Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Rettungswagen-RendezvousDie Evolution des oberbergischen Clinomobils

Lesezeit 3 Minuten
Drei RTW-Generationen trafen sich jetzt in Wiehl-Bomig.

Drei RTW-Generationen trafen sich jetzt in Wiehl-Bomig.

Ein Scheunenfund führte zu einem besonderen Rendezvous oberbergischer Rettungswagen in Wiehl.

„Das ist die Evolution des Oberbergischen Rettungsdienstes“, freute sich Notfallsanitäter Tim Sommer am Sonntagnachmittag beim Zentrallager des Rettungsdienstes im Industriegebiet Wiehl-Bomig. Gemeinsam mit Sebastian Bode, Öffentlichkeitsmitarbeiter beim Amt für Rettungsdienst des Kreises, hatte er ein Zusammentreffen von alten und neuen Einsatzfahrzeugen organisiert. In Reih und Glied standen das „Clinomobil“ von 1963, der erste Rettungswagen im Kreis, ein 1973 vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) angeschaffter „DüDo“ und ein moderner Rettungstransportwagen (RTW), wie er aktuell im Einsatz ist, nebeneinander.

Als das Tor aufging, habe ich gedacht, ich träume.
Michael Nixdorf zum alten DRK-Rettungswagen

Grund für diese ungewöhnliche Zusammenkunft war ein „Scheunenfund“ von Michael Nixdorf aus Schwerte vor einem Jahr. Über eine Internetanzeige war er auf den ehemaligen DRK-Rettungswagen aufmerksam geworden. 27 Jahre lang hatte der „DüDo“ – ein nach dem Mercedes-Werk in der Landeshauptstadt benannter „Düsseldorfer Transporter“ – in einer Garage auf dem Reichshofer Blockhaus gestanden und war praktisch vergessen worden. Nixdorf ist begeistert: „Als das Tor aufging, habe ich gedacht, ich träume.“

Christel Rademacher und Michael Nixdorf im Transportraum des Dü-Do.

Im Transportraum des „Düsseldorfer Transporter“: Christel Rademacher und Michael Nixdorf. Fotos: Kupper

Doch der Reihe nach: Die Geschichte beginnt im Jahr 1964, als die Gummersbacherin Christel Rademacher mit ihrem Mann Bernd die Eltern in Köln besuchen will. Auf dem Weg dorthin – die Autobahn 4 gab es damals noch nicht – wird die heute 83-Jährige Zeugin eines Fahrradunfalls. Während sie den nach seinem Sturz schwer verletzten Fahrer in den Armen hält, fährt ihr Mann in die nächstgelegene Ortschaft und versucht, einen Arzt zu finden. Das gelingt auch, allerdings erst nach einer Dreiviertelstunde. Am Unfallort eingetroffen, war der Blutverlust bereits zu groß. Er kann dem Mann nicht mehr helfen.

Ein traumatisches Erlebnis

Dieses Erlebnis war traumatisch für das Ehepaar. „Ich hatte damals keine Ahnung, wie ich ihm helfen kann“, erinnert sich Christel Rademacher. Gemeinsam mit ihrem Mann beginnt sie eine Ausbildung beim DRK – sie als Schwesternhelferin, er als Rettungssanitäter. Das führt dazu, dass Bernd zunächst Einsätze mit dem Clinomobil fährt, nachdem der DRK es vom Gummersbacher Krankenhaus übernommen hat, 1973 wechselt er auf den „DüDo“. Oftmals mit seiner Frau zusammen im Rettungseinsatz, hat er das Fahrzeug nach einem Vierteljahrhundert liebgewonnen und rettete es nach seiner Ausmusterung 1998 vor der Verschrottung. Ab da versank es in einem Dornröschenschlaf in der Garage auf dem Blockhaus.

Christel Rademachers Mann ist vor zwei Jahren gestorben. Durch Zufall traf sie Lieselotte Schneider, die ehemalige Betreiberin der Jugendherberge auf dem Blockhaus, vor rund einem Jahr auf einem Konzert und das Gespräch kam auf den alten Rettungswagen: „An den hatte ich überhaupt nicht mehr gedacht.“ Die Versuche, ihn nun zu verkaufen, misslangen zunächst, denn die zahlreichen Interessenten wollten ihn zum Wohnmobil umbauen: „Im Andenken an meinem Mann wollte ich ihn nur an jemanden abgeben, der ihn so erhält, wie er ist.“

Noch sehr original ausgerüstet

Und der Rettungswagen ist noch sehr original ausgerüstet. Er wirkt, als wäre er bereit zum Einsatz. Die Sauerstoffflasche hängt unberührt an der Kopfwand, daneben sind die Schränke prall gefüllt mit Verbandsmaterial. Unverändert hat die Liege ihren Platz in der Mitte des Transportraums, an der rechten Seitenwand hängt die Vakuummatratze. Über dem Fenster zum Fahrerbereich steht die Nummer „DRK RTW gm 8107“, darunter ein Aufkleber „Rot Kreuz Oberberg 3/83/1“. Rademacher erläutert beeindruckt: „Das ist die Funkrufnummer und ganz klar die Handschrift meines Mannes.“

„Seit meiner Kindheit bin ich fasziniert von Einsatzfahrzeugen“, berichtet Michael Nixdorf. So hat er an seine Krankenpflegerausbildung auch eine im Rettungsdienst angeschlossen. Privat sammelt er und nennt inzwischen sechs RTW, zwei Notarzteinsatzfahrzeuge und zwei Krankentransportfahrzeuge aus den 70er bis 90er Jahren sein eigen. Der „Dü-Do“ ist für ihn ganz besonders, da er aus der ersten Serie stammt: „Mir ist der Atem stehen geblieben, als ich den Wagen das erste Mal gesehen habe und das Glücksgefühl hält bis heute an.“