Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kommunalwahl 2025Kall steht weiter vor großen Herausforderungen

9 min
Foto vom Kaller Ortskern aus der Vogelperspektive.

In Kall wird es auch in den nächsten Jahren viele Baustellen geben. Der Wiederaufbau ist noch nicht abgeschlossen.

Viel Arbeit haben der neue Bürgermeister und Gemeinderat in Kall vor der Brust. Erschwert wird die Arbeit durch finanzielle Probleme.

Seit Jahren wird im Kernort an vielen Ecken gebaut, und obwohl schon einige Projekte abgeschlossen wurden, ist ein Ende nicht in Sicht. Das bedeutet aber auch, dass die durch den Wiederaufbau zusätzlich arg strapazierte Gemeindeverwaltung weiter viel Arbeit vor der Brust haben wird. Für zusätzliches Personal ist angesichts klammer Kassen kein Geld da. Mit einem Minus von 5,6 Millionen Euro im Haushalt 2025 schrammte die Gemeinde knapp am Haushaltssicherungskonzept vorbei. 2026 wird der neue Gemeinderat um Steuererhöhungen wohl nicht mehr herumkommen.

Kall steht in den nächsten Jahren mit dem Wiederaufbau, dem Hochwasser- und Starkregenschutz und der Haushaltskonsolidierung vor großen Herausforderungen. Im Kernort konnten mit der Bürgerhalle, der Grundschule, der Spiel- und Sportanlage, dem Bahnhofsvorplatz und der Bahnhofstraße schon einige Großprojekte abgeschlossen werden. Die Sanierung des Rathauses soll bis 2026 fertiggestellt werden, ebenso wie die Arbeiten in der aktuell gesperrten Hindenburgstraße.

Doch mit dem Neubau des Feuerwehrgerätehauses, des Schwimmbads und der Turnhalle an der Auelstraße sowie der Umgestaltung des Bahnhofs warten noch weitere große Vorhaben auf den neuen Bürgermeister, den Gemeinderat und die Verwaltung. Das gilt auch für den Straßenbau, unter anderem mit der Sanierung des Kirchenbergs in der Aachener Straße.

Mangel an Wohnraum in Kall ist ein großes Problem

Angesichts dieser massiven Bautätigkeit im Ort haben die Außenorte schon mal das Gefühl, dass sie etwas vernachlässigt werden. Fast alle Parteien versprechen deshalb im Wahlkampf, dass sie die Außenorte mehr in den Blick nehmen wollen.

Ein weiteres Thema, mit dem sich der neue Gemeinderat befassen muss, ist der Mangel an Wohnraum vor allem im Kernort. Schon im vergangenen Jahr hatte die Kaller Verwaltung fünf Modelle zur Bereitstellung günstigen Wohnraums in einer Tabelle aufgeführt. Das Spektrum reichte von Investoren, die die neuen Gebäude entweder selbst vermarkten oder der Gemeinde vermieten, über öffentlich-rechtliche Gesellschaften und einer immer mal wieder angedachten Wohnungsbaugenossenschaft für den Südkreis bis hin zur Kommune selbst.

Neue Wohngebiete sind aktuell aber nur in Scheven und Sistig geplant. Für die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Erweiterung des Baugebiets „Auf dem Fels“ in Kall wurde noch kein Beschluss gefasst.

Weitere Gewerbegebiete sind in Planung

Ferner will die Gemeinde die Planungen für das Gewerbegebiet 4 und für das interkommunale Gebiet mit Schleiden weiter vorantreiben. Beide zusammen werden eine Größe von rund 36 Hektar haben. Die Auswirkungen auf den Verkehr wurden bereits untersucht: Danach sind trotz 9000 zusätzlichen Fahrzeugen pro Tag keine großen Probleme zu erwarten. Darüber hinaus sind dort noch ein 7,1 Hektar großes Mischgebiet gegenüber dem Friedhof in Heistert und das angrenzende Neubaugebiet geplant.

Auch mit dem Thema erneuerbare Energien muss sich die Kaller Kommunalpolitik angesichts zahlreicher Anfragen für den Bau von Windrädern und Solarparks im Gemeindegebiet beschäftigen und dafür sorgen, dass die Belastungen gerecht auf die Orte verteilt werden.

Und auch die von allen Parteien geforderte Verbesserung des Hochwasser- und Starkregenschutzes steht weiter auf der Tagesordnung in Kall, zumal die Bürger vier Jahre nach der Flut Ergebnisse sehen wollen. Bislang wurden nur einige kleinere Maßnahmen umgesetzt. Bezüglich der Urft wartet man noch auf die Studie des Wasserverbands Eifel-Rur.


Ergebnisse der Kommunalwahl 2020

28 Sitze im Kaller Gemeinderat waren wie 2014 nach der Kommunalwahl 2020 zu verteilen.

Die SPD wurde bei der Kommunalwahl 2020 in Kall mit 32 Prozent der Stimmen stärkste Kraft (2014: 24,6 Prozent) und bekam neun Sitze im Gemeinderat. Die CDU erlitt dagegen herbe Verluste und landete am Ende mit 24,1 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei (2014: 41,4 Prozent). Sieben Christdemokraten saßen seitdem im Gemeinderat.

Die FDP landete mit 22,5 Prozent (2014: 18,2) nur knapp hinter den Christdemokraten und durfte sich über Stimmenzuwächse freuen. Die Liberalen sind mit sechs Mitgliedern im Rat vertreten. Die Grünen legten bei der Wahl 2020 in der Wählergunst zu und holten 11,1 Prozent (2014: 8,6), was für drei Sitze reichte.

Die AfD war 2020 erstmals in Kall angetreten und hatte 8,1 Prozent geholt. Zwei Sitze im Rat sprangen heraus. Die Linke bekam weniger Stimmen als 2014 und holte zwei Prozent (2014: 3,7). Das reichte nur für einen Vertreter im Rat.


Die Bürgermeisterkandidaten in Kall

Um die Nachfolge von Bürgermeister Hermann-Josef Esser, der nicht mehr antritt, bewerben sich vier Kandidaten. Viele Kaller erwarten ein spannendes Rennen.

Emmanuel Kunz (SPD, FDP, Grüne)

Emmanuel Kunz geht für SPD, FDP und Grüne ins Rennen. Er ist bislang Vorsitzender und Fraktionschef der SPD. Der Oberstudienrat (34) wohnt in Golbach, ist verheiratet und hat eine Tochter. „Ich stehe für einen neuen Stil als Bürgermeister: mehr Beteiligung, mehr Miteinander und mehr direkte Kommunikation.“

Porträtbild von Emmanuel Kunz, der ein helles Hemd mit einem blauen Sakko trägt.

Für SPD, FDP und Grüne tritt Emmanuel Kunz als Bürgermeisterkandidat an.

Kunz will den Wiederaufbau vorantreiben, den Hochwasserschutz verbessern, mehr Wohnraum schaffen und für mehr Sicherheit und Ordnung sorgen. Darüber hinaus seien eine Stärkung der Betriebe und solide Finanzen besonders wichtig.„Aktuell fühlen sich einige Menschen nicht richtig wahrgenommen.“ Er werde den Fokus auf alle 23 Ortschaften legen.

Frank Vellen (CDU)

Der Steinfelder Frank Vellen tritt für die CDU an. Der 55-Jährige ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Als Diplom-Kaufmann und kaufmännischer Leiter hat Vellen mehr als 20 Jahre Erfahrung in Unternehmen gesammelt. Sein Motto lautet: „Politik beginnt beim Zuhören. Bürgernähe muss gelebt werden.“

Porträtbild von Frank Vellen. Er hat ein hellblaues Hemd und ein dunkles Sakko an.

Frank Vellen ist der Bürgermeisterkandidat der CDU.

Der CDU-Mann möchte die Unternehmen vor Ort und das Ehrenamt fördern, Familien unterstützen und den Hochwasserschutz ausbauen. Weitere Themen sind eine bürgerfreundliche digitale Verwaltung, solide Finanzen, Sicherheit sowie eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft.

Harry Deutsch (AfD)

Für die AfD geht Harry Deutsch (61) ins Rennen. Er ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Von 1986 bis 1990 war Deutsch Zeitsoldat, machte danach seinen Meister im Maschinenbau. Seit 1997 ist der Keldenicher in der JVA Rheinbach als IT-Spezialist tätig.

Porträtbild von Harry Deutsch. Er trägt ein Hemd mit hellblauen Streifen und ein Sakko.

Bürgermeisterkandidat der AfD ist Harry Deutsch.

Verantwortung und Bodenständigkeit sind für ihn ebenso wichtig wie bezahlbare Kindergarten- und Heimplätze für Senioren sowie preiswerte Energie. Windräder am Wackerberg lehnt er ab. Handel und Gewerbe will Deutsch stärken und die Finanzen auf eine solide Basis stellen.

Michael Sauer (parteilos)

Als parteiloser Kandidat komplettiert Michael Sauer das Feld der Bewerber. Sauer ist 1968 nahe der niederländischen Grenze geboren und hat Sportwissenschaften studiert. Er arbeitet am Manfred Donike Institut für Dopinganalytik in Köln und lebt seit rund zehn Jahren mit seiner Lebensgefährtin in Kall.

Porträtbild von Michael Sauer, der ein dunkelblaues Hemd trägt.

Als parteiloser Kandidat will Michael Sauer ins Kaller Rathaus einziehen.

Sauer will eine bessere Verzahnung von Gemeinde, Rat und Bürgern. Die schlechte Haushaltslage, die mangelnde Strategie für die Zukunft und die unklare Kommunikation müssten überwunden werden.


Das sind die Kaller Parteien

SPD

SPD-Spitzenkandidat Karl Vermöhlen ist 1959 in Ramscheid geboren und lebt seit 1985 in Sistig. Als Facharzt ist er in der Klinik St. Josef in St. Vith in Belgien tätig. Vermöhlen ist Gemeinderats- und Kreistagsmitglied und hat die politischen Schwerpunkte Gesundheit, Soziales und Herausforderungen der Demografie. „Kall muss eine Gemeinde für alle Generationen sein“, fordert der Sistiger.

Porträtbild von Karl Vermöhlen mit einem weißen T-Shirt mit Kragen.

Der Sistiger Karl Vermöhlen ist auf Listenplatz eins bei der Kaller SPD.

In Kall und den Außenorten müsse es bezahlbaren Wohnraum geben. Ferner will die SPD neben dem Zentralort die anderen 22 Orte mit ihren dörflichen Strukturen wieder stärker in den Blick nehmen. Quartiersstrukturen sollen entstehen, damit Menschen auch im Alter in der vertrauten Umgebung bleiben könnten. „Eine florierende Wirtschaft ist für eine Gemeinde wie Kall lebenswichtig.“ Die SPD sei permanent im Gespräch mit den Unternehmen und solchen, die sich ansiedeln wollen. Die Planungen müssten immer im Einklang mit dem Naturschutz erfolgen. Auch nachhaltiger Tourismus sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

CDU

Bei der CDU ist Bürgermeisterkandidat Frank Vellen auch ganz vorn auf der Reserveliste. Die Christdemokraten wollen das Ärzteangebot in Kall erhalten und wenn möglich sogar ausbauen. An Wochenenden sollen eine rettungsdienstliche und eine ärztliche Versorgung ohne Wartezeiten sichergestellt sein. Unternehmen sollen auf dem Weg zur Klimaneutralität mit Beratungen und praxisnahen Lösungen unterstützt werden.

Mit Jobmessen und anderen Initiativen will die CDU Fachkräfte in die Region holen. Um den Austausch zu fördern, soll ein Wirtschafts - und Handwerksforums gegründet wurden. Mit ausreichend Kita- und OGS-Plätzen und bezahlbarem Wohnraum sollen Familien unterstützt werden. Zusätzliche Spielplätze und Treffpunkten in allen Orten sollen Begegnungsräume schaffen. Regionale Produkte und Direktvermarktung sollen gefördert werden. Ferner soll ein Ehrenamtsportal mit Angeboten, Gesuchen und Informationen für alle aufgebaut werden.

FDP

Für die FDP tritt Jörg Döhler an. Der 52-Jährige ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt seit mehr als 50 Jahren in Sötenich. Der diplomierte Bankbetriebswirt ist Ratsmitglied und sitzt in diversen Ausschüssen. Er soll nach der Wahl den Fraktionsvorsitz übernehmen. Die FDP will Vereine und Ehrenamt gezielt fördern und gegenseitig unterstützen. Ferner soll der Hochwasser- und Starkregenschutz optimiert und Gelder gezielt eingesetzt werden.

Porträtbild von Jörg Döhler mit Hemd und Sakko.

Als Fraktionsvorsitzender soll Jörg Döhler künftig die FDP im Gemeinderat anführen.

Steuern und Abgaben sollen bezahlbar bleiben und die Verwaltung digitalisiert werden. Windenergie und Solarenergie sollen genutzt, die Belastungen für Bürger, Umwelt und Tourismus aber nicht zu groß werden. Mit Blick auf die alternde Gesellschaft müssten Pflegeplätze geschaffen und Mobilitätsbarrieren abgebaut werden. Die medizinische Versorgung müsse wohnortnah bleiben.

Grüne

Bei den Grünen führt Jana Engels die Reserveliste an. Sie ist 1978 in Berlin geboren. Nach Abitur, Ausbildung und einem Studienaufenthalt in Duisburg führte sie ihr Weg 2002 in die Eifel. Seit 2009 lebt sie mit ihrer Familie und den Tieren in Kall. „Wir kämpfen für bezahlbaren Wohnraum, starke Dorfgemeinschaften und generationengerechte Lebensmodelle.“ Die Verwaltung soll verlässlich, modern und bürgernah werden. Digitalisierung, Kooperation und nachhaltige Haushaltsführung seien „keine leeren Schlagworte“.

Porträtbild von Jana Engels.

Autorin Jana Engels ist die Spitzkandidatin der Grünen.

Weitere wichtige Themen seien Renaturierung und Hochwasserschutz, die Förderung des Nahverkehrs und eine nachhaltige Haushaltspolitik. Nötig sei die Entwicklung eines kommunalen Wohnraumkonzepts, das die Bedarfe aller Generationen berücksichtige. Eine starke lokale Wirtschaft sei wichtig, könne aber nur zukunftsfähig sein, wenn sie ökologisch tragfähig, sozial gerecht und regional verankert sei.

AfD

Die AfD steht laut Bürgermeister- und Spitzenkandidat Harry Deutsch für eine Kommunalpolitik für und mit den Bürgern der Gemeinde. Die Probleme seien überall sichtbar. „Wir müssen die Probleme und Wünsche der Bürger ernst nehmen und dort helfen, wo es nötig ist.“ Vor allem der Hochwasserschutz müsse ausgebaut werden: „Dort sind die Gemeindefinanzen besser angelegt als in sinnlosen Maßnahmen mit tollen Bezeichnungen wie Mobilitätskonzepte und Ähnlichem“.

Bei aller Akzeptanz gegenüber erneuerbarer Energie werde es mit der AfD keine Windräder in den Wäldern geben. „Wir müssen wieder zurück zu grundlastfähiger und vor allem bezahlbarer Energie“, so Deutsch. Der Tourismus müsse gebündelt und die Gemeinde attraktiver und sichtbarer gemacht werden. Die Schieflage des Haushaltes müsse parteiübergreifend und mit den Bürgern ausgeglichen werden. Gewerbe und Handel müssten unterstützt werden.

Die Linke

Die Linke hat mit Daniel Knopf (24) den jüngsten Spitzenkandidaten. Der Maschinen- und Anlagenführer ist in Kall aufgewachsen und lebt dort mit seiner Partnerin. Seit Mai ist er Kreissprecher der Linken im Kreisverband Euskirchen. „Politik mache ich aus Überzeugung und mit bestem Gewissen, als einer von hier“, erklärte Knopf.

Porträtbild von Daniel Knopf mit weißem T-Shirtkragen.

Daniel Knopf tritt für die Linken als Spitzenkandidat an.

Die Linke setze sich für mehr Retentions- und Grünflächen und die Entsiegelung von Arealen ein. „Den Ausbau der Windräder am Wackerberg unterstütze ich, sofern mindestens 51 Prozent in Bürgerhand bleiben.“ Für neue Gewerbegebiete müssten an andere Stelle Flächen entsiegelt und in Parks oder Regenwiesen umgewandelt werden. Bezahlbarer Wohnraum fehle ebenso, wie Orte, an denen man sich treffen könne. Leerstehende Gebäude sollten über das NRW-Programm aufgekauft und für Sozialwohnungen oder andere sinnvolle Nutzungen umgebaut werden.