Das Angebot in der Stadtbibliothek fand begeisterten Anklang. Das Spiel soll gegen Einsamkeit helfen.
Fantasy-RollenspielLeverkusener werden Fans von Pen and Paper

Spielleiter Alessandro Serafino mit einigen Spielern am Tisch
Copyright: Jessy Schmidt
So etwas sieht man nicht jeden Tag in der Stadtbibliothek. Ab 11 Uhr am Samstag kämpften sechs Personen, von denen sich lediglich zwei kannten, gemeinsam gegen Rattenskelette, explosive Räume und andere Widrigkeiten, um einer Schlange die verschluckte Hexe Ursula wieder zu entreißen. Es war Pen-and-Paper-Zeit in Leverkusen. Die wehrhafte kleine Truppe hatte sich um einen quadratischen Tisch versammelt, um in die Kunst des Fantasyspiels eingewiesen zu werden.
Die meisten waren Neulinge auf dem Gebiet. Neugier und Interesse hatte sie hergeführt. Das Angebot gehörte zur Aktionswoche „Gemeinsam spielen“ des Netzwerks gegen Einsamkeit.
Zum Spielen benötigt man nur das Spielebuch, etwas Papier und viel Phantasie
In Dungeons-and-Dragons-Manier hatte Dungeon-Master Alessandro Serafino ein Spiel aus dem Mausritter-Universum vorbereitet. Dieses Fantasy-Rollenspiel ist auch für Einsteiger und Kinder geeignet. Es lässt sich – gut vorbereitet – auch in drei Stunden spielen. Sonst gehen diese Spiele doch gut und gerne auch schonmal über mehrere Tage. Jede Person bekam einen Zettel als Charakterbogen und einen Notizzettel, auf dem die Fähigkeiten, der Name und andere Infos des jeweiligen Charakters notiert wurden.
Weiter verfügten alle um ein eigenes Würfelset. Die gewürfelten Zahlen beeinflussen und steuern die Handlungen. Zu Beginn wurden Charakterzüge, Waffen und Fähigkeiten verteilt, sowie Aufträge verteilt.
Das Besondere an diesem Spiel war jedoch, dass alle als Team agierten und nicht gegeneinander. Zwar lagen unterschiedliche Aufträge vor, diese ließen sich aber verbinden, sodass sie sich am Ende lösen ließen, indem alle an einem Strang zogen. Dafür mussten die Spielerinnen und Spieler kommunizieren. Es war eine durchweg gemischte Gruppe. Vier Erwachsene und zwei Kinder mussten einen Weg finden, die Reise gemeinsam anzutreten.
Völlig Fremde werden rasch zu einem Team
Die Altersspanne war von elf Jahren bis in die Dreißiger breit gefächert. Außenstehende waren schon nach kurzer Zeit nicht mehr in der Lage zu erkennen, dass da völlig Fremde kommunizierten und versuchten, ihre Mäuse heil durch die Aufgaben zu bringen. Alessandro führte die Gruppe mit Feingefühl, Humor und schauspielerischem Können. Er verstellte die Stimme und versetzte das Team so noch ein wenig mehr in die Fantasiewelt der Mausritter.
Die Notwendigkeit sich abzusprechen, zu beraten oder sich auch mal auseinander zu setzen, macht dieses Spiel zur perfekten Sprachförderung. Das ist mit ein Grund, warum die Bibliothek dieses ungewöhnliche Angebot an die Leverkusenerinnen und Leverkusener richtete.
Der Wunsch: Treffpunkt für Fantasy-Spiele in Leverkusen
Völlig in ihrer Welt versunken, wuchs die Gruppe schließlich zu einem Team zusammen, das am Ende ihre Aufgaben lösen und die Hexe Ursula befreien konnten. Und die Reaktionen der Spielerinnen und Spieler waren bemerkenswert. Sie hatten alle Feuer gefangen und wollten mehr. Im Gespräch mit Serafino stellte sich heraus, dass es in Leverkusen keine Fantasy-Spielszene gibt. Die nächste Gelegenheit wäre in Köln, und das wurde am Samstag allgemein bedauert. „Wenn man hier Treffpunkte für solche Spiele hätte, würde man auch eher zueinander finden“, sagte Tayfun Buzkan, der mit einem Bekannten zum Spiel gekommen war. Dem pflichtete die Gruppe einstimmig bei. Die schnell gewachsene Dynamik eines solchen Spiels eröffnet vielerlei Möglichkeiten, die in Deutschland bedauerlicherweise noch nicht angekommen sind.
„In den USA werden diese Spiele sogar schon therapeutisch genutzt“, berichtete der Spielleiter. „Mobbingopfer zum Beispiel erfahren hier die Möglichkeit der Eigenwirkung, bekommen ein positives Teamerlebnis.“ Aber auch für teambildende Maßnahmen wird das Spiel inzwischen genutzt. Da bekämpfen ganze Unternehmen oder Abteilungen gemeinsam Feinde, anstatt Klettern zu gehen.
Bibliothek bietet weitere Termin an
Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. In der Bibliothek wird es im September noch zwei Termine geben, die aber noch nicht feststehen. Sie werden aber rechtzeitig bekanntgegeben. Ebenfalls im September wird es einen Workshop für diejenigen geben, die Interesse daran haben, sich als Dungeons Master ausbilden zu lassen. Fragen zu Pen and Papers beantwortet Alessandro Serafino gerne. Looting lutes@gmail.com