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MillionenbetrugRösrather Angeklagter und Tochter erwarten in Zukunft getrennte Gerichtsverfahren

Lesezeit 3 Minuten
Ein Staatsanwalt sitzt im Landgericht hinter einem Stapel Akten.

Grund für die gerichtliche Trennung ist der psychische Zustand der 23-Jährigen.

Im spektakulären Subventionsbetrug hatten sich die beiden Angeklagten gegenseitig belastet – nun bekommt die Tochter ihren eigenen Prozess.

Über Tage hatte die 23-Jährige in einem spektakulären Prozess wegen Subventionsbetrugs in Millionenhöhe unter anderem mit Coronahilfen vor dem Landgericht ihren Vater (58) schwer belastet. Am Freitag sahen sich Tochter und Vater vermutlich für lange Zeit das letzte Mal, denn die 9. Große Strafkammer am Landgericht hatte zuvor das Verfahren der 23-Jährigen abgetrennt. Die Vorwürfe gegen die junge Frau werden fortan in einem eigenen Prozess unter einem eigenen Aktenzeichen verhandelt. Mit der Abtrennung kam das Gericht einem Antrag der Verteidiger Andreas Kerkhof und Prof. Alfred Dierlamm nach, die an die „Fürsorgepflicht“ des Gerichts appelliert hatten. Gemeinsam mit dem Vater vor Gericht zu stehen, sei für die 23-Jährige eine enorme psychische Belastung.

Dabei verwiesen sie auf ein gerichtlich bestelltes Gutachten, das der 23-Jährigen „eine posttraumatische Belastungsstörung mit depressiver Überlagerung“ attestiert hatte. Vor diesem Hintergrund könne es „im Falle eines persönlichen Kontakts mit dem Vater zu einer Stressreaktion und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu einer sogenannten Freeze-Reaktion kommen“, hatten die Verteidiger am vergangnen Dienstag in ihrem Abtrennungsantrag ausgeführt. Und eine solche Situation könne die weitere Verhandlungsfähigkeit der jungen Frau „mit Sicherheit gefährden“. Die 23-Jährige wird somit künftig in einem eigenen Verfahren vor Gericht stehen.

Der Angeklagte soll auch von der polnischen Justiz verfolgt werden

Konkret wird ihr vorgeworfen nach dem Starkregen im Juli 2021 einen fingierten Flutschaden in siebenstelliger Höhe geltend gemacht zu haben. Sie hatte gegenüber den Behörden erklärt, dass im Keller ihrer Wohnung in Bergisch Gladbach teure Gesundheitsartikel wie Cannflavin — ein Extrakt aus der Cannabispflanze — in der Flutnacht 2021 weggespült worden seien. Als ihr Vater eher zufällig erfahren habe, dass es für Opfer des Starkregens staatliche Hilfen gebe, habe er sofort die Chance auf schnelles Geld gewittert. In Wirklichkeit, so die 23-Jährige weiter, sei aber nichts zu Schaden gekommen. Ihr Vater habe das alles nur gefaked. Offensichtlich erfolgreich, denn im April 2023 erhielt die 23-Jährige knapp eine Million Euro von der NRW.Bank überwiesen.

Zwar hatte die junge Frau für den Fluthilfebetrug die Verantwortung übernommen. Sie hatte aber stets betont, ausschließlich auf Anweisung ihres Vaters gehandelt zu haben, den sie als einen notorischen Berufsbetrüger charakterisierte. Laut Informationen aus Justizkreisen soll der 58-Jährige auch von der polnischen Justiz verfolgt werden, weil er den polnischen Fiskus vor Jahren mit einem Umsatzsteuerkarussell um rund sieben Millionen Euro geprellt haben soll.

Die 23-Jährige legte Tonaufnahmen als Beweismittel vor

Der 58-Jährige, der alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückweist, hat sich bislang gegen die Behauptungen seiner Tochter verwahrt. Laut ihm sei seine Tochter so umtriebig, dass sie keiner Anleitung bedürfe. Gegen diese Behauptung trat die 23-Jährige am Freitag einen Gegenbeweis an. Sie überreichte dem Gericht ein aufgezeichnetes Telefonat mit einem Gutachter, der nach der Flutnacht 2021 den angeblich in ihrem Keller entstandenen Schade habe ermitteln sollen.

Der Mitschnitt wurde aus formalen Gründen noch nicht vor Gericht angehört. Laut den Angaben der 23-Jährigen sei auf der Aufnahme aber klar zu vernehmen, wie ihr Vater ihr während des Telefonats Anweisungen gegeben habe, was sie konkret sagen solle.