Der Vorstand der VR-Bank Nordeifel hat wegen der Kostensteigerung die Reißleine gezogen. Die Filiale in Schleiden öffnet hingegen im Juli.
25 Millionen EuroNeubau der VR-Bank in Kall ist wegen Kostensteigerung vom Tisch

Auf dem Dach der Schleidener VR-Bank-Filiale, die im Juli wiedereröffnet werden soll, wurde eine Photovoltaikanlage installiert. Vorstandsmitglied Kai Zinken (r.) und Abteilungsleiter Jörg Schröder informierten über den Fortschritt der Bauarbeiten.
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Es ist der zweite Paukenschlag innerhalb von sieben Tagen für die VR-Bank Nordeifel. Genau eine Woche, nachdem die Bank mitgeteilt hatte, dass der Vorstandsvorsitzende Mark Heiter zum 1. Juni aus dem Unternehmen ausscheiden wird, steht nun auch fest, wie es mit dem geplanten Neubau der Zentrale im Kaller Gewerbegebiet weitergeht: nämlich gar nicht.
Die VR-Bank werde das Projekt „in der vorgesehenen Form“ nicht umsetzen, teilte das Unternehmen am Rande eines Baustellenbesuchs der Filiale in der Innenstadt von Schleiden mit, die bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 schwer in Mitleidenschaft gezogen worden war.
Als wir die Reißleine gezogen haben, hatten sich die Gesamtkosten auf rund 25 Millionen Euro summiert – und es gab immer noch finanzielle Unwägbarkeiten.
Während dort momentan mit Hochdruck an der für den 10. Juli dieses Jahres angekündigten Wiedereröffnung gearbeitet wird, „stehen wir in Kall jetzt wieder am Nullpunkt“, wie Vorstand Kai Zinken bekannte. Also habe man vonseiten des Vorstands „aus Verantwortung die Reißleine gezogen“.
Bank-Zentrale sollte im Gewerbegebiet in Kall gebaut werden
Hintergrund für den Planungsstopp in Kall ist laut Zinken die drastische Kostensteigerung bei dem ambitionierten Bauprojekt, das auf einer Freifläche an der L206, gegenüber von Möbel Brucker in Richtung Scheven, realisiert werden sollte. „Als wir das Projekt im Jahr 2023 in der Mitgliederversammlung der Bank vorgestellt haben, war dafür ein Budget von rund 17 Millionen Euro veranschlagt“, sagt Zinken: „Als wir die Reißleine gezogen haben, hatten sich die Gesamtkosten auf rund 25 Millionen Euro summiert – und es gab immer noch finanzielle Unwägbarkeiten.“
Ein entscheidender Kostenfaktor sei die technische Gebäudeausstattung gewesen, ist einer Pressemitteilung der VR-Bank zum Thema zu entnehmen: „Hinzu kamen erhöhte Anforderungen an den Brandschutz, archäologische Risiken durch den unter dem Grundstück verlaufenden Römerkanal sowie eine ausbaufähige Ökobilanz des geplanten Gebäudes, die sich auch negativ auf die Betriebskosten ausgewirkt hätte.“
„Beim Thema Brandschutz sind wir zum Beispiel mit einem Treppenhaus in der Planung gestartet – am Ende hätten drei gebaut werden müssen“, erläutert Zinken: „Wir fahren nicht durch eine finanzielle Nebelwand. Wir nehmen die neuen Erkenntnisse zum Anlass, strategisch neu zu denken.“ Das sei man den Mitgliedern, Kunden und Mitarbeitenden schuldig.
Neubau-Projekt war laut Bank in der Verantwortung des Gesamtvorstands
Mit seiner Entscheidung, das Bauprojekt in Kall zu stoppen, habe der Vorstand der VR-Bank ein klares Zeichen gesetzt. „Wir haben die Fakten geprüft, die Verantwortung übernommen und so größeren Schaden von der Bank und ihren Mitgliedern abgewendet“, so Zinken weiter. Das Neubauprojekt sei wegen seiner Größe und Bedeutung stets ein Thema für den Gesamtvorstand gewesen – Mark Heiter und er hätten sich gleichermaßen damit beschäftigt.
Der scheidende Vorstandsvorsitzende wird daher ebenfalls in der auf den 2. April datierten, aber jetzt erst veröffentlichten Pressemitteilung zitiert: „Letzten Endes ist uns diese Entscheidung nicht leichtgefallen. Aber wenn man die Zahlen schwarz auf weiß vor sich sieht und mit der ursprünglichen Kalkulation vergleicht, dann muss man den Mut aufbringen, Stopp zu sagen.“

Äußerlich nahezu unverändert, innen komplett überarbeitet: Ab dem Sommer kehren die ersten Mitarbeiter an den Standort Schleiden zurück.
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Der Fokus liege nun ganz auf der Fertigstellung der Filiale in der Schleidener Innenstadt. Dorthin sollen im Juli die ersten Mitarbeiter zurückkehren. In der Schalterhalle im Erdgeschoss sind aktuell die Maler aktiv, es gibt aber noch einiges zu tun. „Ein besonderer Blickfang werden eine mit Moos bewachsene Wand und eine Echtwasserwand“, macht Zinken Lust auf die Wiedereröffnung, die aktuell für den 10. Juli geplant ist.
In der Schleidener Filiale setzt die VR-Bank auf Nachhaltigkeit
Die Themen Natur, Nationalpark und Nachhaltigkeit spiegeln sich auch in der Gestaltung der Büros in den Obergeschossen wider. „Die Beratungsräume ziehen in die erste Etage um und werden mit großformatigen Naturfotos individuell gestaltet“, so der Bank-Vorstand. Um besser für mögliche Überschwemmungen gerüstet zu sein, wurde die komplette Technik vom Keller ins Obergeschoss verlegt – ebenso wie der Tresorraum für die Kundenschließfächer, die 2021 geflutet worden waren.
Auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 20 Kilowattpeak (kWp) errichtet, mit der ein Teil des eigenen Strombedarfs erzeugt werden soll. Bei der Heizung setzt man auf Wärmepumpen und eine Gastherme als Ergänzung für sehr kalte Wintertage.
Insgesamt entstehen in Schleiden Arbeitsplätze für bis zu 45 Mitarbeitende verschiedener VR-Bank-Abteilungen. „Schleiden soll wieder zu einem Zentrum für den Kundenverkehr unserer Bank werden“, betont Kai Zinken: „Dafür investieren wir hier insgesamt rund 5,6 Millionen Euro in den Wiederaufbau.“ Nur ein Teil der Summe stamme aus der Versicherungsleistung für das bei der Flut zerstörten Keller- und Erdgeschoss.
Zukunft der VR-Bank-Filiale Kall ist weiter offen
Seit der Flutkatastrophe im Juli 2021 kann die VR-Bank Nordeifel ihre Filiale im Kaller Ortskern nicht mehr nutzen. Aktuell ist die Bank in einem Gebäude der Firma Brucker im Kaller Gewerbegebiet vertreten. Das soll auch bis auf Weiteres so bleiben.
Was mit dem Gebäude im Ortskern passiert, sei derzeit völlig offen, sagt Vorstand Kai Zinken: „Wenn der Betrieb in Schleiden angelaufen ist, werden wir uns mit der Folgenutzung in Kall beschäftigen.“
Die Mitarbeiter zweier Abteilungen arbeiten derzeit im Obergeschoss, wo auch ein Teilbereich als Wohnung vermietet sei. Spätestens im Herbst sei der Umzug dieser Abteilungen nach Schleiden geplant. Nach der dann anstehenden Sanierung sei alles offen: Die weitere Nutzung durch die Bank, ein Verkauf oder eine Vermietung des Objekts.