„Cold Case“ von 2003: 57-jähriger Mann aus Kürten muss sich vor dem Landgericht Paderborn wegen Mordes verantworten.
MordanklageWie Spucke einen Kürtener nach 22 Jahren vor Gericht bringt

Durch einen DNA-Massentest (hier eine gestellte Szene der Polizei) war der Kürtener wieder ins Visier der Ermittler geraten.
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Mord verjährt nicht. Und deshalb suchen Ermittler in so genannten „Cold Cases“ immer wieder mit modernsten technischen Mitteln nach neuen Spuren. Einen 57 Jahre alten Mann aus Kürten bringt eine alte DNA-Spur in Paderborn vor Gericht – ab dem 5. November wird er als mutmaßlicher Mörder eines Barkeepers aus Bad Driburg im Kreis Höxter auf der Anklagebank sitzen. Im Mai war er wie berichtet festgenommen worden.
„Cold Cases“, „kalte Fälle“, nennen Kriminalpolizisten lange zurückliegende, nicht aufgeklärte Straftaten. Der Fall aus dem Jahr 2003 ist einer der spektakulärsten dieser „Cold Cases“ in Ostwestfalen-Lippe: Damals wurde der 29 Jahre alte Tino W. tot in seiner Wohnung in Bad Driburg entdeckt, mit gefesselten Händen und mit dem Kabel eines Elektrogeräts stranguliert.
Kürtener war im Mai auf seiner Arbeitsstelle festgenommen worden
Dem als Barkeeper in einem Hotel im benachbarten Brakel arbeitenden W. fehlte das Kellnerportmonee, das nach ersten Ermittlungsergebnissen etwa 150 Euro enthalten haben sollte. Zunächst gingen die Ermittler von einem Tötungsdelikt im Homosexuellen-Milieu aus: W. hatte seine sexuellen Präferenzen offen ausgelebt und regelmäßig Männer-Kontakte über Dating-Portale geschlossen. Weil das Geld fehlte, lag für die Mordkommission „Morgenstern“ – so genannt nach der Wohnanschrift des Opfers – ein Raubmord nahe. Aber alle Spuren führten ins Nichts.
Den Durchbruch bei den Ermittlungen brachte in der ersten Hälfte dieses Jahres eine Auswertung von DNA-Spuren mit mittlerweile deutlich verbesserten Methoden und eine erneute Speichelprobe von 120 Personen, die mit W. in Kontakt gestanden hatten. Dieselbe Fremd-DNA, die seinerzeit an W.s Bekleidung gefunden wurde, soll auch am Lenkrad von W.s Opel festgestellt worden sein – und diese wiederum soll identisch sein mit der Speichelprobe eines damaligen Nachbarn des Getöteten.
Angeklagter soll im selben Haus gelebt haben wie der Ermordete
Bei jenem handelt es sich um den 57-Jährigen aus Kürten. Er soll zur Tatzeit im selben Haus gelebt haben, wie W. und den Ermittlern gegenüber als Zeuge angegeben haben, er habe W. mit seinem Auto zu einem Kurzurlaub wegfahren sehen.
Tatsächlich wurde das besagte Fahrzeug an dem Tag noch in Bad Driburg gesichtet – mittlerweile hält die Staatsanwaltschaft Paderborn es für naheliegend, dass der Tatverdächtige selbst den Wagen gefahren hatte, um den Eindruck zu erwecken, W. sei tatsächlich weggefahren. Zum Motiv teilte die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung mit, sie gehe davon aus, dass der 57-Jährige damals aus Schwulenfeindlichkeit und Geldnot gehandelt habe – woraus sich die Mordmerkmale der niederen Beweggründe und der Habgier ergeben.
Für den Prozess wegen Mordes sind zunächst fünf Verhandlungstage angesetzt
Der Angeklagte soll seiner Lebensgefährtin vorgetäuscht haben, einer geregelten Arbeit nachzugehen, obwohl er tatsächlich arbeitslos gewesen sei.
Der Kürtener, der Mitte Mai von der Polizei an seinem Arbeitsplatz festgenommen festgenommen wurde, muss sich ab Mittwoch kommender Woche, 5. November, muss er sich in Paderborn vor dem Schwurgericht verantworten, das für den Prozess zunächst neun Verhandlungstage bis Mitte Januar angesetzt hat.
Ob der 57-Jährige sich vor Gericht zu den Vorwürfen äußert, ist noch offen. In der Untersuchungshaft hat er bisher geschwiegen.

