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InterviewPaartherapeutin aus Erftstadt: „Liebe ist nicht nur ein Gefühl, sondern eine tägliche Entscheidung“

Lesezeit 4 Minuten
Eine Frau sitzt auf einem Sofa.

„Partnerschaft kann man lernen“: Da ist sich Daniela Dvoretska sicher.

Was macht eine glückliche Beziehung aus? Und wann ist eine Trennung der bessere Weg? Darüber spricht Daniela Dvoretska im Interview.

Daniela Dvoretska ist Diplom-Psychologin und systemische Psychotherapeutin. In ihrer Praxis in Erftstadt-Lechenich sowie online bietet sie psychologische Beratung und Paartherapie für Einzelpersonen und Paare an. Nach ihrem Psychologiestudium in Berlin und einigen Jahren in der Forschung eröffnete sie 2016 eine Praxis für Paartherapie in Köln.

Seit 2024 führt sie ihre Praxis für Psychotherapie und Paartherapie in Erftstadt-Lechenich. Im Interview mit Eva-Maria Zumbé spricht sie unter anderem darüber, was eine glückliche Beziehung ausmacht, wie sich der Einfluss von Alltag oder Stress auf eine Beziehung besser bewältigen lässt oder auch wann eine Trennung der bessere Weg ist.

Frau Dvoretska, was sind die häufigsten Gründe, aus denen sich Paare für eine Beratung oder Therapie entscheiden?

Daniela Dvoretska: Die meisten Paare kommen, wenn Konflikte immer wieder eskalieren und sie es nicht mehr schaffen, diese konstruktiv zu lösen. Oft steckt dahinter das Gefühl, vom anderen nicht verstanden, nicht unterstützt oder emotional nicht mehr erreicht zu werden. Körperliche oder emotionale Nähe geht verloren, das Gespräch verstummt oder dreht sich nur noch im Kreis.

Auch Themen wie unzufriedenstellende Sexualität, Eifersucht, Vertrauensverlust oder unterschiedliche Zukunftsvorstellungen sind typische Auslöser. Manche Paare haben sich einfach auseinandergelebt und stehen vor der Frage, ob und wie eine Verbindung wieder möglich ist.

Ihr Motto lautet „Partnerschaft kann man lernen!“: Was macht aus Ihrer Sicht eine glückliche Beziehung aus?

Eine glückliche Beziehung ist das Ergebnis bewusster Entscheidungen und konsequenter Pflege. Es geht nicht darum, perfekt zu sein oder konfliktfrei durchs Leben zu gehen, sondern darum, einander mit Empathie zu begegnen und Verantwortung zu übernehmen. Offene, respektvolle Kommunikation und ein konstruktiver Umgang mit Konflikten sind zentrale Grundlagen. Ebenso wichtig ist die Balance zwischen Nähe und individueller Freiheit. Wer dem anderen persönlichen Raum lässt, stärkt nicht nur das eigene Wohlbefinden, sondern auch die Partnerschaft.

Liebe ist nicht nur ein Gefühl, sondern eine tägliche Entscheidung – füreinander, miteinander und für die gemeinsame Zukunft. Gemeinsame Rituale, positive Erlebnisse und kleine Gesten der Wertschätzung fördern die emotionale Verbundenheit.

Worauf sollten Paare im Alltag besonders achten, um langfristig miteinander zufrieden zu bleiben?

Langfristige Beziehungen brauchen mehr als nur Pflege, sie erfordern Anpassungsfähigkeit. Menschen und Lebensumstände verändern sich. Mit jeder Veränderung durchläuft auch die Beziehung neue Phasen, und beide Partner müssen sich immer wieder neu aufeinander einstellen. Das heißt nicht, sich selbst aufzugeben, sondern den gemeinsamen Raum flexibel mitzugestalten.

Jede Beziehung erlebt Krisen. Entscheidend ist, wie man damit umgeht. Wer lernt, Spannungen auszuhalten, Konflikte nicht zu verdrängen und im Gespräch zu bleiben, hat gute Chancen, gestärkt daraus hervorzugehen.

Um motiviert zu sein, an der Beziehung zu arbeiten, muss genug Positives da sein – Nähe, Wertschätzung, gemeinsame Freude. Dieses emotionale Guthaben entsteht durch bewusste Pflege: kleine Gesten, liebevolle Aufmerksamkeit und schöne gemeinsame Zeit.

Was raten Sie Paaren, die sehr unterschiedliche Vorstellungen von Zukunftsplanungen haben?

Unterschiedliche Zukunftspläne müssen nicht das Ende bedeuten, aber sie fordern ehrliche Auseinandersetzung. Wichtig ist, nicht nur über Positionen zu sprechen, sondern über die dahinterliegenden Bedürfnisse: Sicherheit, Freiheit, Zugehörigkeit.

Zukunft ist kein starres Konzept, sondern ein Aushandlungsprozess. Wer bereit ist zuzuhören und kreativ zu denken, findet oft mehr Spielraum als erwartet.

Manchmal zeigt sich aber auch, dass die Lebenswege nicht zusammenpassen. Dann ist Klarheit hilfreicher als endloser Streit. In vielen Fällen entsteht aber durch diesen Prozess neue Nähe, gerade weil man sich ehrlich begegnet.

Wie lässt sich der Einfluss von Alltag, Stress und anderen äußeren Belastungen auf eine Beziehung besser bewältigen?

Stress trennt – emotional und kommunikativ. Im Alltag verlieren sich viele Paare im Funktionieren, und das Verbindende kommt zu kurz. Um dem entgegenzuwirken, braucht es bewusste gemeinsame Zeit, Momente ohne Ablenkung, in denen echter Kontakt möglich ist, wie etwa kleine Rituale, regelmäßige Gespräche oder Pausen nur für zwei. Gerade in belasteten Phasen passiert Nähe nicht automatisch, und muss aktiv geschaffen werden.

Außerdem hilft es, über Stress frühzeitig zu sprechen. So bleibt man emotional erreichbar füreinander. Denn Beziehungen scheitern selten am Stress selbst, sondern daran, dass man im Stress nicht mehr zueinander findet.

Wann ist aus Ihrer Sicht der Punkt erreicht, an dem eine Trennung sinnvoller sein kann als ein weiteres Festhalten an der Beziehung?

Eine Trennung kann sinnvoll sein, wenn beide trotz wiederholter Versuche dauerhaft unglücklich bleiben. Wenn Gespräche ins Leere laufen, Nähe nicht mehr entsteht oder grundlegende Werte und Lebensziele zu weit auseinandergehen, kann Loslassen gesünder sein als das Festhalten.

Auch wenn eine Beziehung dauerhaft entwertend oder respektlos wird, zum Beispiel durch ständiges Kritisieren, emotionale Kälte oder Grenzüberschreitungen, sollte sie grundsätzlich hinterfragt werden.

Paartherapie kann hier helfen, mehr Klarheit zu gewinnen und den richtigen Weg für sich zu wählen. Eine Trennung ist kein Scheitern, sondern manchmal der mutige Schritt, wieder Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen.