die Höchstgeschwindigkeit maximal 30 Kilometer pro Stunde beträgt, und die Fahrbahn eine Mindestbreite erfüllt.
... auf einer Fahrradstraße immer zuerst fahren?
Nein, automatisch Vorfahrt haben Radfahrerinnen und -fahrer hier nicht. Es gelten reguläre Vorfahrtsregeln. Auf Fahrradstraßen steht ihnen aber die Fahrbahn in gesamter Breite zur Verfügung. Autos, Motorräder oder vergleichbare Verkehrsmittel dürfen hier nur fahren, wenn ein Zusatzschild es ihnen erlaubt. Und auch dann maximal mit Tempo 30.