An dieser Stelle veröffentlichen wir Leserbriefe zu Themen im Oberbergischen Kreis, die uns in der Lokalredaktion in Gummersbach erreichen.
„Wiehltalbahn und Ortskernumbau“Was unsere Leserinnen und Leser aus Oberberg bewegt

Der Platz vor der Kirche St. Severin in Lindlar soll attraktiver werden.
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„Teuer und unausgereift“
Zu unseren Berichten über die Projekte in Lindlar:
Was sich am 8. April im Lindlarer Bauausschuss abspielte, glich eher einer Inszenierung als einer verantwortungsvollen politischen Entscheidungsfindung.
Akt 1: Turnhalle und Mensa für die Schule Ost. Einstimmig lobten alle Fraktionen den Plan, der Schule Ost eine neue Turnhalle inklusive Mensa zu spendieren. Kosten: 6 Millionen Euro. Der Einklang, mit dem dieses wichtige Projekt befürwortet wurde, ließ auf einen guten weiteren Verlauf hoffen.
Akt 2: Sanierung des Ortskerns. Der historische Ortskern soll für rund 4 Millionen Euro umgestaltet werden. Ein Gemeindebeamter ließ durchblicken, dass es bei solchen Projekten darauf ankomme, „pompös und außergewöhnlich“ zu planen – nur dann fließen Fördergelder. Bei einer Förderquote von z. B. 50 Prozent müsste die Gemeinde selbst zwei Millionen Euro aufbringen. Wird hier geplant, weil es der Ortskern nötig hat – oder weil man sonst keine Fördergelder bekommt? Ein Geschäftsmann von der Hauptstraße brachte es auf den Punkt: Er befürchtet massive Umsatzeinbußen durch schlechtere Erreichbarkeit und sieht die ohnehin schwache Frequenz im Zentrum weiter gefährdet. Statt echter Bürgerbeteiligung wirkte die Präsentation wie eine Fassade, hinter der längst beschlossen wurde. Dass die Zahl der Parkplätze von 41 auf 27 reduziert wird, scheint unter den Tisch zu fallen.
Wird hier geplant, weil es der Ortskern nötig hat – oder weil man sonst keine Fördergelder bekommt?
Akt 3: Formell zur Realität. Einen taktischen Schachzug legte der Vorsitzende des Bauausschusses hin: Bedingt durch den z. T. ungeübten Umgang der Beteiligten mit Mikrofonen waren die Beiträge nur schwer zu verstehen. So beantragte die SPD, den Bereich nördlich der Kirche auf Fußgänger und Radnutzung zu begrenzen. Dies stellte der Vorsitzende direkt zur Abstimmung, als sich Gegenstimmen regten, hieß es, man könne in einer Abstimmung keine Wortmeldungen mehr akzeptieren. So geht Demokratie. Wer künftig von der Post zur Kreissparkasse fahren muss, wird dies mit erheblichen Umwegen realisieren.
Insgesamt standen Investitionen von rund 10 Millionen Euro zur Diskussion – eine zusätzliche Pro-Kopf-Belastung von etwa 458 Euro. Nicht nachvollziehbar in einer Gemeinde, die mit einem Hebesatz der Grundsteuer B von 1245 Prozent bereits NRW-weit an der Spitze steht. Die Steuerlast steigt, die Schulden ebenfalls – und das zum Teil für Projekte, deren Nutzen zumindest teilweise mehr als fraglich ist. Am 10. Mai 2025 findet eine Infoveranstaltung zur geplanten Umgestaltung des Ortskerns statt. Ich rufe alle Bürgerinnen und Bürger auf: Kommt zahlreich! Zeigen wir, dass wir nicht bereit sind, stillschweigend mitzutragen, was teuer, unausgereift und fernab der Bedürfnisse der Bürger geplant wird.
Norbert Hagen, Lindlar
„Das Potenzial liegt direkt vor uns“
Zu „Betreiber der Wiehltalbahn steigt aus“ (vom 3. April) und dem Leserbrief von Gerd Stähler:
Der Eindruck drängt sich auf, dass Herr Stähler in den 80er Jahren steckengeblieben ist – in einer Zeit, in der man Nebenstrecken der Bahn stilllegte, um den Straßenverkehr scheinbar kostengünstig auszubauen. Inzwischen sind Autobahnen und Landstraßen hoffnungslos überlastet, und der tägliche Stau etwa zwischen Wiehl und Dieringhausen zeigt deutlich: Ein weiterer Kreisverkehr in Bielstein wird daran nichts ändern.
Statt weiter Millionen in fragwürdige Straßenprojekte zu stecken, hätte man die Wiehltalbahn längst als sichere und umweltfreundliche Alternative ausbauen können. Moderne Züge fahren längst ohne Oberleitung – leiser, sauberer und energiesparender als Lkw. Sie entlasten sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr. Busse stehen im Stau wie alle anderen, die Bahn nicht. Wer die Reaktivierung ablehnt und lieber eine asphaltierte Umgehungsstraße oder einen Radweg fordert, verkennt die Realität: Auch diese wären schnell wieder überlastet – und abgelegene Radwege sind laut Kriminalstatistik für Frauen und Kinder oft nicht zumutbar. Die Strecke der Wiehltalbahn ist bereits von Ehrenamtlichen freigeschnitten worden, das Potenzial liegt direkt vor uns. Die Politik muss ihr Versprechen eines gut angebundenen ländlichen ÖPNV endlich einlösen. Fake News und verzerrte Machbarkeitsstudien helfen dabei nicht weiter.
Ich selbst bin seit 30 Jahren Lokführer. Wenn ich zu jeder Schichtzeit mit der Bahn fahren könnte, würde ich mein Hybridauto sofort stehen lassen. Reaktivierte Bahnstrecken wie die RB 28 bei Zülpich zeigen, was möglich ist. Früher war das deutsche Bahnnetz weltweit vorbildlich – heute ist es die Schweiz. Finde den Fehler.
Stefan Almer, Dieringhausen (Lokführer in Köln)
Keine „günstige Gelegenheit“
Zu „Betreiber der Wiehltalbahn steigt aus“ (vom 3. April) und zum Leserbrief von Gerd Stähler:
Herr Stähler verkennt in seinem Leserbrief zum „Betreiber-Ausstieg“ bei der Wiehltalbahn (WTB) die Sachlage. Die Rhein-Sieg-Eisenbahn konzentriert sich in Zukunft auf ihr Kerngeschäft als Eisenbahn-Verkehrsunternehmen (EVU) und zieht sich aus dem Geschäftsfeld als Eisenbahn-Infrastruktur-Unternehmen (EIU) zurück. Das betrifft nicht nur die WTB, sondern auch andere Strecken, die sich neue Betreiber gesucht haben.
Insofern ist das ein ganz normaler Geschäftsvorgang, den Herr Stähler unter „betriebswirtschaftlichen Gründen“, die er bei der Wiehltalbahn sucht, abbuchen möchte – eine Behauptung, die er nicht belegen kann, sondern mit dem diffusen, aber unzutreffenden Wörtchen „offenbar“ garnieren muss.
Betriebsanlagen von Eisenbahnstrecken in völlig andere Nutzungen umzuwidmen, ist nicht so ohne Weiteres möglich.
Außerdem: Betriebsanlagen von Eisenbahnstrecken in völlig andere Nutzungen umzuwidmen, ist nicht so ohne Weiteres möglich. Sind die Gerichtsverfahren mit den nachfolgenden höchstrichterlichen Urteilen zum Vorhalten der Eisenbahn-Infrastruktur im Wiehltal bereits vergessen, die vor Jahren unter anderem von Kommunen und der privaten Wirtschaft – allen voran der Bergischen Achsenfabrik in Wiehl – angestrengt und mit Pauken und Trompeten verloren wurden? Es gibt also keine „günstige Gelegenheit“, die Wiehltalbahn loszuwerden, wie Herr Stähler glauben machen möchte.
In diesem Zusammenhang ist auch das diffamierende Wort „Spielzeugbetrieb“ eine bereits abgenutzte Redewendung, die bestenfalls von ausgeprägter Unkenntnis zeugt. Die WTB bleibt, was sie ist – eine Eisenbahnstrecke, und kein frei verfügbarer Geländevorrat für irrsinnige Straßenbauprojekte, an dem sich Politiker ganz nach Gutdünken bedienen können.
Axel Johanßen, Lüchow (Wendland)
„Erst einmal im Ortskern gründlich sanieren“
Zu „Streit um Umgestaltung geht weiter“ über das Areal am Kulturzentrum Lindlar (vom 11. April):
Anstatt Geld zum Fenster rauszuwerfen für die „Umgestaltung“ einer völlig intakten Fläche, wo es nichts dran zu mäkeln gibt, sollte erst einmal im Ortskern gründlich saniert werden. Die Pflasterung ist an vielen Stellen komplett marode und zerstört.
Des Weiteren der Bürgersteig in Höhe der Asylcontainer und Hallenbad. Der Zustand spottet jeder Beschreibung! Wenn dann noch etwas Geld übrig ist, schlage ich vor, ein paar Eimer Farbe zu kaufen und Fahrradschutzstreifen auf die Hauptverkehrswege aufzubringen, da wo auch Fahrradverkehr ist und nicht an einem nebensächlichen Weg wie der Shaftesburystraße.
Peter Fabritius, Lindlar
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