Die Sonderausstellung „Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit“ in der Villa Römer zeigt diesen besonderen Aspekt der Leverkusener Geschichte.
Leverkusener GeschichteAusstellung beleuchtet die Kindheit in der Nachkriegszeit

Gernot Herzog, Wolfgang Kamm und Walter Montkowski bereiten die Ausstellung der stadtgeschichtliche Vereinigung 'Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit' vor.
Copyright: Ralf Krieger
Wie groß muss die Freude der Jungs gewesen sein, als sie beim Lager der Katholischen Jugend Opladen 1947 offenbar auf einem englischen Militärboot in schneller Fahrt über den Diemelsee im Sauerland geschleppt wurden? Sehr groß, das sieht man. Doch es fällt auf: Bei allen Jungs sieht man die Rippen, die Körper wirken ausgezehrt, die Kinder wuchsen im Krieg auf, in der Nachkriegszeit waren Kalorien Mangelware – keine Spur von der heute grassierenden Adipositas.

Ein Ausflug 1947: Ein Jugendlager der katholischen Jugend Opladen ins Sauerland an den Diemelsee. Fahrt in einem Boot des englischen Militärs.
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Bei dieser Ausstellung kann wirklich jeder mitreden, denn zum Thema Kindheit hat schließlich jeder Erinnerungen, kann Schönes, Bewegendes und auch Schlimmes erzählen: Die Stadtgeschichtliche Vereinigung Leverkusen hat in der Villa Römer eine Sonderausstellung „Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit“ aufbereitet.
Walter Montkowski, Wolfgang Kamm, Gabriele Pelzer und Gernot Herzog haben Exponate und viele Bilder über das Kindsein in Leverkusen in der Nachkriegszeit zusammengestellt. Die Ausstellung hat Kapitel, wie Freizeit, Schule, Kinder- und Jugendarbeit und Sport natürlich, zeigt aber auch eine Tafel, die an das tragische Unglück am Manforter Bahnübergang 1949 erinnert, bei dem 18 Jugendliche ums Leben kamen.
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Natürlich gibt es Klassenfotos. Gernot Herzog sagt: „Wir hoffen, dass sich Leute hier erkennen.“ Auffällig ist, dass die Schulabgänger im Gegensatz zu heute irgendwie älter und reifer wirken, die Zeiten waren schwerer, das scheint sich wohl auch im Aussehen gezeigt haben. Die Zeiten für Kinder konnten auch grausam sein: Eine Tafel zeigt, dass es 1947 Lehrern in der Wiesdorfer Schule Hauptstraße zwar per Erlass verboten war, Kinder der ersten und zweiten Klasse sowie Mädchen zu züchtigen; in der Knabenerziehung waren Schläge aber „in seltensten Fällen“ erlaubt, etwa bei Rohheits- und Grausamkeitsvergehen. Über Züchtigungen musste Buch geführt werden. Am besten schaut man sich die Ausstellung gemeinsam an, mit Gleichaltrigen oder auch mit Kindern.
Ausstellungsmacher wurden selbst noch gezüchtigt
Unweigerlich kommen eigene Geschichten hoch: Walter Montkowski, einer der Ausstellungsmacher, erinnert sich beim Rundgang, dass er in der vierten Klasse seinen Lehrer, der ihm eine Ohrfeige verpasst hatte, reflexartig zurückgehauen hat. Seine Mutter musste in der Schule deshalb „antanzen“. An Momente, in denen der Adrenalinspiegel hoch ist, erinnert man sich noch lange gut: Noch einmal drohten ihm Schläge: In der achten Klasse, als es um die Schreibweise von „das“ oder „daß“ ging. Dieses Mal ging es gut, denn er hatte die Sätze richtig geschrieben, sich aber schon Gedanken gemacht, ob er es sich dieses Mal leisten könne, nicht zurückzuhauen. Montkowski wurde später selbst Lehrer, er unterrichtete an der Marienschule.

Klassenfotos
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Gernot Herzog wuchs in Bürrig auf. Seine Eltern hatten schon sehr früh einen Fernseher: „Das muss 1955 gewesen sein“, erinnert er sich. Pünktlich zur Kinderstunde fanden sich ab da Pänz aus der Nachbarschaft ein, auch Gabriele Pelzer, mit der er gemeinsam diese Ausstellung gestaltet hat. Man hat dann regelmäßig gemeinsam in die „Flimmerkiste“ geschaut. „Fury“ und „Lassie“, was damals so lief.
Herzog hat zudem seinen alten aus Holz gefertigten Spielzeug-Lkw eingebracht, den er zu Weihnachten 1954 geschenkt bekommen hat. Der Lkw ist sehr schön erhalten, mit dem Prachtstück wurde anscheinend nicht wild und nur im Haus gespielt. Herzog hat auch seine Eisenbahn unter den Exponaten, die ihm der Opa schon früh gekauft hat, nachdem er im Toto gewonnen hatte. Eine weitere schöne Spielzeug-Leihgabe der Ausstellung ist ein braun geschecktes Pony auf Rädchen. Es ist handgemacht, gekonnt aus einem echten Pferde- oder Kuhfell hergestellt, eine Pretiose für jedes Mädchen.

Naturfreunde 1950
Copyright: Ralf Krieger
Die Ausstellung widmet sich der Gründung von Sportvereinen, da soll es Probleme gegeben haben, nach der gleichgeschalteten Welt der Kinderorganisation in der Nazizeit. Klar wird auch, welch große Rolle die Kirche in der Zeit für Jugendliche und Kinder gespielt hat: Pfadfinder, Jugendfahrten, Jugendgruppen, kirchliche Feste bis hin zum Pfarrkarneval. Daneben gab es zum Beispiel noch die Naturfreunde und Sportvereine, die in der Ausstellung gewürdigt werden.
Eine interessante Frage kann die Ausstellung nicht beantworten, aber sie kann anregen, darüber nachzudenken: Woran werden sich Kinder von heute in 70 Jahren erinnern?
Dauer: 17. Mai bis 24. August 2025. Samstags von 15 bis 18 Uhr, sonn- und feiertags von 11 bis 16 Uhr. Eintritt: vier Euro für Erwachsene, am Samstag, 17. Mai ist der Eintritt frei.