Raus aus der Kohle, rein in die Technik: Die IHK Aachen beurteilt die Entwicklung positiv. Auch im Kreis Euskirchen tue sich einiges.
IHK-StudieTech-Unternehmen spielen im Kreis Euskirchen eine immer größere Rolle

Die Ideenfabrik in der Alten Tuchfabrik in Euskirchen ist für die Industrie- und Handelskammer ein positives Beispiel für den Strukturwandel.
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949 Technologieunternehmen wurde in den Jahren 2020 bis 2024 im Bereich der Industrie- und Handelskammer Aachen gegründet, das sind 66 Prozent mehr als zwischen 2015 und 2019.
80 davon sind im Kreis Euskirchen entstanden, im Zeitraum von 2015 bis 2019 waren es 60. Das geht aus der aktuellen IHK-Studie über Technologiegründungen und -unternehmen (TGU) in der Städteregion Aachen und in den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg hervor.
Demnach gab es am 31. Dezember IHK-weit 2505 Unternehmen, deren Produkte, Verfahren und Dienstleistungen laut Definition der Studie auf neuen technologischen Ideen und Forschungsergebnissen basieren und/oder in technologischen Branchen angeboten werden; 342 davon im Kreis Euskirchen.
Tech-Firmen: Leichter Anstieg bei den Gründungen im Kreis Euskirchen
„Hierzu zählt auch die Beratung anderer Unternehmen, zum Beispiel durch Ingenieurbüros“ heißt es weiter in der Beschreibung. Unter „technologiebasierte Startups“ fallen demnach bis zu zehn Jahre alte TGU, welche die Möglichkeit einer schnellen Skalierung zu relativ geringen Kosten bieten. Sie weisen meist signifikante Beschäftigungs-, Wertschöpfungs- und Innovationspotenziale auf.
Im Kreis Euskirchen wurden somit von 2020 bis 2024 knapp 14 Prozent der Technologieunternehmen im Kammerbezirk gegründet. Dies bedeutet laut Firmendatenbank der IHK Aachen verglichen mit der Zeitspanne von 2015 bis 2019 ein Plus von gut 3 Prozent.
Prime Site Rhine Region und Ideenfabrik sind in Studie genannt
„Auch dieser Kreis sorgt für neue Ansiedlungsmöglichkeiten, vor allem für Wachstumsunternehmen“ heißt es in der Studie über den Kreis Euskirchen. Erschlossen werde hierfür die Industrie- und Gewerbefläche Prime Site Rhine Region (205 Hektar). Sie biete industriellen Großvorhaben oder Konglomeraten aus kooperierenden kleineren Unternehmen (Mindestfläche 50 ha) Platz für Wachstum.
Erwähnung findet in der Studie auch die im November 2023 gegründete Ideenfabrik Nachhaltige Wirtschaft in Euskirchen. „Sie wendet sich an Gründende, Startups, Scale-ups, Spin-offs sowie Gründungsinteressierte aus Schulen und Hochschulen aus dem gesamten Kreis Euskirchen.“
Unsere regionalen Tech-Unternehmen tragen maßgeblich zur wirtschaftlichen Stärke und zum Gelingen des Strukturwandels im Rheinischen Reviers bei.
Als Sustainable Innovation Hub (Zentrum für nachhaltige Innovation) vernetze sie Unternehmen und Startups und unterstütze sie auf dem Weg zur nachhaltigen Transformation. Unter Scale-ups versteht man Unternehmen, die bereits profitabel sind, aber innerhalb von drei Jahren entweder beim Umsatz oder bei der Mitarbeiterzahl nochmal um 20 Prozent zugelegt haben; und unter Spin-offs die Auslagerung einer Einheit aus einem Unternehmen.
„Unsere regionalen Tech-Unternehmen tragen maßgeblich zur wirtschaftlichen Stärke und zum Gelingen des Strukturwandels im Rheinischen Revier bei“, stellte Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen, während der Vorstellung der neuen IHK-Studie die Bedeutung der Tech-Firmen heraus.
So seien in den vergangenen fünf Jahren 9705 neue Arbeitsplätze entstanden, so Bayer: „Das sind bereits mehr als ein Drittel aller direkt und indirekt in der regionalen Braunkohlewirtschaft Beschäftigten.“
Was bei der Steinkohle geklappt hat, soll auch bei der Braunkohle klappen
Der IHK-Hauptgeschäftsführer sprach vom „Aachener Erfolgsmodell“, mit dem das Rheinische Revier schon in den 1980er-Jahren erfolgreich den Ausstieg – damals aus der Steinkohle – meisterte, indem es die heutige Technologieregion Aachen als zentralen Wirtschaftsmotor etabliert habe.
„Die IHK Aachen ist zuversichtlich“, so Bayer, „dass wir diese Erfolgsgeschichte im Zuge des für 2030 geplanten Ausstiegs aus der Braunkohle wiederholen können – sofern sich grundlegende wirtschaftliche Rahmenbedingungen verbessern und der angekündigte Strukturwandel seitens der Politik konsequenter vorangetrieben wird.“
Damit sprach Bayer die Bürokratie an, 64 Prozent der Tech-Unternehmerinnen und -unternehmer nähmen sie als „deutlich gestiegen“ wahr. Dennoch schätzen laut der Studie 79 Prozent ihre aktuelle Geschäftslage als „gut“ oder zumindest „befriedigend“ ein.
Bürokratie nervt die Unternehmer, dennoch sind sie optimistisch
Vier von fünf Firmenleitungen erwarten laut IHK in den kommenden zwölf Monaten eine „konstante“ oder gar „positive“ Entwicklung. Auch in der Fachkräftesicherung zeigten Befragten die Verantwortung: 60 Prozent bildeten aktiv aus. Bayer: „Die regionalen Tech-Betriebe leisten einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen des Jahrhundertprojekts Strukturwandel.“
Die aktuelle Studie der IHK Aachen ist die sechste ihrer Art und bietet auf mehr als 50 Seiten fundierte Einblicke in die Entwicklung, Herausforderungen und Zukunftschancen technologieorientierter Unternehmen in der Region. Die Untersuchung wird alle fünf Jahre erhoben. Sie findet sich zum kostenfreien Download auf der Website der IHK Aachen.
Beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz scheiden sich die Geister
Steigende Bedeutung hat laut der Industrie- und Handelskammer der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI): 30 Prozent der Befragten nutzen diese bereits zur Automatisierung ihrer Prozesse. „Gleichzeitig verzichten zwei Fünftel der Tech-Betriebe bislang noch komplett auf den Einsatz von KI – aus Sicht der IHK ein Indiz für bislang ungenutztes Potenzial“, heißt es in einer Mitteilung der Kammer.
Zudem wachse das Interesse an nachhaltigen Geschäftsmodellen, die wirtschaftliche Tragfähigkeit mit Ressourcen schonenden Innovationen verbinden.