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Fest der KulturenEuskirchener Friedenstag sagte Schubladendenken den Kampf an

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt Frauen und Kinder aus der Ukraine beim Friedenstag in traditioneller Kleidung aus ihrer Heimat.

Gäste aus der Ukraine begeisterten die Besucher des Euskirchener Friedenstages mit Speisen und traditioneller Kleidung aus ihrer Heimat.

Der Euskirchener Friedenstag feierte die Kulturen ohne Klischees, dafür mit viel Frieden im Herzen.

Seit 16 Jahren organisiert Nevin Sezgin den Euskirchener Friedenstag und noch immer sei sie beim Weg zum Mikrofon so aufgeregt wie am ersten Tag: „Dieser Tag ist mir und allen Beteiligten so unglaublich wichtig, weil wir heute alle ganz ohne Vorurteile zusammenkommen können.“

Sie habe bereits 2009 ein Symbol dafür setzen wollen, dass unabhängig von Herkunft und Glauben Menschen einfach Menschen sind und sein dürfen, und bis heute habe diese Botschaft nichts von ihrer Bedeutung verloren. „Nur wenn wir uns als Menschen begegnen, können wir uns wirklich kennenlernen, ohne uns schon im Vorfeld in Schubladen zu stecken“, sagt Sezgin. Politik und Religion habe sie daher von Beginn an aus dem Programm gestrichen, um hinter die in vielen Köpfen errichteten Fassaden blicken zu können.

Sänger Uwe Reetz bringt den Nachwuchs in Bewegung

Auch am Sonntag schien dieses Konzept voll aufzugehen. Partner des DRK und des Jugendrotkreuzes, der Caritas, des Kreises und des kommunalen Bildungs- und Integrationszentrums (Kobiz) sorgten erneut für spaßige Unterhaltung und schmackhafte Verpflegung, während auf der Bühne regionale und internationale Akteure ein buntes Musik- und Tanzprogramm präsentierten.

„Für mich war es von Anfang an ganz klar, dass ich mich an dem Friedenstag beteiligten möchte“, betonte Sänger Uwe Reetz: „Es wird zwar häufig von Integration gesprochen, aber das gestaltet sich oft wenig zielführend, wenn nur Menschen an den Aktionen beteiligt sind, die selbst gar keine persönlichen Erfahrungen mit dem Thema haben. Was Nevin hier seit 2009 auf die Beine stellt, fasziniert mich immer wieder und ich bin froh ein Teil davon sein zu dürfen.“

Kinder der Kita Bunte Vielfalt hatten Tanz einstudiert

Mit dem „Körperwachmachlied“ sorgte er besonders bei den kleinen Besuchern im Euskirchener Kreishaus für Begeisterung, die gleich im Anschluss mit Handpuppe Agathe auf detektivische Spurensuche gehen konnten.

Auch der im US-amerikanischen Bundesstaat Kalifornien beheimatete Sänger Wolfgang Hildegard sowie zahlreiche Tanzgruppen aus Albanien, Nigeria, Afghanistan und der Ukraine beteiligten sich an dem bunten Schauspiel. „Besonders froh bin ich auch über den Auftakt der Kinder aus der Kita Bunte Vielfalt, die für uns einen kleinen Tanz vorbereitet haben. Alle am heutigen Tag Beteiligten sind ehrenamtlich hier und das zeigt mir, wie wichtig der Friedenstag für uns alle ist“, freute sich Nevin Sezgin.

Das Bild zeigt den Sänger Uwe Reetz, der mit einer Handpuppe eine Gruppe Kinder zum Tanzen animiert.

Mit Sänger Uwe Reetz erlebten die kleinen Besucher des Euskirchener Friedenstages auch einige sportliche Highlights.

Das Bild zeigt Kinder, die tanzen.

Zum Auftakt des Euskirchener Friedenstages präsentierten die Kinder der Kita Bunte Vielfalt eine spaßige Tanzchoreografie.

Aus der Ukraine stammten am Sonntagnachmittag jedoch nicht nur Gesang und Tanz, sondern auch zahlreiche kulinarische Köstlichkeiten. „Wir wollen mit leckerem Essen und traditioneller Kleidung unsere Heimat vorstellen“, erklärte Tetiana Nesterenko, die sich mit Tochter Anna und ihrem Team für die Verpflegung der zahlreichen Gäste verantwortlich zeichnete: „Wir wünschen uns nicht nur für die Menschen in der Ukraine, sondern auf der ganzen Welt Frieden, darum ist ein solcher Tag wie heute so ungemein wichtig für alle.“

Für diesen Frieden sei es auch von großer Bedeutung, sich ohne eine vorgefertigte Meinung begegnen zu können, stimmte Ilhan Güngör vom Kommunalen Bildungs- und Integrationszentrum (KoBiz) zu: „Wir müssen aufhören, nur übereinander zu reden und stattdessen wieder viel mehr miteinander reden. Am Euskirchener Friedenstag kommen immer wieder Menschen zusammen, die sich im Alltag vielleicht niemals begegnen würden. Jeder hat verschiedene Bilder im Kopf, wenn es um Personengruppen geht. Wenn man sich dann aber unterhält, stellt man ganz schnell fest, dass man gar nicht so unterschiedlich ist.“

Erlöse des Friedensfests kommen zwei Vereinen zugute

Zudem komme der Erlös des Tages mit der Hilfsgruppe Eifel und dem Verein „bir gülücük herşeye değer“ (türkisch für „Ein Lächeln ist alles wert“) Organisationen zugute, die leukämieerkrankte Kinder und Jugendliche samt Familien unterstützen.

„Ein solcher Tag der Begegnung lebt von seiner ganz eigenen Dynamik und ein wenig Chaos“, erklärte Thomas Weber vom Team Migration und Integration des DRK lachend: „Es braucht keine strikten Regeln, um zusammenzukommen. Gemeinsam feiern wir offen und niederschwellig Freiheit und Vielfalt ganz so, wie es überall sein sollte.“

Worte und Gesten wie diese, seien es, die auch Nevin Sezgin Jahr für Jahr tief bewegen. „In der Zeit seit unserem ersten Friedenstag in Euskirchen ist ein Sprichwort entstanden, das besagt, dass es einen friedlichen Ort nicht gibt. Den müssen wir uns erst selbst schaffen“, betonte die Organisatorin: „Aus diesem Grund sind wir alle heute hier. Gemeinsam wollen wir ein Zeichen dafür setzen, uns frei begegnen zu können. Menschen sollen in mir nicht nur Nevin, die Türkin, sehen und alles mit mir in Verbindung bringen, was sie über die Türkei gehört haben. Sie sollen in mir Nevin, den Menschen, sehen und das wünsche ich mir für uns alle.“