Ein Leverkusener soll in oder über Polen Dopingmittel bezogen haben. Indizien belasten ihn, er bestreitet alle Vorwürfe.
AmtsgerichtLeverkusener soll hemmungslos Dopingmittel gekauft haben

Ein Schild an der Tür für Zuschauer und Berichterstatter im Amtsgericht Leverkusen.
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Dass in Leverkusen Dopingmittel konsumiert wurden und werden, dürfte gar nicht so selten sein. Bei Sportarten, in denen es Ziel ist, Muskelmasse aufzubauen, soll die Einnahme solcher Pillen nicht unüblich sein. Dass das gemeinhin bekannte „Nachhelfen“ zur Leistungssteigerung bei Spitzensportlern und die Abgabe an Trainierende verboten ist, ist gemeinhin bekannt.
Aber auch der illegale Kauf und Verkauf von Dopingsubstanzen ist strafbar, sogar dann, wenn man die Pillen nur zum Zweck des Selbstdopings kauft und außer sich selbst niemanden schädigt. Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe können solchen „Eigendopern“ drohen. Um einen solchen Fall soll es sich laut Anklage handeln, die Pillen sollen aus Polen geliefert worden sein; das ist auch das Heimatland des Angeklagten.
Kleiner Mann – breite Schultern
Der ist ein Lastwagenfahrer aus Quettingen, der kaum Deutsch spricht, er soll 2021 mehrfach über einen Whatsapp-Kontakt in Polen Dopingmittel bestellt, bezahlt und geliefert bekommen haben. Der Staatsanwalt zählt die Präparate auf: Mastodon, Testosteron, Anabolika, Tamoxifen, Clenbuterol, alles, was dicke Muskeln macht. In flagranti erwischt wurde der Mann nicht und der Angeklagte streitet alle Vorwürfe ab. Gegen ihn wurde ermittelt, weil der Dealer in Polen hochgenommen wurde. Bei dem fand man Chats auf dem Handy und Daten der Überweisungen seiner Käufer.
Die Anklage und das Gericht müssen sich auf Indizien stützen, die allerdings zum Teil ziemlich stark zulasten des Angeklagten ins Gewicht fallen. Zum Beispiel sind mehrere Paypal-Überweisungen an den polnischen Dealer dokumentiert, die „zufällig“ genauso hoch sind, wie zuvor bei der Bestellung per Whatsapp-Chat vereinbart wurde.
Die Ausreden des Quettingers vor Gericht klingen nicht gerade plausibel: Bei dem polnischen Händler habe er Motorradteile geordert, die Rechnugen habe er nicht mehr; mit Doping habe er nichts zu tun. Der Mann ist ziemlich klein, seine Schultern wirken aber unproportional breit, womöglich vom Training. Die Whatsapp-Chats, vom Handy des polnischen Händlers habe er nicht selbst geschrieben, so seine Einlassung, irgendwer habe seine Handynummer dazu missbraucht. Weil zudem seine Postadresse in den Bestell-Chats als Lieferadresse für die Pillen-Sendungen angegeben war, kann man das wohl, ohne einseitig zu sein, eine ziemlich erdrückende Indizienlast nennen. Richter Torsten Heymann ließ sich seine Ungeduld angesichts dieser Starrköpfigkeit nicht anmerken; der Staatsanwalt schon eher, seine Befragungen wurden etwas rauer im Ton.
Auch der Verteidiger Robert Stach schien gewillt, auf des Richters Vorschlag für ein Rechtsgespräch einzugehen, bei dem Angeklagte in der Regel ein Teilgeständnis abgeben müssen. Ihm hätte vermutlich keine hohe Strafe gedroht, aber der Mann blieb stur – was von außen betrachtet ein Fehler sein dürfte. Denn jetzt muss ein neuer Termin gefunden werden und Richter Heymann lässt groß nachermitteln: Seit wann genau besaß der Angeklagte die Handynummer, das weiß die Bundesnetzagentur. Welche Zahlungen hat der Leverkusener wann genau geleistet, auch das Handy des Pillendealers wird noch einmal nach Beweisen durchsucht. Der nächste Termin wird sicher nicht leichter für den Angeklagten und seinen Verteidiger.