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Prozess19-jähriger Bergisch Gladbacher unternahm Spritztouren ohne Führerschein

Lesezeit 3 Minuten
Ein Gebäude mit einer Klinkerwand, darauf der Schriftzug Amtsgericht und ein Wappen.

Spritztouren ohne Führerschein - Ein Fall für das Amtsgericht Bergisch Gladbach.

Zeugen sollen mit Hells Angels bedroht worden seien: Gericht verurteilte den Angeklagten zu 60 Sozialstunden und einem Verkehrserziehungskurs

Wir haben gesehen, wie Patrik G. nachts mit einem weißen Tiguan in Refrath herumgefahren ist und wussten, dass er keinen Führerschein hat.“ Das bestätigte der Zeuge Benjamin W. (alle Namen geändert) bei dem Prozess vor dem Einzelrichter im Amtsgericht Bergisch Gladbach. Auch von der Polizei ist der Angeklagte schon erwischt worden, als er ohne Fahrerlaubnis unterwegs war.

Insgesamt wurden ihm drei Fahrten vorgeworfen, dazu kamen Drohungen, mit denen er angeblich die Zeugen bedrängt haben soll. In der einen Drohung hieß es: „Ich schicke Euch die Hells Angels auf den Hals“, in einer anderen: „Hört auf, mich im Auto zu filmen, sonst steche ich Euch ab.“

Die eigene Clique hatte den jungen Mann angezeigt

Der 19-jährige Angeklagte gab eine Fahrt zu, die anderen Tatvorwürfe wies er jedoch vehement zurück. So sei zwar die erste Drohung von seinem Handy versendet worden, doch er habe damit nichts zu tun. Zur Geschichte: Eigentlich gehörte der Angeklagte zu der Clique, die ihn jetzt angezeigt hat. Einer der Zeugen war vorher mit Patriks Freundin Fabienne R. liiert, auch er berichtete von den Fahrten im weißen Tiguan.

Als die Freundin nun im Zeugenstand saß, vermutete sie: „Die Gruppe will uns schaden und wir haben alle auf den sozialen Medien blockiert.“ Dann befragte Richter Ertan Güven die 18-Jährige zu den Fahrten. Sie meinte, Patrik sei gar nicht gefahren, sondern ihre Oma, der das Auto auch gehöre. Der Richter fragte nach, warum die drei denn nachts durch die Gegend gefahren seien. Sie antwortete: „Das hatte keinen besonderen Grund, einfach so.“

Der Richter vermutete eine Falschaussage der Freundin

Das stimmte den Richter misstrauisch und als Fabienne immer weiter in unglaubwürdige Details abdriftete, redete Richter Güven Klartext: „Ich mache das hier schon viele Jahre, ich lass' mich von Ihnen nicht belügen!“ Der Protokollantin sagte er, sie solle sich notieren, dass sich die Zeugin nun wegen einer Falschaussage vor Gericht zu verantworten habe. Das bestätigte sich dann bei der Zeugenaussage der sichtlich nervösen Großmutter Katharina R. Auf Nachfrage meinte sie: „Nein, ich habe nachts keine Spritztour mit den beiden unternommen.“

Nachdem die sehr glaubhafte Zeugin ihre Aussage beendet hatte, bat der Verteidiger, Rechtsanwalt Dirk Torsten Keller, kurz mit seinem Mandanten auf dem Flur sprechen zu dürfen. Als er wiederkam, betrat auch Fabienne noch einmal den Gerichtssaal und wollte erneut aussagen. In ihrer zweiten Aussage bestätigte sie die Fahrten und meinte, dass sie die Drohung mit den „Hells Angels“ vom Handy ihres Freundes abgeschickt habe.

Verzicht auf Führerscheinsperre, um Beruf nicht zu gefährden

Offensichtlich zeigte die Ansprache des Richters nun ihre Wirkung. Auch Patrik G. war jetzt einsichtig: Er gab die Fahrten alle zu. Nachdem die Jugendgerichtshilfe ihre Einschätzung gegeben hatte, forderte die Staatsanwaltschaft, das Jugendstrafrecht anzuwenden und den Angeklagten zu 60 Sozialstunden, zur Zahlung einer Geldstrafe und zum Besuch eines Verkehrserziehungskurses zu verpflichten. Der Verteidiger wies in seinem Plädoyer noch darauf hin, dass gerade bei den Drohungen von typischen Verfehlungen von Jugendlichen auszugehen sei.

Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Zum Schluss wandte sich Richter Ertan Güven an den Angeklagten. „Ich habe bewusst darauf verzichtet, Ihnen eine Führerscheinsperre aufzuerlegen, damit Sie Ihren Beruf als Kfz-Mechatroniker auch nach der Ausbildung ausüben können. Außerdem habe ich mir die Frage gestellt: Warum fahren Sie Auto ohne Fahrerlaubnis? Ich habe keine Antwort gehört!“

Er machte Patrik G. eindringlich darauf aufmerksam, dass er seinen Führerschein vergessen könne, wenn er noch einmal erwischt würde. Dann legte er nach: „Ich kann Sie dann auch bis zu vier Wochen unter Arrest stellen.“ Es ist zu hoffen, dass der Angeklagte nun den Schuss gehört hat.