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Interview

Über 150 Anmeldungen
Oberberg macht mit erstem Fachtag gegen Missbrauch im Sport mobil

3 min
Symbolbild Missbrauch

Missbrauch im Sport soll kein Tabu-Thema mehr sein – deshalb gehen Oberbergs Sportler jetzt gemeinsam in die Offensive.

Groß ist das Interesse am Fachtag, der am Mittwoch in Bergneustadt beginnt. Im Interview erklärt Anja Lepperhoff vom Kreissportbund, warum. 

Der Umgang mit sexualisierter Gewalt im Sport stößt in der Region auf ein gewaltiges Interesse vonseiten der Vereine. Am Mittwoch, 18. November, 17 Uhr, veranstaltet der Kreissportbund Oberberg (KSB) erstmals einen Fachtag zum Thema im Bergneustädter Krawinkelsaal. Bislang liegen rund 150 Anmeldungen vor, die Schirmherrschaft hat Landrat Klaus Grootens übernommen. Über die Veranstaltung und ihre Ziele sprach Florian Sauer mit Anja Lepperhoff (63), Geschäftsführerin des KSB.

Frau Lepperhoff, hat Sie die Zahl der von den Vereinen eingereichten Anmeldungen überrascht?

Anja Lepperhoff: Für uns ist der Fachtag ja eine Premiere, deshalb hatten wir keinen Vergleichsmaßstab. Anfangs haben wir beschlossen, das Treffen stattfinden zu lassen, wenn es mindestens 50 Interessierte gibt. Dass es dann letztlich über 150 Anmeldungen werden, hat mich dann ehrlich gesagt schon positiv überrascht.

Viel Unsicherheit bei den oberbergischen Sportvereinen

Womit erklären Sie sich das große Interesse der Vereine?

Der Umgang mit sexualisierter Gewalt im Sport ist in aller Munde. Das Land zum Beispiel tut viel und hat allerlei Fachkräfte eingestellt, die Kontakt zu den Vereinen aufnehmen. Auch die Beratungsstellen vor Ort treten an die Vereine heran. Das sorgt allerdings bei den Vorständen oft für Verunsicherung – die meisten sind eben keine ausgebildeten Experten in diesem Bereich und fragen sich nun, was ihr Verein wann tun muss. Mit unserem Fachtag möchten wir für mehr Klarheit sorgen, das ist eines unserer Hauptanliegen.

Es gibt aber wahrscheinlich auch noch die, die steif und fest behaupten, in ihrem Verein gebe es keinen Missbrauch.

Natürlich gibt es die. Denen sagen wir ganz klar: Es gibt aktuelle Fälle und es gibt sie auch immer wieder in Oberberg.

Einzigartige Kooperation in Oberberg

Sehen Sie das Oberbergische beim Schutz der Kinder und Jugendlichen gut aufgestellt?

Auf jeden Fall. Nicht zuletzt unser Fachtag beweist, dass wir mit dem Kreissportbund, den Vereinen, den Jugendämtern, den oberbergischen Beratungsstellen, der Polizei und Opferschutzinitiativen ein Netzwerk aufgestellt haben, das in dieser Breite einzigartig in Nordrhein-Westfalen ist.

Zurück zu den Unsicherheiten der Vereine: Muss jeder Sportverein heute bereits ein Schutzkonzept haben?

Nein, aber bestimmte Vereine werden es bereits im nächsten Jahr vorweisen müssen, zum Beispiel diejenigen, die FSJler einstellen oder die spezielle Fördermittel beantragen. Auch beim Landessportbund gibt es bereits Überlegungen, die Fördermittel an ein solches Konzept zu knüpfen, von dort gibt es allerdings noch keinen Stichtag. Fest steht aber: Früher oder später wird es jeden Verein treffen.

Bei der Intervention kann man viel mehr kaputtmachen als bei der Prävention.
Anja Lepperhoff, Chefin des Kreissportbundes Oberberg, empfiehlt dringend die Aufstellung von Schutzkonzepten

Neben der Prävention soll der Fachtag auch Tipps für die Intervention geben – also Maßnahmen, wenn ein Missbrauchsverdacht konkret im Raum steht.

Gerade in diesem Moment sind die Vereine gut beraten, wenn sie ein Konzept aus der Schublade ziehen können und geschulte Ansprechpartner in ihren Reihen haben. Bei der Intervention kann man viel mehr kaputtmachen als bei der Prävention.

Letzte Frage: Einer der Hauptredner in Bergneustadt wird Boris Kaminski sein, der heute in Köln lebt und als Kind und Jugendlicher von seinem Tennis-Lehrer missbraucht wurde. Wie ist der Kontakt entstanden?

Ich habe Boris Kaminski mal auf einer Veranstaltung des Kreissportbundes Warendorf erlebt. Und ich bin froh, dass er zugesagt hat. Wenn das Opfer die erlebte Gewalt auf ganz ungeschminkte Weise schildert, ist das sehr erschütternd.


Kurzentschlossene, die sich noch für den Fachtag anmelden möchten, erreichen den Kreissportbund per E-Mail an info@ksb-oberberg.eu oder per Telefon (0 22 61) 9 11 93-0.