Am 12. April startet die Rursee-Schifffahrt in die neue Saison. Der aktuell niedrige Pegel des Sees ist dafür kein Problem.
GroßbaustelleDie Schiffe auf dem Rursee werden für die Saison vorbereitet

Startklar für die Saison gemacht werden die Rursee-Schiffe Aachen und Stella Maris am Anleger in Schwammenauel.
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Auf Deutschlands zweitgrößter Talsperre, dem Rursee, wird an diesem Samstag, 12. April, die neue Saison der „Weißen Flotte“ mit ihrem Flaggschiff, der Stella Maris, eingeläutet. In Schwammenauel wird dafür kräftig gearbeitet – und nicht entspannt, wie es nebenan in schönstem Sonnenschein die ersten Tagestouristen machen.
Den Mitarbeitern der Rursee-Schifffahrt sitzt die Uhr im Nacken. Die Tage bis zum Start sind für das Team angefüllt mit harter Arbeit. Am Samstag muss alles picobello sein. „Willkommen an Bord“, wird dann Kapitän Klaus Blumberg zu den Fahrgästen sagen. Vor den Ausflugsfahrten steht auch für den 58-jährigen Schiffsführer jede Menge Stress. Der Herr über das Fahrgastschiff Aachen und seine Kollegen der Betreibergesellschaft Rursee Schifffahrt KG haben dabei auch während der fast sechsmonatigen Winterpause keinesfalls ihre Hände in den Schoß gelegt, bestenfalls Überstunden aus der Sommersaison abgefeiert.
Die Aachen erhält neue Motoren und einige weitere Neuerungen
Aktuell gleicht die Schiffsanlegestelle in Schwammenauel, wo neben der Aachen die Stella Maris liegt, einer Großbaustelle. Vor der Saison 2025 ist viel mehr als der Großputz zu erledigen. Der zusätzliche Aufwand hat insbesondere mit der technischen Aufrüstung der Aachen zu tun. Die alten Schiffsmotoren wurden nach Jahrzehnten ausgemustert und gegen neue mit deutlich verbesserten Umweltwerten getauscht. „Insgesamt investiert das Unternehmen einen mittleren sechsstelligen Betrag in die Modernisierung“, hatte Reeder Franz-Josef Heuken angekündigt – das Ziel werde mit leichter Überschreitung des geplanten Budgets in etwa eingehalten.
Die beiden Aggregate – davon ein Antriebsmotor als Reserve – sind bereits installiert. Dazu wurde das Schiff mit dem Heck zum Ufer gedreht. So konnte der Mobilkran, den die örtliche Segelschule sonst zum Einsetzen der Boote ins Wasser nutzt, den Motorraum mit den 900 Kilogramm schweren Aggregaten erreichen.
Jetzt folgen alle hydraulischen und elektrischen Anschlüsse. Einige hundert Meter Stromkabel – insgesamt 17 verschiedene, die durch das komplette, 37 Meter lange Schiff gezogen werden – müssen dafür verlegt werden, bis alles auf Knopfdruck und wie gewünscht funktioniert. Auf der Aachen bricht das digitale Zeitalter an, die analogen Überwachungsinstrumente sind praktisch verschwunden und machen einer Fülle von Kontrollbildschirmen am Steuerstand Platz.
Die Außenhaut der Schiffe auf dem Rursee wird vom Algenbelag befreit
Die künftige Kommandobrücke ist noch ziemlich leer. Im offenen Boden sind bereits viele Kabel zu erkennen. Die Wände sind extra gut isoliert, damit es an der höchsten Stelle mit dem besten Überblick über das Schiff auch bei stürmischer Fahrt nicht durch die Ritzen pfeift.
Das Polster der Passagierbänke ist herausgerissen. Es sei nicht mehr ansehnlich und „abgewohnt“ gewesen, hatte Reeder Franz-Josef Heuken dargelegt. Das blanke Holz wird wieder frisch bezogen. Schon im Vorjahr war der Nadelfilz des Bodens der Stella Maris erneuert worden. Jetzt folgen die Bänke des Außendecks, wo Sonnencreme, fettige Hände und schon mal verschüttete Getränke und Essensteile für wenig ansehnliche Sitze gesorgt hatten.

Gut isoliert, aber noch „nackt“: Von hier aus steuert der Kapitän das Fahrgastschiff.
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Hier entsteht die Kommandobrücke: Noch ist es nur ein Holzgestell, für den Betrieb wird es mit vielen digitalen Kontrollbildschirmen bestückt.
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Wieder eine strahlend weiße Außenhaut: Dieter Lohscheider (hinten) und Bela al Khbouré schrubben das Schiff vom Ruderboot aus.
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Fleißig geschrubbt wird auch die Außenhaut. Da die Schiffe über Monate praktisch regungslos im Rurseewasser gelegen haben, hat sich eine optisch störende, grüne Algenschicht auf den weißen Planken abgesetzt. Dieter Lohscheider und Bela al Khbouré sind in ein kleines Ruderboot gestiegen, umrunden damit die Schiffskörper und rücken der Grünschicht mit Bürsten und Lappen zu Leibe, damit alles blitzeblank glänzt, wenn die ersten Fahrgäste an Bord gehen. Derweil nimmt sich Ali al Arawe die Holzbänke vor, schleift mit Schmirgelpapier die letzten Ecken glatt, wo die Poliermaschine nicht so gut drankommt.
Währenddessen haben die technischen Installationen gute Fortschritte gemacht, die Schiffsmotoren können zu Probeläufen angeworfen werden. Während der eine Antrieb problemlos rundläuft, gibt es bei dem anderen noch Fehlermeldungen, die von der Fachfirma vor Ort unter die Lupe genommen werden, wie Kapitän Blumberg darlegt.
Auf dem Parkplatz kann nun auch bargeldlos bezahlt werden
Nachdem das Grobe durch ist, die provisorischen Bodenbeläge abgeräumt sind, wird nun das „Reinigungskommando“ auf Aachen und Stella Maris erwartet, ebenso auf den beiden elektrisch angetriebenen Schiffen St. Nikolaus und Seensucht, die in Einruhr auf dem Obersee vor Anker liegen und der Witterung und dem Herbstlaub mit Schutzplanen getrotzt hatten. Danach dürften die vier Fahrgastschiffe von den Fenstern ganz oben bis unten zur Wasserlinie wieder blitzblank erstrahlen. Dabei nehmen sich die Servicekräfte auch das komplette Geschirr des Restaurationsbereichs vor, das in den Ruhemonaten Staub angesetzt haben könnte.
Auch draußen auf dem großen Parkplatz, der dem Wasserverband Eifel-Rur gehört und an die Rursee-Schifffahrt verpachtet ist, hat sich etwas getan. Neuerdings können die Autofahrer bargeldlos zahlen. Das sei ein Entgegenkommen für die zahlreichen Gäste aus den Niederlanden, die solches Kassieren wesentlich intensiver als die Gäste hierzulande gewohnt seien, erklärt Klaus Blumberg: Damit sei man „im 21. Jahrhundert angekommen“.
Der niedrige Pegel des Rursees beeinträchtigt die Schifffahrt nicht
Angesichts der aktuellen Trockenphase, die auch den Wasserpegel der Rurtalsperre spürbar sinken ließ, geraten Kapitän Blumberg und sein Kollege Suffian al Omari, die Dieter Lohscheider unterstützt, keinesfalls ins Grübeln, ob sie ihre Fahrten wie gewohnt absolvieren können. Die Wege zum Schiff werden länger sein als sonst zu dieser Zeit nach dem Winter üblich. Die Passagiere dürften die Schiffe dank angepasster Anlegebrücken stets erreichen. „Der Pegel liegt sonst in der Regel etwa vier Meter höher“, so Klaus Blumberg: „Das ist aber für uns kein Hindernis.“
Die Haltestellen der Rurseeflotte wie in Schmidt-Eschauel, am Kermeterufer, in Woffelsbach oder am Endpunkt nahe dem Paulushof in Rurberg können wohl ohne Schwierigkeiten angesteuert werden. Allerdings könne die Fahrzeit um die Felsen ein wenig länger werden. Einfacher dürften es die Kapitäne Felix Stollenwerk und Udo Hormann haben, die die Elektroschiffe auf dem Obersee steuern. Denn dieser Wasserpegel bleibt in Normalzeiten stets gleich hoch.
Rund 200.000 Menschen waren es in der vergangenen Saison, die die Rursee-Schifffahrt nutzten, informierte Reeder Franz-Josef Heuken. Spitzenzahlen habe man in den heißen Sommern 2018 und 2019 mit etwa 250.000 Passagieren erreicht. Angesichts des späteren Saisonstarts vor Ostern 2025 wäre es schön, die Ergebnisse des Vorjahres erreichen zu können. Er ist optimistisch: „Die Saison wird gut.“
Kapitän aus Leidenschaft
Seit 2003 arbeitet Klaus Blumberg bei der Rursee-Schifffahrt. Dass er einmal Fahrgastschiffe als Kapitän steuern würde, war nicht unbedingt vorgezeichnet. Der 58-Jährige absolvierte zunächst eine Ausbildung als Bäcker. Seine Eltern betrieben am Stausee Heimbach eine Gaststätte. Auf den Geschmack gekommen war Blumberg während seiner Bundeswehrzeit bei der Marine. Hinzu kam seine Passion fürs Segeln, und er hat einen Sportboot-Führerschein.

An einem der neuen Motoren der Aachen steht Klaus Blumberg.
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Binnenschiffer sei ein Ausbildungsberuf, erzählt der Kapitän. Allerdings habe es die Bezirksregierung erlaubt, dass die Rurseeschiffer selbst ihren Nachwuchs ausbilden dürften. Fahrgastschiffe darf er allerdings nur auf dem Rursee steuern, Segel- und Motorboote etwa auch auf dem Rhein. Seit dem 50. Lebensjahr muss Blumberg jährlich seine Fahrtauglichkeit überprüfen lassen, zuvor reichte das alle zwei Jahre. Mit Leidenschaft mache er seinen Job, versichert Blumberg: „Es ist immer anders – das Wetter, die Leute, die Landschaft. Und nie langweilig.“
Wer auf den Rollstuhl angewiesen ist, dem empfiehlt Blumberg, unter der Service-Telefonnummer des Fahrkarten-Kiosks, 02446/479, vorher nachzufragen, ob die Rampen am Schiffsanleger ausreichend sind. Gegebenenfalls kann eine Unterstützung beim Ein- und Aussteigen per Golf-Caddy organisiert werden. Weitere Infos dazu und die Fahrpläne sind online zu finden.