Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

InterviewBestsellerautor Frank Goosen in Brühl: „Heimat ist da, wo ich kein Navi brauche“

4 min
Das Bild zeigt den Autor vor einer Mauer.

Autor und Kabarettist Frank Goosen tritt in Brühl auf. 

Der Bestsellerautor und Kabarettist Frank Goosen erzählt im Interview, warum viele seiner Texte in die Vergangenheit führen. 

„Einen kleinen Streifzug durch mein Werk“, verspricht der Kabarettist und Erfolgsautor Frank Goosen bei seinem Gastspiel am Freitagabend (12. September) in der Galerie am Schloss in Brühl. Der Titel „Heimat, Fußball, Rockmusik - Ein bisschen was vom Besten!“ steht für die Themen, um die es häufig in seinem Werk geht, sagt der Bochumer im Gespräch mit Markus Peters.

Herr Goosen, auf was können sich die Besucher bei „Heimat, Fußball, Rockmusik - Ein bisschen was vom Besten!“ freuen?

Frank Goosen: Ich habe Texte aufgenommen, die ich selbst gerne mache. Und da das meistens Texte sind, die bei den Fans gut angekommen sind, sind deren Wünsche indirekt mit drin. Es gibt also Geschichten über das Aufwachsen in den Achtzigern, etwa darüber, wie wir versucht haben, mit Mixtapes voller Musik Mädchen zu beeindrucken. Ich werde auch etwas über meine Lieblingsband, die Beatles, erzählen. Beim Thema Fußball komme ich vor allem an den vier Jahren, in denen ich Jugendtrainer bei einem kleinen Verein in Bochum war, nicht vorbei. Die Kabinengespräche der Jungs waren oft sehr bemerkenswert.

Heimat ist ein großes Wort. Was ist für Sie Heimat?

Ein Gefühl der Zugehörigkeit. Heimat ist da, wo ich kein Navi brauche. Und kein Lexikon, um die Leute zu verstehen.

Früher war überhaupt nichts besser. Das behaupte ich auch nicht. Im Gegenteil: Ich wende mich vehement gegen diesen Satz.
Frank Goosen darüber, dass seine Texte in die Vergangenheit führen

Viele ihrer Texte führen zurück in die Vergangenheit. Können Sie erklären, weshalb diese literarischen Zeitreisen Ihre Leser und Zuhörer so ansprechen? War früher wirklich alles besser?

Früher war überhaupt nichts besser. Das behaupte ich auch nicht. Im Gegenteil: Ich wende mich vehement gegen diesen Satz. Es ist halt so, dass wir alle unsere Vergangenheiten mit uns herumschleppen. Mein jüngster Roman „Spiel ab!“ ist ja durchaus gegenwärtig und schildert, humorvoll, aber realistisch, die Dynamiken in einer multikulturell besetzten jugendlichen Fußballmannschaft.

Gibt es im Kosmos ihrer Bücher Lieblingsfiguren?

Klar, das sind die Figuren, die immer wieder auftauchen. Für meine Kindheits- und Jugendgeschichten sind das die Kumpels Spüli, Pommes und Mücke. Und für die Storys aus dem Leben der Erwachsenen sind das Förster, Fränge und Brocki. Wobei ich immer eine Schwäche für die Typen habe, die sich mit ihrer großen Klappe selbst in Schwierigkeiten bringen. Also einerseits mit Spüli, andererseits mit Fränge.

Sie zählen noch zur Boomer-Generation, die derzeit viel Kritik einstecken muss. Zu Recht oder zu Unrecht?

Da ich nie einen richtigen Job hatte, bekomme ich keine gesetzliche Rente. Für mich muss also kein Nachgeborener zahlen. Aber dass wir den nachfolgenden Generationen einen kaputten Planeten hinterlassen, dafür darf man uns schon kritisieren.

Was inspiriert Sie, wie läuft der Schreibprozess ab?

Ideen habe ich immer genug, aber ich brauche die Muße, die auch aufzuschreiben. Wenn ich einmal im Flow bin, kann ich überall schreiben, auch im Zug oder im Hotelzimmer.

Woran arbeiten Sie derzeit?

Ich lege gerade letzte Hand an meinen neuen Roman, der „Lovely Rita“ heißt und im Februar 2026 erscheint. Es ist ein Roman über eine Kneipe, die bald dicht macht. In einer Kneipe kreuzen sich ja die unterschiedlichsten Schicksale und Geschichten, viele davon sehr komisch, aber nicht alle. Dazu gehört in diesem Falle auch die Geschichte des Verhältnisses zwischen der Wirtin Rita und ihrer Schwester sowie deren Tochter.

Nach wie vor mag ich vor allem handgemachte Musik.
Frank Goosen über seine Lieblingsmusik

Im aktuellen Programm geht es auch um Musik. Was ist für Sie gute Musik? Wie stehen Sie zu Phänomenen wie Taylor Swift, K-Pop oder deutschen Rap, und haben Sie einen musikalischen Geheimtipp, den Sie hier teilen wollen?

Nach wie vor mag ich vor allem handgemachte Musik. Taylor Swift finde ich als Phänomen interessant. Soweit ich das beurteilen kann, ist sie kein schlechtes Role Model, vor allem für junge Frauen. Musikalisch richtet sich das nicht an mich. Ich finde ihre akustischen Alben wie „Folklore“ ganz interessant. K-Pop oder Deutschrap (oder anderer) erreicht mich noch weniger. Ich bin der Singer/Songwriter-Typ. Da hätte ich zwei aktuelle Empfehlungen: den Kanadier Jerry Leger, vor allem sein letztes Album „Donlands“. Tolle Songs, toller Sound. Gleiches gilt für Tess Liautaud, eine Amerikanerin, die offenbar in Frankreich aufgewachsen ist und jetzt in Neuseeland lebt. Americana vom Feinsten.

Sie sind geborener und praktizierender Ruhrgebietler. Wie würden Sie aus dieser Perspektive die Rheinländer charakterisieren?

Rheinländer sind etwas leichtlebiger, vielleicht auch optimistischer als wir. Beim Fußball haben sie eine herzerwärmende Vernunftferne. So etwas mag ich.

Mit was für Argumenten würden Sie Rheinländer für einen Besuch ins Ruhrgebiet locken?

Du wirst Dinge und Leute sehen, die es woanders nicht gibt. Und der Satz „Die erste Runde geht auf mich“ bricht immer das Eis.

Brühl liegt im Rhein-Erft Kreis, der in diesem Sommer 50 Jahre alt wurde. Welches Geburtstagsgeschenk würden Sie dem Kreis machen?

Einen kollektiven Besuch im Ruhrmuseum auf Zollverein in Essen.

Sie sind in diesem Jahr seit 50 Jahren Fan des VfL Bochum; eine Zuneigung, die sich nicht jedem erschließt. Was macht die Blau-Weißen so besonders?

Na ja, wir stehen halt immer wieder auf. Das Dumme ist: Dass wir hinfallen, ist meistens unsere eigene Schuld.

Man sagt manchmal, Fußballfans können besser als andere mit Schmerz und Trauer umgehen. Wahr oder falsch?

Falsch. Die Wut und die Trauer, wenn dein Verein mal wieder völlig unnötig abgestiegen ist, hilft dir überhaupt nicht, wenn zum Beispiel ein Mensch stirbt, der dir wichtig war. Das eine ist das echte Leben, das andere nur Fußball. Wenn man anfängt, das zu verwechseln, hat man ein echtes Problem.

Wo sehen Sie den VfL am Ende der gerade begonnenen Saison? Und wer wird Meister?

Meister wird, dafür muss man kein Experte sein, der FC Bayern. Und nach den ersten Spielen der Saison bin ich froh, wenn der VfL sich in der zweiten Liga wenigstens behaupten kann.

Zur Person und Veranstaltung in Brühl

Frank Goosen wurde 1966 in Bochum geboren. Seit 1992 bildete er mit Jochen Malmsheimer das Literatur-Kabarett-Duo Tresenlesen. Der Durchbruch gelang Goosen 2001 mit seinem Debütroman „Liegen lernen“, der auch verfilmt wurde. Er war zeitweise Aufsichtsratsmitglied des VfL Bochum und Jugendfussballtrainer.

„Ein bisschen was vom Besten“ findet am Freitag, 12. September, um 20 Uhr in der Galerie statt. Karten sind im Vorverkauf zum Preis von 27,30 Euro / 18,50 Euro ermäßigt in der Tourist Information, Steinweg 1, Brühl oder im Webshop der Stadt erhältlich.