Bei einem Streit auf der Arbeit soll der Angeklagte (27) seinen Kollegen (39) so hart getreten haben, dass dieser sich den Ringfinger brach.
AmtsgerichtLindlarer soll seinen Kollegen bei der Arbeit getreten haben

Vor dem Amtsgericht Wipperfürth wurde verhandelt.
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Die Situation „Aussage gegen Aussage“ ist immer schwierig. Selbst dann, wenn auf der einen Seite ein Arztbrief steht, auf dem das angeklagte Delikt festgehalten ist. So auch im Fall eines Streits auf der Arbeit, bei dem ein 27-Jähriger aus Lindlar seinem 39-jährigen Kollegen vor etwa einem Jahr mit einem Arbeitsschuh so hart getreten haben soll, sodass dieser sich den linken Ringfinger gebrochen hatte.
Angeklagter soll Geschädigten an unangemessenen Stellen berührt haben
Der Angeklagte stritt diesen Vorwurf am Amtsgericht rundweg ab. Zwar habe man sich immer wieder aus Spaß getriezt, das sei aber zum einen wechselseitig gewesen und zum anderen habe es nie Streit gegeben. Auch ein über die Arbeitsstelle hinaus gehendes Verhältnis habe es nicht gegeben. „Wir haben uns nur bei der Arbeit gesehen, sonst nicht. Außerdem hat das Unternehmen zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet, sodass wir uns auch dort nicht mehr begegnen werden“, sagte der Angeklagte.
Der Geschädigten erklärte hingegen, dass der Angeklagte ihn immer wieder an unangemessenen Stellen berührt habe, dass er ihm auch gesagt habe, dass er das nicht wolle, schon gar nicht auf der Arbeit. Darin war der 39-Jährige sehr klar und eindeutig. Auf der anderen Seite konnte er zum eigentlichen Vorwurf nicht viel sagen. Zunächst sprach er davon, „geschubst“ worden zu sein, daraus wurde dann auf Nachfrage ein Stoßen. Er sagte außerdem, dass es keine Auseinandersetzung gegeben habe, auch konnte er sich an viele Dinge nicht erinnern, flüchtete sich immer wieder in die Aussage: „Muss ich das beantworten?“, wenn der Richter konkrete Fragen stellte und wirkte insgesamt sehr unsicher.
Besonders deutlich wurde dies auf die Nachfrage des Verteidigers, welcher Finger gebrochen denn gewesen sei, der Zeuge allerdings zunächst länger überlegen musste, sich dann auf „den Mittel- oder Zeigefinger“ festlegte, während im Arztbericht vom Ringfinger die Rede war. Auch die Tatsache, dass der 39-Jährige erst am Folgetag zum Arzt gegangen sei – der Vorfall war am Ende der Schicht gegen 15 Uhr passiert –, sprach nicht für den Geschädigten. Der fühlte sich mit immer weiterem Verlauf der Aussage offensichtlich immer unwohler – während der Angeklagte ganz ruhig zu sein schien. Am Ende sagte der Richter: „Ich sag’s mal so: Es gibt besser Zeugen, die das Geschehene besser schildern könnten. Ich könnte mir vorstellen, das Verfahren einzustellen.“
Davon wollte allerdings der Rechtsanwalt nichts wissen, der es auf einen Freispruch anlegte. Dazu kam es dann auch – auch wenn der Richter betonte, dass er dem Angeklagten nicht glaube, dass die Späße auf der Arbeit auf Gegenseitigkeit beruhten. „Ich glaube, dass der Geschädigte von Ihnen eingeschüchtert war. Wenn jemand sagt, dass er etwas nicht will, dann hat das so zu sein“, sagte er. Allerdings sei die angeklagte gefährliche Körperverletzung nicht nachweisbar – weshalb der Angeklagte freizusprechen sei. Der Staatsanwalt hatte auf Körperverletzung plädiert und eine Geldstrafe von 2500 Euro gefordert.