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Leichlingen verliert ein OriginalTrödler Wilfried schließt seinen Laden

Lesezeit 4 Minuten
Wilfried Thelen, besser bekannt als Trödler Wilfried, in seinem Geschäft auf der Brückstraße in Leichlingen.

Wilfried Thelen, besser bekannt als Trödler Wilfried, in seinem Geschäft auf der Brückstraße in Leichlingen.

Über 50 Jahre war Wilfried Thelen eine Institution in der Stadt – jetzt muss er mit 81 Jahren seinen Trödelladen schließen. 

Wer in den vergangenen Jahrzehnten durch die Leichlinger Innenstadt spazierte, kam kaum an ihm vorbei: Wilfried Thelen, besser bekannt als „Trödler Wilfried“, war für viele eine Institution, die das Alte lieben. Seit über 50 Jahren sammelte, restaurierte und verkaufte der heute 81-Jährige Möbel, Porzellan, Spielzeug und Uhren. Nun ist Schluss: Aus gesundheitlichen Gründen schließt sein Laden am 14. Juni endgültig.

„Es fällt mir schwer. Ich hänge an dem Laden – das war meine Leidenschaft“, sagt Wilfried Thelen mit Tränen in den Augen. Bis zum Frühjahr stand er noch selbst im Geschäft auf der Brückenstraße, reparierte in der angrenzenden Werkstatt Uhren oder anderes defektes Mobiliar, flocht Stühle und restaurierte Weichholzmöbel aus der Gründerzeit. Ein Schlaganfall im März zwang ihn zum Rückzug. Seitdem hat er Pflegegrad 3 – der Trödel bleibt, zum ersten Mal, liegen.

Vom Binnenschiffer zum Restaurator

Geboren 1943 in Rerik bei Wismar, floh Thelen 1954 mit seiner Mutter aus der DDR, lebte zwei Jahre in Lübeck, kam 1957 ins Bergische. Als gelernter Matrose arbeitete er fünfeinhalb Jahre auf dem Rhein, später als Schweißer, Schlosser und in verschiedenen Fabriken, bevor er in den 1970er-Jahren bei Bayer eine Ausbildung zum Mess- und Regeltechniker machte. Vier Qualifikationen, ein Meisterbrief – und trotzdem war seine wahre Berufung eine andere.

„Eigentlich wäre ich gern Restaurator geworden, denn ich habe immer gern mit Holz gearbeitet und war handwerklich begabt“, sagt der 81-Jährige. Also begann Thelen, Ende der 70er-Jahre in der Region oder auf Reisen Sperrmüll einzusammeln, die 80 bis 100 Jahre alten Möbel aufzuarbeiten und sie weiterzuverkaufen – anfangs vom Wohnzimmer aus an Bekannte, später auf Trödelmärkten und in angemieteten Hallen. Seit 2009 führte Trödler Wilfried seinen kleinen Laden mitten in der Leichlinger Innenstadt. 50 Quadratmeter Verkaufsfläche und Werkstatt – und ein Ort, an dem nicht nur gekauft, sondern vor allem erzählt, erinnert und verweilt wurde.

Ein Treffpunkt für Generationen

„Wo ist der Papa? Im Laden.“ So lautete jahrzehntelang die Standardantwort in der Familie Thelen. Ehefrau Gabriela (68), mit der Wilfried Thelen seit vielen Jahren verheiratet ist, stand regelmäßig mit im Geschäft voller alter Schätze und Krimskrams – sie teilte die Sammelleidenschaft ihres Mannes. Fünf Kinder und neun Enkelkinder zählten den Laden zum erweiterten Wohnzimmer. „Wir Kinder kennen Leichlingen nicht ohne Trödler Wilfried“, sagt Sohn Arne (45).

Arne Thelen arbeitete seit seinem 14. Lebensjahr mit. Eigentlich wollte er das Geschäft übernehmen, und hatte deshalb Tischler gelernt. Aber:  „Man kann von Trödel nicht leben“, sagt er nüchtern. Zu groß die Konkurrenz durch Billigmöbel, zu gering die Gewinnspannen. Dabei hätte er gern weitergemacht: „Ich hatte auch Spaß an der Arbeit mit alten Möbeln.“ Heute arbeite er bei einer Versicherung. Auch Bruder Jan ist handwerklich begabt und wurde Dachdecker.

Reparieren statt wegwerfen

Thelens Herz gehörte dem Detail. Er zerlegte alte Standuhren, reinigte sie, setzte sie wieder in Gang. Am meisten aber flocht er Stühle neu. Und leistete Widerstand, wenn jemand einen Schrank „bunt“ haben wollte. „Mir war wichtig, dass die Sachen möglichst originalgetreu restauriert werden. Ich habe Wert auf das Handwerk gelegt", so Trödler Wilfried – nicht auf Trends.

Wertschätzung für seine Arbeit? „Oft gering“, sagt er. Doch das hinderte ihn nicht daran, sein Hobby, das er neben seinem Hauptjob ausübte, auszuüben. „Ich freue mich, wenn ich jemandem mit einer Reparatur helfen konnte.“ Viele Stammkunden kamen, um zu reden. Andere gingen mit antiken Raritäten für kleines Geld nach Hause. „Ich habe den Wert nie genau gewusst oder den Preis zu gering angesetzt“, sagt Thelen. Es ging ihm nie ums Geld.

In wenigen Tagen wird der Laden wird nun ausgeräumt. Tausende Teile – Möbel, Porzellan, Glas, Spielzeug – werden entweder verkauft, verschenkt oder entsorgt. „Wir alle haben unser Leben um den Laden herum organisiert“, sagt Gabriela Thelen. Jetzt heißt es loslassen. „Das fällt der ganzen Familie schwer – aber wir wissen, dass es richtig ist.“

Von Dienstag, 10. Juni, bis Freitag, 13.06., ist das Trödel-Geschäft von 14 bis 18 Uhr geöffnet, die letzte Gelegenheit bietet sich am Samstag, 14. Juni, von 10 bis 15 Uhr.