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„Wir lassen keinen im Riss“Rad-Touristik-Club Weilerswist ist im Alter gesund unterwegs

Lesezeit 4 Minuten
Die vier älteren Männer in ihren Fahrrad-Trikots stehen in einem Garten nebeneinander.

Halten sich im Alter durch Radfahren fit (v.l.): Wolfgang Schwipper, Jakob Krips, Horst Kolwinski und Engelbert Stüsser

Die aktiven Vereinsmitglieder des RTC Weilerswist schwören auf den Radsport, um im Alter gesund zu bleiben. Doch es fehlt an Nachwuchs.

Sie fahren seit Jahrzehnten im Verein. Vier Herren Ü60 besprechen bei Kaffee und Kuchen ihre nächste Radtour. „Wir fahren jedes Jahr auf Etappe“, erläutert Wolfgang Schwipper. Der 75-Jährige ist zweiter Vorsitzender beim Rad-Touristik-Club Weilerswist, den er und die anderen Vereinskollegen nur RTC nennen. Im Haus des 1. Vorsitzenden, Jakob Krips (68) sitzen Schwipper und die beiden anderen Angereisten in blau-gelben-Trikots.

Auf dem Tisch zwischen ihnen liegt eine ADAC-Deutschlandkarte. Es geht um die mehrtägige Vereinsfahrt Ende Juni. „Horst hat sich in drei Riesentouren durch die Alpenregion nicht einmal verfahren“, lobt Engelbert Stüsser (71) den 78-jährigen Horst Kolwinski, der für die Etappen-Planung beim RTC zuständig ist. Das liege daran, dass dieser mal Vermesser war, sagt Vereinskassenwart Stüsser mit einem Augenzwinkern. 

RTC-Mitglieder loben Wege zum Radfahren im Kreis Euskirchen

Die vier Freunde aus Euskirchen, Weilerswist, Alfter und Heimerzheim schätzen das sportliche Radfahren in der Region. „Im Kreis Euskirchen haben wir es besonders gut“, schwärmt Kolwinski über die asphaltierten Wirtschaftswege. Guter Halt auf den Strecken, wenig Verkehr. Solche Faktoren seien im Alter wichtiger, sind die Radfahrer sich einig. Man sei etwas unsicherer und weniger risikobereit geworden.

Die Männer des 1974 gegründeten Vereins halten sich durchs Fahren fit. „Jeflogen is jeder mal“, wirft Kolwinksi ein. Von schlimmeren Unfällen seien sie aber verschont geblieben – Krips klopft auf den Holztisch. „Mit der Bewegung bleibt die Gesundheit länger erhalten“, sagt der Vereinschef. Die Runde nickt zustimmend. Schwipper berichtetet, dass er im vergangenen Jahr 6.500 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt hat.

In früheren Tagen ist das Quartett auf mehreren Etappenfahrten durch Frankreich geradelt. Drei Pässe an einem Tag seien keine Besonderheit gewesen. Mittlerweile passe man die Entfernungen und Übernachtungsmöglichkeiten an: „Die Touren sind von 200 Kilometern am Tag, auf 100 Kilometer geschrumpft“, verrät Kolwinski.

Wir waren nicht weit von der ehemaligen Grenze weg und dachten ‚wir fahren nach drüben‘ - 50 Kilometer durch die DDR.
Wolfgang Schwipper, zweiter Vorsitzender beim Rad-Touristik-Club Weilerswist

Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihnen eine Etappe nach Ostdeutschland, kurz nach dem Mauerfall. Damals seien 25 Personen mitgefahren. „Wir waren nicht weit von der ehemaligen Grenze weg und dachten: Wir fahren nach drüben - 50 Kilometer durch die DDR“, berichtet Schwipper.

Kurz hinter der vormaligen Grenze seien sie in einem kleinen Dorf anhand ihrer Räder und Klamotten direkt als Westdeutsche erkannt worden. „Es war emotional“, fügt Stüsser an. Beim Ort „Elend“ sei der Name Programm gewesen: „Beim Kopfsteinpflaster waren die Steine weit auseinander gefahren“, erläutert Kolwinski. Stüsser nimmt währenddessen die Hände nach vorne und ruckelt, als führe er nochmal dort entlang.

Ihre nächste Sommerfahrt führt die Gruppe in die Rheinhessische Schweiz. Die Radfahrer übernachten dort in einem Hotel und machen von da aus tägliche Touren.„Planen nach Karte ist nach wie vor erforderlich“, sagt Kolwinski mit Nachdruck. Das halte den Kopf fit. Man behelfe sich auf der Tour aber mittlerweile auch mit Navigationsgeräte an den Fahrrädern.

Radfahren und der soziale Austausch halten die RTCler auf Trab

Wie hat sich das Fahren mit den Jahren verändert? „Wir machen mehr Päuschen“, sagt Krips: „Wenn es heiß ist, halten wir öfter an, um etwas zu trinken.“ Zur erfolgreichen Ankunft trinke man immer noch ein Bier zur Belohnung, aber die meisten Weizen während der Etappe seien alkoholfrei. Isotonisch, das sei fürs Fahren förderlich.

Nahaufnahme einer Karte, auf der Straßen und Wege mit verschiedenen Farben hervorgehoben sind

Der ehemalige Vermesser Horst Kolwinski ist designierter Etappen-Planer beim RTC. Dafür nutzt er analoge Karten, wie diese Deutschlandkarte vom ADAC.

Mit den Jahren haben die vier Radfahrer ein gutes Körpergefühl entwickelt. „Man hört in sich rein“, merkt Stüsser an: „Die Muskulatur wird weniger.“ Aber: „Wir fahren immer noch engagiert, dem Alter entsprechend.“ „Es gibt viele im Alter, denen es schlechter geht“, ergänzt Krips: „Dafür ist die Fitness möglicherweise ausschlaggebend.“ Neben der Bewegung halte die vier auch der Austausch miteinander fit. „Der soziale Zusammenhalt ist wichtig“, betont Krips. „Ich habe mich hier mit jedem gut verstanden“, sagt Schwipper.

Vereinsalterung ist Thema – Neue Mitglieder werden gesucht

Rund 40 Mitglieder hat der RTC noch, in den Hochzeiten waren es 20 Leute mehr. Die jüngsten aktiven Mitglieder sind derzeit Anfang 60. Vor Kurzem feierte man den 90. Geburtstags eines passiven Vereinskollegen, erzählen die vier Männer. Zwölf der Mitglieder sind noch mit den Rädern unterwegs. 

„Das ist das Problem bei Vereinen mit sehr alten Mitgliedern“, gibt Stüsser zu bedenken. „Es werden immer weniger“, pflichtet Krips bei. Schwipper vermutet: „Die jüngeren Leute wollen sich nicht mehr vereinsmäßig binden, mit festen Ausfahrtzeiten.“ Neulich habe er noch mit einer Gruppe junger Menschen gesprochen, die sich spontan per Mitteilungsdienst Whatsapp zum Radfahren verabredetet haben. „Manchmal sind wir zu zweit, manchmal sind wir 20“, zitiert er die jungen Radfahrer.

Ein Problem sei auch das Tempo - für jüngere Menschen, die regelmäßig führen, zu langsam, für ältere, die weniger trainiert seien, zu schnell. „Es ist schwierig, das auf einen Nenner zu bringen“, so Krips. Wenn jemand mitfahren wolle, brauche er nur ein Rennrad und etwas Fitness. „Der Langsamste gibt das Tempo vor. Wir lassen keinen im Riss!“

Weitere Informationen zum RTC Weilerswist finden sich auf der Webseite.