Professor Dr. Jens Feldermann bestieg in diesem August die knapp 3500 Meter hohe Kreuzspitze in den Ötztaler Alpen. Die Strecke dorthin legte er nur mit seinem Fahrrad zurück.
Mit dem Fahrrad über die AlpenBurscheider verbindet Bergsteigen und Fahrradfahren

Die Aussicht von Dr. Jens Feldermann beim Bergsteigen im Ötztal.
Copyright: Jens Feldermann
7500 Höhenmeter zeigt der Radcomputer von Jens Feldermann und seinem Sportkollegen nach der 14-tägigen Reise an. Zwei Wochen, fünf Länder und das Bezwingen eines 3000er-Berges liegen hinter den beiden Rentnern. Und das alles „by fair means“ (zu Deutsch: mit fairen Mitteln), also klimafreundlich, aber auch: nur mit der eigenen Körperkraft – keine E-Bikes, keine öffentlichen Verkehrsmittel, keine Seilbahnen.
„Ich wollte mal ausprobieren, ob das klappt“, sagt Feldermann dazu. Der Leistungswille habe ihn auf sportlicher Ebene gereizt. Seit er das Bergsteigen mit 18 Jahren für sich entdeckte, lebt der Professor die Leidenschaft regelmäßig mit seiner Familie aus. „Mein Sohn ist Bergführer beim Deutschen Alpenverein, in den vergangenen zehn Jahren haben wir viele Touren zusammen gemacht und zweimal zu Fuß die Alpen überquert“, berichtet der 66-Jährige, „ich war aber immer die rote Laterne“.
Burscheider ist stolz auf seinen Gipfelsieg bei der Berg-Fahrradtour
In einem Fitnessstudio in Leverkusen besucht er außerdem einen Spinning-Kurs – intensives Ausdauertraining auf Ergometern. Viele seiner Sportkameraden würden in ihrer Freizeit „exzessiv Fahrrad fahren“ – Feldermann tut das nicht: „Ich war auch hier die rote Laterne, das hat beide Schienen miteinander verbunden“. Sein sportlicher Ehrgeiz ist geweckt und mit dieser außergewöhnlichen Kombination schindet er sowohl bei den Bergsteigern als auch bei den Radfahrern Eindruck.
Ein Kollege aus dem Spinning-Kurs wollte das Abenteuer mit ihm wagen. Von Burscheid ging die Tour am Rhein entlang nach Frankreich bis in die Schweiz nach Basel, dann nach Österreich und schließlich noch Lichtenstein. „Eigentlich hätte ich Italien noch kriegen können, das ist vom Berggipfel nur zwei Stunden Fußweg entfernt – es ärgert mich schon ein bisschen, dass ich in dem Moment nicht daran gedacht habe“, erklärt der Burscheider.
Da muss man gar nicht so viel trainieren
Diese beachtliche Strecke klingt erst einmal nach einem intensiven Training und langer Vorbereitungszeit, doch Feldermann zeigt sich entspannt: „Da muss man gar nicht so viel trainieren.“ Zweimal in der Woche habe er jeweils eine Stunde Muskelaufbau und Cardio-Training betrieben. „Dieses Alltagstraining hat ausgereicht“, so der pensionierte Maschinenbauingenieur. In seiner Freizeit fährt er auch nicht besonders viel Fahrrad: „Ich mache vielleicht fünfmal im Jahr eine Fahrradtour. Für den Alltag ist mir das hier zu bergig“, sagt der Burscheider.
Die größte Herausforderung für die beiden war laut Feldermann hingegen, das Gepäck kleinzuhalten. Zwei Taschen und einen Rucksack konnten sie für die zweiwöchige Reise im August mitnehmen – darin verstaut: ein Zelt und jeweils eine Kleidung für jede Wetterlage. Auf 1900 Höhenmetern musste das Duo seine Ausrüstung aber dann nochmal verkleinern: Ohne Fahrräder und nur mit dem Rucksack ging es die letzten 1600 Meter zu Fuß bis zum Gipfel. „Es ist ein tolles Erlebnis, umgeben von Gletschern dort oben zu stehen und sagen zu können ‚Jetzt haben wir es geschafft‘“, berichtet Feldermann.

Der Burscheider Jens Feldermann (l.) am Gipfelkreuz.
Copyright: Jens Feldermann
Der Abstieg war für den passionierten Freizeitsportler wohl der emotionalste Moment. Drei Stunden fuhren die beiden Sportkollegen bergab. „Da wird einem dann erst richtig bewusst, was für eine Anstrengung das war, dort hochzukommen“, so der 66-Jährige. Im Ötztal wieder angekommen, ging es dann aber mit dem Zug bis nach Köln – schließlich war das Ziel, der Gipfelsieg, erreicht.
Der ehemalige Hochschullehrer blickt zwei Monate später immer noch berührt und stolz auf seine Errungenschaft zurück: „Das war eine sportliche Höchstleistung für mich, mein Alter, meinen Lebensweg – etwas, worauf ich stolz sein kann.“ Schließlich steckte auch eine lange Vorbereitung hinter der Tour. Schlussendlich verlief dann aber alles nach Plan: sonniges Wetter, keine größeren Pannen – bis auf einen platten Reifen – und die beiden Hobbysportler blieben gesund.
Für Dr. Jens Feldermann bedeutet Bergsteigen Freiheit, dem Alltag entfliehen können. „Ich liebe die Berge – warum kann ich gar nicht sagen. Wenn ich auf einer grünen Wiese die Gämsen springen, die Blumen blühen und die Holzhütten sehe, dann geht mir einfach das Herz auf“, schwärmt er, „und es ist die Weitsicht: Man sieht über Berggrenzen hinweg.“
Und so ist es wohl kaum verwunderlich, dass der Pensionär bereits seine nächsten Touren plant: die Dolomiten zu Fuß durchqueren. Dazu ist eine Gletscherwanderung durch die Schweiz geplant – und seine kombinierte Fahrrad-Bergtour will er überbieten: „Ich möchte mit dem Fahrrad bis zur Berghütte fahren und von da aus drei 3000er-Gipfel hintereinander besteigen.“

