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Mögliche SeligsprechungTheologe dankt Euskirchen für Unterstützung in der Causa Willi Graf

3 min
Die beiden Männer stehen nebeneinander, Reichelt hält ein Buch in der Hand.

Prälat Helmut Moll (l.) bedankt sich bei Bürgermeister Sacha Reichelt für die Unterstützung im angestrebten Seligsprechungsverfahren für Willi Graf.

Der Stadtrat hatte eine Petition beschlossen und sich damit für die Seligsprechung des Widerstandskämpfers Willi Graf starkgemacht.   

Prof. Helmut Moll drückt sich noch vorsichtig aus: „Willi Graf könnte der erste Selige von Euskirchen werden“, sagt der Prälat. Er weiß, wovon er spricht. Der Theologe und Historiker hat zum einen im Auftrag der Bischofskonferenz das Deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts erarbeitet, ein Verzeichnis katholischer Märtyrer, zu denen auch Willi Graf gehört. Zum anderen war Moll, gebürtiger Euskirchener, in der römischen Kurie selbst lange in Seligsprechungsverfahren involviert.

Graf kam 1918 in Kuchenheim zur Welt. In Saarbrücken, wohin seine Familie vier Jahre später umgezogen war, weigerte er sich als Gymnasiast, in die Hitlerjugend einzutreten. Stattdessen schloss er sich dem katholischen Schülerbund Neudeutschland an. 1943 wurde er in München-Stadelheim wegen seiner Mitgliedschaft in der Widerstandsgruppe Weiße Rose von den Nationalsozialisten mit dem Fallbeil ermordet.

Gesamtschule in Euskirchen ist nach den Geschwistern Graf benannt

Die Stadt Euskirchen verlieh ihm am 8. Mai dieses Jahres posthum die Ehrenbürgerwürde. Außerdem erinnert sie seit 2024 mit dem Namen Geschwister-Graf-Gesamtschule an den Widerstandskämpfer und seine Schwester Anneliese Knoop-Graf.

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Das Erzbistum München und Freising prüft seit einigen Jahren eine mögliche Seligsprechung des bekennenden Katholiken Graf. Der 81-jährige Helmut Moll hofft, dass es dazu kommt, und wirbt um Unterstützung, wo er nur kann. So wandte er sich auch an die Stadt Euskirchen. Die Verwaltung formulierte daraufhin eine entsprechende Petition, die der Rat in seiner Sitzung am 2. Oktober einstimmig verabschiedet hat. Darin befürwortet er die Seligsprechung.

In Rom weiß man jetzt, dass es in Willi Grafs Heimat Unterstützung für seine Seligsprechung gibt.
Helmut Moll

Für diesen Beschluss bedankte Moll sich jetzt bei Bürgermeister Sacha Reichelt. Er freue sich über die Petition, sagte Moll. „In Rom weiß man jetzt, dass es in Willi Grafs Heimat Unterstützung für seine Seligsprechung gibt.“

In Moll hatte Reichelt den absoluten Fachmann zu Gast. Denn der Theologe war im Vatikan nicht nur Mitarbeiter der Lehrabteilung der Kongregation für die Glaubenslehre (1984 bis 1995), sondern in der Zeit von 1993 bis 2004 auch Berater in der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. „Ich habe viele solcher Verfahren geführt“, erzählte er dem Bürgermeister. Was die Causa Graf angehe, habe der Münchner Kardinal Reinhard Marx im Mai 2022 sechs Gutachter eingesetzt – drei theologische und drei historische.

Die Initiative für das Verfahren hat ihren Ursprung in München

„In München, wo er ja Medizin studierte, ist Willi Graf recht bekannt“, erklärte Helmut Moll, warum die Initiative für ein Seligsprechungsverfahren ihren Ursprung in der bayerischen Landeshauptstadt hatte. Er hoffe, dass das Prüfverfahren noch in diesem Jahr eröffnet werde. In der Regel dauere es anschließend bis zur Entscheidung der Kongregation rund zehn Jahre.

Die Gutachter müssen bis dahin unter anderem prüfen, ob Graf aus seiner christlichen Überzeugung heraus zum Widerstandskämpfer wurde. Im Rahmen derartiger Verfahren werden schriftliche Quellen überprüft und je nachdem Zeitzeugen befragt. „Zeitzeugen, die Graf kannten, leben allerdings nicht mehr“, sagte Moll. „Er hat viele Briefe geschrieben, aber keine Bücher. Und er wurde nur 25 Jahre alt. Deshalb gibt es bei ihm nicht so viel zu überprüfen wie bei anderen Kandidaten.“

Aus Grafs Briefen spreche sein klares christliches, katholisches Profil, erklärte Moll, der 1973 in Regensburg bei Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., zum Doktor der Theologie promoviert wurde. Sollte Willi Graf selig gesprochen werden, dürfte er in den Bistümern, in denen er lebte – Köln, Trier sowie München und Freising –, liturgisch verehrt werden, so der Prälat, etwa durch Gebete im Gottesdienst. „Üblicherweise wird dafür der Todestag des Seligen genommen, bei Graf wäre das der 12. Oktober.“

Seinen Besuch im Rathaus nutzte Moll, um Reichelt zum Zeichen des Dankes für die Ratspetition ein Buch von Thomas Alber zu überreichen: „Aufrecht bis zum Schafott – Willi Graf und die Weiße Rose“.