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Fußball-Kreisliga CDer Euskirchener TSC fängt wieder bei null an

Lesezeit 5 Minuten
Spieler des Euskirchener TSC trainieren in einer Sporthalle das Fußballspielen. Einige tragen orangefarbene Leibchen.

In der MSE-Arena an der Marienschule trainiert der Euskirchener TSC momentan.

Salih Yavuz hat die Fußball-Abteilung übernommen und fungiert auch als Spielertrainer des künftigen C-Kreisligisten. Kader ist komplett neu.

Vor ein paar Wochen sah es noch so aus, als ob es das nun endgültig gewesen sei mit dem Euskirchener TSC. Fußball-Abteilungsleiter Max Hilgers verkündete seinen Rückzug, Trainer Sebastian Gebauer wechselte zum TuS Zülpich, wo er künftig die U19 coacht. Und der Transfer von Torwart Adam Naklicki, dem Rückhalt des Teams, zu Inter Euskirchen wurde publik.

Als dann am letzten Spieltag feststand, dass der ETSC als Viertletzter der Kreisliga B1 wegen des schlechteren Quotienten gegenüber dem TSV Schönau II aus der anderen Staffel in die Kreisliga C absteigen muss, dachten nicht wenige an das Aus des Vereins, der ab 1999 für zwei Saisons in der Oberliga, damals die vierthöchste Liga in Deutschland, spielte.

Doch es geht weiter mit dem ETSC. Und das liegt an Salih Yavuz. Der 31-Jährige, den man in Euskirchen auch als Vorsitzenden des städtischen Integrationsrates kennt und der zum Leitungsteam des Hermann-Josef-Hauses in Urft gehört, hat bereits einige Vereine in seiner Vita stehen: die DJK Grün-Weiß Mülheim (auch als Spielgemeinschaft mit Oberahr-Lommersdorf), die zweite Mannschaft des SV Bessenich, den SSC Firmenich, aber vor allen Dingen Euskirchen Türk Gencligi. Zur Rückrunde hatte er sich dem ETSC angeschlossen.

Noch am 1. Juni war klar, dass der ETSC kein Seniorenteam stellen wird

„Die Fußball-Abteilung stand absolut auf der Kippe“, sagt Yavuz. Vor dem Auswärtsspiel in Blessem, das am 1. Juni stattfand, sei dem Team mitgeteilt worden, dass es in der Spielzeit 2025/26 keine Seniorenmannschaft mehr geben werde. Das lag auch daran, dass einige Spieler bereits anderen Vereinen ihre Zusagen gegeben hatten. „Das Kapitel Seniorenfußball beim ETSC war zu diesem Zeitpunkt geschlossen“, so Yavuz.

Doch damit wollte sich der 31-Jährige nicht abfinden. „Ich konnte nicht mit ansehen, dass der ehemalige Vorzeigeverein aus der Kreisstadt keine Fußballabteilung mehr hat“, erklärt er seine Beweggründe, nicht nur den Trainerjob zu übernehmen, sondern auch die Vakanz auf dem Abteilungsleiterposten zu füllen. „Ich komme aus Euskirchen, spiele seit Jahrzehnten Fußball im Kreis. Es gab den ETSC schon immer, und das soll auch so bleiben.“

Nur ein Spieler war beim ETSC noch übrig, jetzt sind 27 Kicker im Kader

Seine Arbeit begann am Tag des Abstiegs, Unterstützung fand er beim Vorstand. „Das sind sehr nette, zuvorkommende, respektvolle Menschen, die eine Idee von dem haben, was sie tun“, sagt Yavuz, der beim ETSC bei null anfangen musste. Denn bis auf einen Spieler hätten sich alle anderen Vereinen angeschlossen oder angekündigt, kürzertreten zu wollen. „Ich begann meinen zweiten Vollzeitjob beim ETSC“, beschreibt er den Arbeitsaufwand.

Salih Yavuz hält einen Ball in einer Hand und redet mit seinen Spielern.

Er ist derzeit Kopf und Herz beim ETSC-Fußball: Salih Yavuz.

Yavuz sprach Freunde an, frühere Mitspieler oder solche, die er schon einmal trainiert hat. Aber nicht nur. Nach so einer langen Zeit im Fußball kenne man schließlich fast jeden im Fußballkreis. Und es gab Zusagen. Insgesamt 27 Freunde, die Lust auf ein neues Projekt im Seniorenfußball hatten, sind es geworden. „Alle kommen nur der Freundschaft wegen. Niemand bekommt Geld oder andere Zuwendungen, was leider sogar in der Kreisliga C nicht mehr selbstverständlich ist“, sagt Yavuz.

Der direkte Wiederaufstieg ist für Salih Yavuz nicht ausgeschlossen

Ein paar der Neuen beim ETSC haben immerhin Erfahrung in der Kreisliga A und höher, beispielsweise Mehdi Gabini (Kreisliga A mit Türk Gencligi, JSG Erft, Vernich, Stotzheim und Weilerswist), Giorgo Mako (Bezirksliga mit Bessenich), Alen Gojak (Kreisliga A mit Feytal/Weyer), Devran Yazgi (Kreisliga A für FC Heval), Enis Vatovci (Kreisliga A mit Bessenich und Weilerswist) und Yasir Ahmed (Kreisliga A mit Türk Gencligi). Wird also direkt der Wiederaufstieg angepeilt? Salih Yavuz gibt sich selbstbewusst. Unter die ersten drei wolle man kommen, die Rückkehr in die Kreisliga B sei nicht ausgeschlossen, wenn alles gut laufe. „Aber in erster Linie möchte ich mit meinen Jungs Spaß haben und gemeinsam Zeit verbringen“, so der neue Fußballchef beim ETSC.

Auffallend ist: Alle drei kreisstädtischen Vereine – Inter Euskirchen, Türk Gencligi und der ETSC – greifen hauptsächlich auf Spieler mit Migrationshintergrund zurück. „Das ist keine bewusste Entscheidung gewesen, ich finde es aber toll“, sagt Yavuz. Da spricht dann wohl auch der Integrationsrat-Vorsitzende aus ihm. Für ihn ist wichtig: Jeder mit Interesse am Fußball sei willkommen beim ETSC.

Gespräche über eine Zusammenarbeit mit Türk Gencligi fanden schon statt

Aber wäre eine Zusammenarbeit der drei Klubs nicht zielführender als die Konkurrenzsituation? Also eine gemeinsame Mannschaft statt drei Teams? „Ich finde, ein FC Euskirchen, bestehend aus drei, vielleicht sogar vier Vereinen, könnte attraktiv und auch gewinnbringend sein“, denkt Yavuz. Mit Verantwortlichen von Türk Gencligi hätten auch schon Gespräche stattgefunden. Den Verein kennt er wie seine Westentasche, hat er ihn nach der durch das Bezirkssportgericht auferlegten Zwangspause wieder von null aufgebaut – wie nun den ETSC.

„Viele Jungs hatten Interesse, wieder in meinem Team zu spielen“, sagt er, weshalb allein fünf Spieler von seinem alten zum neuen Klub wechseln. Aktiv angefragt habe er bei Türk Gencligi aber nicht, das verbiete der Respekt. An einer Fusion mit Inter Euskirchen bestehe kein Interesse. „Sie möchten gern den Durchmarsch in die Kreisliga A schaffen. Das ist auch nicht unrealistisch. Ich wünsche dem Verein viel Erfolg dabei“, so Yavuz.

Klar ist: Ein Fußballverein muss auf Nachhaltigkeit setzen. Ohne Jugendarbeit ist man ansonsten immer auf Transfers angewiesen. Das weiß auch Salih Yavuz. „Das Thema Nachwuchs ist mein Riesenwunsch. Der größte eigentlich“, sagt er. Es habe Anfragen von Trainern gegeben, die mit ihren Bambini- und F-Jugend-Teams zum ETSC wechseln wollten. Aber Yavuz will keinen Schnellschuss, sondern zieht ein durchdachtes Konzept vor.

„Ich möchte innerhalb der nächsten Jahre wieder eine funktionierende Jugendfußball-Kultur beim ETSC aufbauen, die nicht leistungsorientiert sein muss. Der Spaß am Spiel soll im Vordergrund stehen“, erklärt er. Dazu brauche es aber mehr Unterstützer mit „Kopf, Erfahrung, Idee und Zeit“. Aktuell sei der ETSC im Fußball eine One-Man-Show, das dürfe kein Dauerzustand sein. Denn Trainer, Abteilungsleiter, Betreuer und Spieler in einer Person – „das könnte sogar für mich auf Dauer zu viel sein“, gibt Yavuz zu.