Unter der Überschrift „Das Echo der Zeit“ findet vom 15. bis 22. Juni das Musikfestival „Spannungen“ im Jugendstilkraftwerk in Heimbach statt.
„Spannungen“Das Kraftwerk in Heimbach wird wieder zum Konzertsaal

Das Jugendstilkraftwerk in Heimbach wird für das Festival Spannungen zu einem Konzertsaal.
Copyright: Stephan Everling
Der Indemann hat schon so einiges gesehen. Kunststück, bei seinem Standort oben auf der Abraumhalde Goltsteinkuppe des Tagebaus Inden. In Form eines Spielzeugmännchens ist der Aussichtsturm im Jahr 2008 gebaut worden. Von den Plattformen der 36 Meter hohen Stahlkonstruktion können die Besucher einen Blick auf die riesigen Löcher werfen, die der Energiehunger der Menschen in die Landschaft gefressen hat.
Das direkt neben dem Aussichtsturm gelegene Restaurant „Indemann“ ist traditionell der Ort, an dem offiziell der Startschuss zur neuen Saison des Kammermusikfestivals „Spannungen“ gegeben wird, das in diesem Jahr vom 15. bis 22. Juni im Jugendstilkraftwerk in Heimbach stattfindet. Hier treffen sich die Organisatoren mit den Sponsoren, hier wird das Programm vorgestellt, der Beginn des Vorverkaufs für die begehrten Tickets eingeläutet. Und hier werden auch Veränderungen im Konzept erläutert.
Die Konzerte im Kraftwerk beginnen nun um 19 Uhr
Wie zum Beispiel die Verlegung der Anfangszeiten der insgesamt acht Konzertabende um eine Stunde auf 19 Uhr. „Das hat sich bewährt“, sagte Dr. Hans-Joachim Güttler. Er ist der Vorsitzende des Arbeitskreises „Spannungen“, der im Kunstförderverein Düren die Veranstaltungsreihe organisiert. Ebenfalls sei es die richtige Entscheidung gewesen, die Ticketvergabe online zu machen, da in den Vorjahren die Bearbeitung der Bestellungen viele Stunden der ehrenamtlichen Helfer notwendig gemacht habe.
Während in den Vorjahren der Tod des Festivalgründers Lars Vogt das Festival bestimmt hatte, hat nun der musikalische Leiter, der weltberühmte Geiger Christian Tetzlaff, der im letzten Jahr zum ersten Mal das Programm zusammengestellt hatte, der Veranstaltung ein Motto vorangestellt. „Das Echo der Zeit“ heißt es und ist inspiriert vom gleichnamigen Buch von Jeremy Eichler. Ein Thema, das gerade in den letzten Wochen angesichts der Entwicklung in Deutschland und der Welt eine plötzliche Aktualität gewonnen hat.

Mit dem künstlerischen Leiter Christian Tetzlaff (3.v.l.) präsentieren sich Sponsoren und Veranstalter: Dr. Stefan Cuypers (v.l.), Jochen Weiler, Dr. Hans-Joachim Güttler, Wibke Gerking, Michael Stangel und Joachim Jonas. Fotos: Everling
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Besonders auch deshalb, weil Tetzlaff mit seiner Entscheidung, angesichts der neuen Administration in den Vereinigten Staaten 22 Konzerte abzusagen, die dort stattfinden sollten, für Aufsehen gesorgt hat. „Ich bin sicher, dass das Motto viel Gesprächs- und Diskussionsstoff liefern wird, von der Musik bis zur gegenwärtigen Politik, auch wenn das nicht die Absicht war“, sagte Güttler.
Bei den Spannungen müssen die Musiker keine Kompromisse eingehen
„Diese Gelegenheit, ein Festival zu gestalten, spricht in mir viele Dinge an, die in den letzten 50 Jahren gewachsen sind“, sagte Tetzlaff. Denn die Lebensumstände der großen Komponisten wie Bach, Mozart oder Beethoven würden deutlich machen, dass sie nicht mit einem Heiligenschein oder dem Gefühl von Größe herumgelaufen, sondern leidende Menschen mit dem großen Wunsch, sich mitzuteilen, gewesen seien.
Diese Mitteilungsnot solle als Dringendstes im Konzertsaal herüberkommen. Ein Plus sei, dass das Konzertpublikum in Heimbach bereit sei, auch Ernsthaftes mitzugehen, und wegen der Musik komme. So müssten in Hinblick auf das, was erzählt werden sollte, keine Kompromisse eingegangen werden. Ein zweiter positiver Aspekt sei, dass die Musiker in Heimbach etwas geben könnten. Deshalb sei das Programm auf die Frage fokussiert, was die Komponisten eigentlich ganz genau mitteilen wollten.
Das Erbe von Lars Vogt ist in dem Festival in Heimbach lebendig
In dem Buch von Jeremy Eichler gehe es aber auch darum, was der Einfluss der Welt auf die Künstler bewirkt habe. „Ob ein schaffender Künstler mit Empathie auf das Weltgeschehen reagiert, ist in das Programm mit hineingekommen“, führte er aus.
Das spiele vom Persönlichen ins Gesellschaftliche hinein. Diese Stücke seien gar nicht so tragisch, sondern sprächen von innerer Stärke und leidenschaftlichem Erleben von Musik. „Wer nicht Mitleid und Empathie hat, kann nicht dieses musikalische Empfinden haben“, konstatierte er.
Doch trotz all dieser Gedanken werde das Programm letztendlich klingen wie alle anderen vorher. Neben tiefen, ergreifenden Stücken gebe es auch solche, die die Lust an Musik und Empfindungen transportieren würden. Es sei der Wunsch von Lars Vogt gewesen, Freude und tiefes Empfinden zu vermitteln.
Junge Generation soll an klassische Musik herangeführt werden
Wie schon im vergangenen Jahr wird ein Schwerpunkt im Programm sein, auch die junge Generation an die klassische Musik heranzuführen. Zusätzlich zum Kinderkonzert, das mit Schulklassen aus der Region durchgeführt wird, und dem musikalischen Wandertag, bei dem eine Schulklasse Proben und Konzert besuchen kann, wird auch das 2024 neu eingeführte Familienkonzert wieder am Sonntagmorgen, dem letzten Festivaltag, angeboten.
„Wir hoffen, Familien zu begeistern und die Jugend später als Publikum bei uns zu begrüßen“, sagte Güttler. Im Mittelpunkt steht der „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens, moderiert wird das Konzert von Isabelle Vogt, der Tochter des Festivalgründers.
In diesem Jahr wird die Institution des „Composers in Residence“ wiederbelebt, der extra für das Festival im Kraftwerk ein Stück komponiert. In diesem Jahr ist es Donghoon Shin, der die „Winter Sonata“ für Violine und Klavier geschrieben hat. Aufgeführt wird das Auftragswerk, das von der Familie Rohs gestiftet wurde, am Freitag, 20. Juni, von Christian Tetzlaff und Leif Ove Andsnes am Klavier.
Eine Premiere ist die Vorführung des Films „Richard Strauß im Zwielicht: Der Komponist und das ‚Dritte Reich‘“ von Holger Prezße und Philipp Quiring. Auf die weltweite Strahlkraft der „Spannungen“ verwiesen Heimbachs Bürgermeister Jochen Weiler und der Vorsitzende des Kunstförderkreises, Dr. Stefan Cuypers.
„Ähnliches hat der Kreis Düren nicht zu bieten“, sagte Cuypers. In diesem und im nächsten Jahr werde das Festival wieder mit der Unterstützung des Hauptsponsors Westnetz durchgeführt, kündigte Michael Stangel, Leiter der Region Westliches Rheinland der Westenergie AG, an. „Das ist das wichtigste Kulturereignis hier im Raum Düren“, sagte er.
Das Kammermusikfest „Spannungen“ findet vom 15. bis 22. Juni im Jugendstilkraftwerk in Heimbach statt. Die Karten für die verschiedenen Konzerte sind genauso online erhältlich wie auch weitere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen.